Räucherstoffe und Räucherrituale. Thomas Kinkele

Räucherstoffe und Räucherrituale - Thomas Kinkele


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      Smudges und Süßgraszopf

       Reine aromatische Pflanzenstoffe räuchern

      Das 4. Kapitel dieses Buches stellt eine Vielzahl von Aromapflanzen vor, die zum Zwecke des Räucherns Verwendung finden. „Wie oben so unten“ lautet die hermetische Formel zur Erklärung unserer Welt der Erscheinungen. Ebenso wie Rauchzeichen bei den Indianern Botschaften über größere Distanzen hinweg befördert haben, kann aromatischer Rauch auch Zeichen und Bilder zwischen den Innenwelten übermitteln. Die schamanische Tradition der Indianer wusste auch um diese Wahrheit und die rituelle Pfeife wurde in diesem Sinne eingesetzt, um einen guten Kontakt herzustellen und die Übermittlung von Information zu besiegeln. Sie hatten dafür ihre ganz speziellen „Kinnak“-Mischungen von Kräutern, die diesen Prozess unterstützen.

      Es hat einen besonderen Reiz, naturreine Einzelstoffe zu verräuchern, denn wir können dadurch zu einer individuellen Pflanzenpersönlichkeit in Kontakt treten und schauen, wie unsere spezifische Reaktion auf deren Duftcharakteristik aussieht. Jede Aromapflanze bringt ihre Persönlichkeit als wesenhafte Botschaft in ihren ätherischen Ölen zum Ausdruck. Der Duft beim Verräuchern der Pflanzensubstanz wird hauptsächlich durch die ätherischen Öle erzeugt. Sie sind das Kommunikationsmittel der Pflanzenwelt. Die Duftstoffe lösen bei uns eine emotionale Reaktion aus. Was wir gerne mögen, steht in einer besonderen Beziehung zu uns und hat eine unterstützende Wirkung. Damit haben wir das wichtigste Werkzeug zur Hand, um herauszufinden, welchen Räucherstoff wir verwenden sollten: unseren Geruchssinn. Wenn wir also mit unserem individuellen Eindruck experimentieren, dann entwickeln wir unsere ganz persönliche Erfahrung. Ausgehend von dieser Erfahrung ergibt sich dann wiederum die Möglichkeit, mit der Dynamik sich ergänzender Kombinationen zu spielen. Auf diese Art und Weise schaffen wir uns die wirkliche Kenntnis, die das Räuchern so wertvoll macht: die Kenntnis unserer selbst. Wir brauchen dafür nur in geringem Umfang von außen geschult zu werden. Der wichtigste Schritt besteht darin, zu der eigenen Erfahrung zu stehen und nachzufühlen, was in uns ausgelöst wird. Geschult werden müssen wir im Umgang mit den Räucherstoffen und in der Wahl der Methode.

      Um die Stoffe auf praktische Weise verräuchern zu können, gibt es zwei Grundformen, die nachfolgend mit ihren Vor- und Nachteilen beschrieben werden.

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      Räucherzange mit Räucherkohle

       Räuchern auf glühender Holzkohle

      Kleine glühende Holzkohlenstücke in einem Feuertiegel sind das klassische Medium, um die Räucherstoffe verglimmen zu lassen, wofür diese auf die Glut gestreut werden.

      Da es nicht ganz einfach ist, Holzkohlestücke zu entzünden und nur relativ wenige Menschen einen offenen Kamin besitzen, wurden die so genannten Schnellzünder-Kohletabletten entwickelt. Die Standardgrößen liegen bei einem Durchmesser von 3 bzw. 4 cm und weisen eine dellenförmige Vertiefung in der Mitte auf. In diese Vertiefung werden die Räucherstoffe gelegt, sobald die Kohle durchgeglüht ist.

      Man nimmt die Tablette am besten mit einer Metallzange auf und hält sie über eine Kerzenflamme. Der Schnellzündereffekt wird dadurch erreicht, dass der gepresste Kohlenstaub mit Kaliumnitrat versetzt wurde. Die Räucherkohle entzündet sich dadurch schnell und glüht von alleine durch, sofern die Luftzufuhr sichergestellt ist. Der Prozess kann durch Pusten beschleunigt werden. Nach etwa 3 – 5 Minuten ist sie vorbereitet und erscheint weißlich auf der Oberfläche bei Licht bzw. rotglühend in der Dunkelheit.

