Räucherstoffe und Räucherrituale. Thomas Kinkele

Räucherstoffe und Räucherrituale - Thomas Kinkele


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unter der Bezeichnung „Zimpo“ (Zhempus) oder „Potala“ werden handgemachte tibetische Räucherstäbchen angeboten, die aus 25 aromatischen Pflanzenstoffen aus der Himalayaregion hergestellt werden. Rotes und Weißes Sandelholz, Rhododendron, Safran, Beifuß, Galgant, Nardenwurzel, Zedernholz und Kostuswurzel gehören unter anderem zu den traditionell verarbeiteten Pflanzenteilen. Diese Stäbchen werden mit der Absicht geräuchert, einen offenen geistigen Zustand hervorzurufen, die Luft zu reinigen, negative Einflüsse abzuwehren und eine liebevolle und lebensförderliche Atmosphäre zu schaffen.

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      Tibetische Räucherstäbchen in Klangschale

      Japanische Räucherstäbchen in flacher Schachtel

      Zum Abbrennen dieser Stäbchen eignet sich besonders gut eine Schale, die mit Sand gefüllt wird. Wenn sich genügend Duft entfaltet hat, dann können die Stäbchen einfach umgekehrt in den Sand gesteckt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder angezündet werden.

      Die alte japanische Räuchertradition hat eine meisterhafte Qualität an Räucherstäbchen ohne Stützholz anzubieten, die sich auch in der westlichen Welt zunehmender Beliebtheit erfreut. Dabei handelt es sich um sehr feine Stäbchen, die auf eine subtile und raffinierte Form der Räucherkultur hinweisen. Zeitgleich mit der Einführung des Buddhismus hat Japan im 6. Jahrhundert den Gebrauch von edlem Räucherwerk aus China übernommen und bald schon fanden die aromatischen Düfte ihren Weg aus den religiösen Zusammenhängen auch in die Welt der sensiblen Genüsse und Künste. Den Geist zu schulen, um die Schönheit der Dinge wahrnehmen zu können, galt schon immer als ethische Grundlage der hohen japanischen Lebenskultur, wie sie in Adelskreisen gepflegt wurde. Dem Duft zu lauschen ist eine aktive Form, zu Inspiration und Feinsinn zu gelangen. Koh-do, der Weg des Räucherns, entstand vor diesem Hintergrund und brachte dementsprechend auch besonders ästhetische Variationen an Räucherstäbchen hervor.

      Bei diesen exquisiten Räucherstäbchen werden in der Regel kleine Halter zum Abbrennen mitgeliefert. Auch das Preisniveau dieser Produkte liegt ganz am oberen Ende des Marktes, wenn besonders edle Hölzer wie Adlerholz (Jinkoh) und Weißes Sandelholz als Grundstoff fein zermahlen eingesetzt werden. Mit weiteren ausgesuchten und gemahlenen Aromastoffen wie Nelken, Anis, Zimt, Abelmoschuskörnern und Weihrauch vermischt und unter Zugabe von heißem Wasser sowie der klebrigen Rinde des Tabuko-Baumes wird der Teig hergestellt, aus dem dann die Stäbchen gepresst werden.

      Exklusive Hersteller verzichten bei der Produktion auf die Verwendung synthetischer Duftstoffe oder Bindemittel, die aber bei günstigeren Angeboten nicht auszuschließen sind. Auch bei den Japanern ist die genaue Zusammensetzung der Räucherwerk-Kreationen immer ein wohl gehütetes Geheimnis.

       Räucherspiralen

      Ein weiteres Produkt, das nach dem gleichen Verfahren wie die stützholzfreien Stäbchen hergestellt wird, ist die Räucherspirale. Sie hat den Vorteil einer sehr langen Brenndauer und wird gerne dort eingesetzt, wo über einen langen Zeitraum hinweg geräuchert oder besonders große Räume wie Tempelhallen von Duft erfüllt werden sollen. In Indien werden sehr große Spiralen mit bis zu 40 cm Durchmesser und einer Brenndauer bis zu 24 Stunden speziell dafür hergestellt, um Insekten zu vertreiben. Meistens wird das Süßgras Citronella (Cymbopogon nardus) als Aromastoff darin verarbeitet. Diese großen Spiralen haben bereits feine Schnüre zum Aufhängen, die so genial angebracht sind, dass immer nur die Asche abfällt und die Halterung bis zum Schluss trägt. Für die kleinen Spiralen gibt es spezielle Ständer zum Abbrennen.

