Räucherstoffe und Räucherrituale. Thomas Kinkele

Räucherstoffe und Räucherrituale - Thomas Kinkele


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die wir uns von uns und der Welt um uns herum machen. Diesem Vorsprung haben wir dann die Authentizität der Geruchsresonanz zu verdanken.

      Unsere Reaktion, einen bestimmten Duft zu mögen, ist als Ausdruck des Körpers zu verstehen, der einen Bedarf an dieser Qualität signalisiert. Das instinktive Zentrum reagiert am schnellsten. Der allererste wahrnehmbare Impuls kommt aus dieser Quelle. Wenn wir eine eindeutig positive Resonanz aus dem instinktiven Zentrum erhalten, dann können wir dem Duft Vertrauen schenken. Er wird uns unterstützen und Hilfestellung bei der Regulierung unausgewogener Zustände leisten. Wir sind also offen für die hilfreiche Zuwendung der Pflanzenseele. Unsere Reaktion, einen Duft nicht zu mögen oder abzulehnen, bedeutet dementsprechend das Gegenteil. Wir halten also fest, dass die individuelle Reaktion auf einen Räucherduft Ausdruck einer inneren Disposition sein muss, einer Bereitschaft, die Duftcharakteristik für sich zulassen zu können oder nicht. Was hier den Unterschied macht, ist zutiefst mit dem Wesen der Aromapflanze verbunden, für das wir offen sind oder eben nicht.

      Offen dafür zu sein, den Eindruck also zulassen zu können, zeigt die Bereitschaft, den regulativen Impuls der Pflanze annehmen zu können. Wir öffnen uns der Kraft der Pflanze, heißen sie willkommen und lassen sie in unserem Inneren im besten Sinne wirken.

      Suchen Sie sich die Stoffe aus, die Sie aus ganzem Herzen gerne riechen mögen. Dabei können Sie nie etwas falsch machen. Sind Sie der Dufterfahrung erst einmal auf der Spur, dann wird es Sie bald auch zu den Stoffen hinziehen, die ein gewisses Mysterium für Sie darstellen, weil Ihnen der Zugang irgendwie verwehrt scheint. Sie müssen erst den Schlüssel finden. Das steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Suche nach sich selbst.

      Alles, was dem Ausgleich von Spannungen dient, kann als förderlich für den Lebensprozess eingestuft werden und bringt uns der Liebe näher. Interessanterweise bewirkt ein regelmäßiger Gebrauch der als angenehm empfundenen Räuchersubstanzen genau das, weil der regulative Impuls unser System aus Körper/Geist/Seele harmonisiert und stabilisiert. Diese Wirkung von Räucherungen kann sehr deutlich gespürt werden. Wir werden zunehmend zur Öffnung fähig sein. Die Energie beginnt freier zu fließen und Kraft wird erzeugt.

      Damit steigt in der Regel auch die Akzeptanz für Räucherstoffe, die zunächst als unangenehm empfunden wurden. Man kommt zunehmend mit sich selbst in Einklang.

      Was wir genau erleben, wenn wir uns den Räucherdüften aussetzen, ist also ganz verschieden und hängt einerseits von unserer Befindlichkeit, aber andererseits auch von der Absicht ab, weshalb wir überhaupt räuchern. Was ich herausfinden möchte, welches Problem ich lösen will oder auch welchen Anlass ich feiern möchte, übt einen starken Einfluss auf die Wirksamkeit des Räucherwerks aus. Räuchern schafft immer eine Verbindung zu den feinstofflichen Ebenen und trägt somit das Anliegen in höhere Dimensionen, aus denen Unterstützung und Erfüllung zu kommen scheint. Gebete und gute Wünsche werden durch den Rauch in jenseitige Bereiche transportiert und lösen das aus, was in der wahren Absicht desjenigen, der räuchert, entspricht. Man betritt damit den metaphysischen Raum des Schöpferischen, wo alle Erscheinungen ihren Ursprung haben.

       Räuchermethoden und Utensilien

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      Um das Räuchern als angenehmes und problemloses Medium im täglichen Leben einsetzen zu können, bedarf es sinnvoller und praktischer Gerätschaften und Hilfsmittel. Im Verlaufe der Jahrtausende haben sich verschiedene Methoden und Verfahrensweisen entwickelt und erhalten, wie die aromatischen Pflanzenstoffe zubereitet und verräuchert werden können. Die traditionellen Formen des Räucherns ähneln sich jedoch auf der ganzen Welt. Die Methoden und Gegenstände variieren zumeist nur entsprechend der ästhetischen Empfindung der verschiedenen Kulturen. Wir finden heute also weltweit gewisse Standardformen, wie geräuchert wird.