      Diese Kohle hat jedoch den Nachteil, dass sich beim Entzünden ein gewisser Eigengeruch (ähnlich wie bei Wunderkerzen) entwickelt, der von manchen Menschen als störend empfunden wird. In ein Räuchergefäß gesetzt, können nunmehr im Verlauf von ca. 40 Minuten Stoffe auf der glühenden Tablette verräuchert werden, bevor sie ihre Kraft verliert und erlischt. Die Tabletten sind in der Regel zu zehn Stück in einer luftdicht und feuchtigkeitsfest verschweißten Rolle verpackt. Da die Kohle hygroskopisch ist (d. h. Luftfeuchtigkeit zieht), muss sichergestellt werden, dass die einmal geöffnete Rolle immer wieder sorgfältig und trocken verpackt wird, damit sie auch weiterhin gut zündet.

      Räuchergefäße

      Es gibt gewisse Voraussetzungen, die ein funktional zum Räuchern geeignetes Gefäß mitbringen muss. Zunächst einmal sollte sichergestellt sein, dass die nicht unerhebliche Hitzeentwicklung der glühenden Kohle nach unten hin abgeschirmt wird und nicht die Oberfläche des Tisches in Mitleidenschaft zieht. Gleichzeitig ist eine gute Sauerstoffzufuhr für das gleichmäßige und komplette Verglühen unerlässlich.

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      Räuchergefäß aus Ton mit Sand

      Antike Räuchertöpfe weisen deshalb oft einen perforierten Rand auf, der die Umgebung schützt und dennoch den Luftfluss zulässt.

      Ein Gefäß wie das oben abgebildete wird zu zwei Drittel mit Sand gefüllt. Es empfiehlt sich, die Oberfläche des Sandes zu furchen (z. B. mit einer Kuchengabel) und die Kohle dann so aufzulegen, dass die Luftzufuhr für die Glut auch von unten gegeben ist. Das gewährleistet ein komplettes Durchglühen der Kohle.

      Ein moderneres Objekt ist das Gefäß mit der Lochblecheinlage. Hier ist die Durchlüftung der glühenden Kohle optimal gelöst und die Hitze durch ein Luftpolster nach unten abgeschirmt. Der ausgestellte Rand lässt auch noch zu, das Gefäß zwischen Daumen und Zeigefinger zu transportieren, ohne sich dabei zu verbrennen.

      Gerade bei Gartenfesten ist es eine wunderbare Überraschung, wenn ein größerer Feuertiegel mit glühenden Holzkohlestücken vom Grill bestückt wird und aromatische Hölzer, Kräuter und Harze verräuchert mit ihrem wunderbaren Duft die ganze Atmosphäre verzaubern. Ganz davon abgesehen ist das auch eine Möglichkeit, unliebsamen Quälgeistern aus dem Insektenreich das Terrain streitig zu machen.

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      Moderne Räucherschalen mit Lochblecheinlage

       Räuchern auf dem Edelstahlsieb

      Das wachsende Bedürfnis nach einer etwas saubereren Art des Räucherns ließ in jüngster Zeit ein Verfahren stärker in den Vordergrund treten, das nach dem aromatherapeutischen Prinzip der wohl bekannten Duftlampe funktioniert.

      Hierbei wird das aromatische Pflanzenmaterial auf einem sehr fein gerasterten Edelstahlsieb etwa 3 cm über der Flammenspitze eines konventionellen Teelichts verräuchert. Dies ist ein Prozess, bei dem die Hitze durch Abstand variiert werden kann und auch die Rauchentwicklung geringer ist, obgleich der Dufteindruck sehr intensiv und authentisch ausstrahlt. Auf diesem feinmaschigen Sieb können durchaus auch Harze verräuchert werden – vorausgesetzt, das Prinzip „weniger ist mehr“ findet ausreichend Beachtung.

      Olibanum, Myrrhe, Guggul, Benzoe, Mastix, Sandarak lassen sich auf diese Weise recht unproblematisch verräuchern. Harze und Resinoide, die sehr dünnflüssig werden (Fichte, Elemi), sollten möglichst zusammen mit Hölzern oder Kräutern aufgelegt werden, die dann das Harz teilweise aufsaugen und so eine homogene Duftverbindung eingehen. Wenn tatsächlich extrem dünnflüssige Räucherstoffe zur Anwendung auf dem Sieb kommen sollen, gibt es noch die letzte Möglichkeit, ein Stück Alufolie unterzulegen.

      Die Methode des Räucherns mit dem Sieb eignet sich hervorragend für Duftexperimente aller Art. Der ENNEAROM „Räucherzyklus“ beispielsweise, bei dem neun Stoffe nacheinander aufgelegt werden, ist nur unter Verwendung des Räuchersiebes möglich. Der neu aufgelegte Stoff ist dabei immer für ca. 3 Minuten ganz präsent im


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