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      Räucherspirale und Halter

       Räucherkegel und andere Formen

      Eine der weltweit meistverbreiteten Formen ist der Kegel zum Räuchern. Er wird einfach an der Spitze entzündet und verglimmt dann von selbst über einen Zeitraum von etwa 20 Minuten. Neben Indien, Indonesien, China und Japan werden auch in unseren Breitengraden Räucherkegel hergestellt. Aus dem Riesengebirge in Sachsen kennt man die so genannten „Räuchermännchen“ und andere Objekte aus Keramik, in die solche Kegel hineingesetzt werden, um dann ihren Duft insbesondere zur Weihnachtszeit zu verbreiten. Das ist eine alte Tradition in dieser Region, die im Zuge des wachsenden Interesses an Duftthemen nun auch verstärkte Nachfrage in anderen europäischen Ländern findet.

      Die Kegel sind ganz einfach abzubrennen. Da sie keine sehr starke Hitze entwickeln, können wir sie durchaus auch auf einem kleinen Keramikteller verräuchern. So ist dies auch eine praktische Möglichkeit des Räucherns, wenn man auf Reisen ist und das Übernachtungszimmer mit einem vertrauten Duft füllen möchte.

      Noch kultivierter wird es dann, wenn mit entsprechenden Werkzeugen exquisite Formen aus der ausgewalzten Masse gestanzt werden. Es wird nicht überraschen, dass insbesondere in der japanischen Kultur die feinen ästhetischen Details wieder besonders geschätzt werden.

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      Ein Räucherkegel wird entzündet.

       Indianische Smudges

      In der nordamerikanisch-indianischen Tradition werden die so genannten Kräuter der Kraft als „Smudges“ verräuchert. Dazu werden bestimmte Zweige, Buschpflanzen und Kräuter „auf gute Art“ geschnitten, angetrocknet und zu etwa 20-30 cm langen Bündeln verschnürt, die dann luftig und dunkel über längere Zeit zum Durchtrocknen aufgehängt werden. Kräuter auf gute Art zu schneiden bedeutet, mit Achtsamkeit und Respekt für die Pflanze und das Leben vorzugehen, sie nicht unnötig zu strapazieren und sich für das Geschenk ihrer Lebenskraft zu bedanken.

      Die getrockneten und fest verschnürten Smudges werden an der Spitze angezündet, bis sie richtig brennen, und dann durch die Luft gewedelt, sodass sie kräftig glimmen und dabei ihren kräftig-krautigen Duft entfalten. Tipis, Ritualplätze, Gebrauchsgegenstände und natürlich der Körper werden mit aromatischem Rauch eingehüllt und von allen negativen Einflüssen gereinigt.

      Zedernspitzen (Western Cedar tips),

      Wacholderzweigspitzen (Juniperus tips)

      Präriebeifuß (Desert Sage)

      Weißer Salbei (White Sage)

      Das sind die klassischen Kräuter der Kraft, die auf die oben beschriebene Weise verräuchert werden.

      Das Süßgras (Sweetgrass) wird zu einem Zopf geflochten, dessen Ende dann angezündet wird.

      Eine Besonderheit der indianischen Räucheraccessoires ist eine perlmuttglänzende Süßwassermuschel von 12 bis 18 cm Länge, die als Abalonemuschel bezeichnet wird. Sie eignet sich sehr gut dafür, um die Kräuter zu verglimmen oder die glimmenden Bündel abzulegen. Da sie unter dem Rand wie eine Perlenkette von natürlichen Löchern durchzogen ist, bietet sie gute Luftzufuhr für die Glut.

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      Räuchermasse in Blattform


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