       Formen des Räucherns

       Räucherstäbchen

      Räucherstäbchen sind weit verbreitet und insbesondere in der heutigen Zeit sehr gefragt. Sie stellen eine sehr praktische Form dar, duftenden Rauch zu erzeugen. Das Stäbchen wird an einem Ende entzündet, die Flamme nach wenigen Sekunden ausgepustet, wenn sie nicht von alleine erlischt, wonach dann das Stäbchen langsam verglimmt und mit einem feinen Rauchfaden den aromatischen Duft freisetzt. Man geht davon aus, dass diese Form des Räucherns von buddhistischen Mönchen in Indien entwickelt wurde. Wir finden zwei typische Formen von Räucherstäbchen:

      1. mit Stützholz: Dabei handelt es sich um einen Bambusspan, der zu zwei Dritteln mit einer feuchten Paste ummantelt wird, deren Grundlage im Idealfall aus hochwertigen aromatischen Hölzern wie Rotem Sandelholz und Zedernholz besteht. Das Holzmehl wird mit Traganthschleim oder flüssigem Gummi arabicum als Bindemittel versetzt. Die aromatischen Stoffe werden dann teilweise im festen Zustand, oft aber auch als ätherisches Öl dazugegeben. Wenn die Paste getrocknet ist, sind die Räucherstäbchen fertig. Es ist arabische, indische und chinesische Praxis in der Räucherwerkproduktion der heutigen Zeit, Parfüm-Kreationen für phantasievolle Duftnoten einzusetzen, deren Rezepturen streng geheim gehalten werden. Dabei wird in der Regel zwischen synthetischen und natürlichen Komponenten keine qualitative Grenze gezogen. Man findet am Markt sehr viele solcher Räucherstäbchen von stark synthetisch parfümierter Qualität, insbesondere aus Indien (Agarbatti) und China (Joss-sticks). Letztlich kann man nur seiner Nase vertrauen, wenn es um Qualität geht, weil es sehr schwierig ist, authentische Inhaltsangaben ohne chemophysikalische Analyse zu erhalten.

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      Dünne Stäbchen mit feinerer Ummantelung gelten in Indien als hochwertigere Qualität. Um sie gut abbrennen zu können, werden unterschiedlichste Halter angeboten.

      Bei buddhistischen Festlichkeiten und Zeremonien hauptsächlich in fernöstlichen Ländern (Hongkong, Thailand, Malaysia) werden auch sehr große Räucherstäbe von bis zu 2 m Länge im Freien abgebrannt.

      2. ohne Stützholz: Hier wird die vorbereitete aromatische Paste – in einem Verfahren ähnlich der Herstellung von Nudeln – als Schlange ausgepresst, die nach der Trocknung als Stäbchen eigene Stabilität erlangt. Diese Stäbchen haben den Vorteil, dass bei der Verbrennung keine störenden Nuancen von verbranntem Bambusholz enthalten sind.

      Eine besonders reine und naturbelassene Qualität solcher Räucherstäbchen findet man in der tibetischen Tradition. Die originalen „Healing Incense“ Räucherstäbchen werden nach ursprünglicher Rezeptur als traditionelle Tibetische Medizin namens Agar 31 aus 31 pflanzlichen Stoffen heute in Nepal hergestellt. Sie sind im buddhistischen medizinischen Tantra durch die Jahrhunderte überliefert. Diese Räucherstäbchen sind etwas grober in ihrer Machart (Ø bis 5 mm), gelten aber als hochgradig heilsam und frei von allen Nebenwirkungen. Ihr Duft ist kraftvoll holzig-würzig, ohne viel Rauch zu entwickeln. Hier sollte man wirklich versuchen, die Originalqualität zu bekommen, da natürlich unter dieser Bezeichnung auch viel minderwertige Qualität angeboten wird. Es ist jedoch auf den Packungen deklariert, wenn die Qualität unter der Aufsicht eines tibetischen Mediziners produziert wurde.

      Die Wirksamkeit, die Agar 31 nachgesagt wird, erstreckt sich auf Höhenangst, Kopfschmerz, Übelkeit durch Sauerstoffmangel, was natürlich in Höhenlagen ab 2.000 m, aus der diese Tradition stammt, keine Seltenheit ist. Es soll aber ebenso bei geistiger Überlastung, Stress, Schlaflosigkeit, Rücken- und Brustschmerzen, trockenen Lippen, Muskelsteife und Schmerzen mit psychosomatischer Ursache sehr hilfreich sein.

      Die entspannende und meditationsfördernde Wirkung dieser Räucherstäbchen wird von Kennern sehr geschätzt. Man kann sie nicht nur räuchern, sondern es wird auch empfohlen, sie bei neuralgischen Beschwerden


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