Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 5 – Familienroman. Michaela Dornberg
und selbst wenn er es nicht wäre: Ich habe es nicht mit dem Adel, das weißt du, und auch wenn dieser Graf Mathias heißt, ist das für mich ganz ohne Bedeutung. Ich gehe mit dir mit, weil du mich darum gebeten hast, basta. Ansonsten freue ich mich, dich endlich mal wieder zu sehen, ich freue mich auf einen gemütlichen Mädchentalk, ganz so wie früher. Hoffentlich hast du genügend Chips eingekauft, sonst fahre ich nämlich noch rasch in den Supermarkt und hole welche. Die gehören dazu wie das Amen in der Kirche.«
Roberta lachte. Auch sie war froh, dass Nicki da war, und auch sie freute sich auf Abende wie in alten Zeiten. Nicki würde nicht nur über das Wochenende bleiben, sondern sie wollte noch ein paar Tage dranhängen.
Alma mochte Nicki sehr gern, und sie überlegte, was sie alles kochen sollte. Nicki hatte eine sehr gewinnende Art, und sie hatte Alma im Sturm erobert. Wäre Nicki nicht ihre allerbeste Freundin, könnte Roberta eifersüchtig werden.
»Nicki, entspann dich. Es ist bestens für dich gesorgt. Alma hat alles eingekauft, womit sie dich erfreuen kann, und sie wird für dich kochen wie eine Weltmeisterin.«
»Super«, freute Nicki sich, »du weißt überhaupt nicht, was für ein Juwel du da hast. Hätte ich genügend Geld, sie mir leisten zu können, würde ich Alma schamlos abwerben.«
»Würdest du nicht«, widersprach Roberta sofort. »Aber es ist schön, dass ihr euch so gut versteht. Auch dass du Lars akzeptierst.«
»Von dem ich nicht viel mitbekommen habe«, bemerkte Nicki. »Aber er ist schon in Ordnung, und er passt zu dir. Äußerlich, von seiner ganzen Art. Durch ihn bist du viel lockerer geworden, und ich finde es schon super, dass er dir über die Geschichte mit Max so gut hinweggeholfen hat. Das war wirklich ein Ding. Max Steinfeld ist für jede Überraschung gut.«
Roberta war so gut drauf, an ihren Ex wollte sie jetzt wirklich nicht erinnert werden.
»Nicki, ich will nicht über ihn reden. Meinetwegen soll er in der Hölle schmoren. Was er sich da erlaubt hat, das war das Allerletzte.«
»Er neidet dir dein Leben, in das er sich am liebsten wieder einnisten würde wie die Made in den Speck. Aber du hast recht, über diesen Loser müssen wir nicht sprechen. Wie sieht es denn bei dir aus? Musst du Patienten besuchen?«
Das musste Roberta, doch zum Glück würde sie damit rasch fertig sein, und eigentlich war es gut, dass Lars nicht da war. So hatte sie Zeit für Nicki, und die würde sie sich nehmen und das Beisammensein mit ihr genießen.
»Und was machst du, während ich weg bin?«, wollte sie wissen. »Du kannst dich ein wenig hinlegen, ausruhen.«
Nicki wehrte sofort ab.
»Das klingt zwar verlockend, doch angesichts dessen, was uns bevorsteht, werde ich mich aufschwingen und um den See traben, wenigstens zu einem Viertel oder zur Hälfte. Ich habe ganz schön Hüftgold angesetzt, und du weißt doch, Ruhe und Rast ist die halbe Mast. Du bist zu beneiden, dass du kein Gramm ansetzt, dabei wäre das jetzt nicht mehr schlimm, du hast deinen Prinzen gefunden. Ich muss mich noch am Riemen reißen und auf mich achten, mich immer aufhübschen. Apropos aufhübschen, muss man sich entsprechend kleiden, wenn man zur Audienz auf das gräfliche Anwesen geht?«
»Muss man nicht, Nicki, und du übertreib jetzt nicht so grenzenlos. Du ziehst dich für dich hübsch an, nicht für die Männer an deiner Seite.«
Robertas Telefon klingelte.
Ein Patient hatte sich am Arm verletzt, der brauchte dringend Hilfe.
»Ich komme, bleiben Sie ganz ruhig, und halten Sie den Arm still«, sagte Roberta, dann hatte sie es eilig, Es kam immer anders, als man dachte.
»Nicki, wir sehen uns später«, sagte sie, umarmte ihre Freundin. »Ich beeile mich. Ich bin so froh, dass du da bist, Nicki. Du bist wirklich die beste Freundin der Welt.«
Nach diesen Worten ging sie, Nicki blieb ganz gerührt zurück, und sie hatte Tränen in den Augen. Irgendwann musste sie Roberta sagen, dass sie in dieser Freundschaft auf jeden Fall die Gewinnerin war. Sie war es, die ständig Probleme hatte, die ihrer Freundin damit in den Ohren lag. Und Roberta hatte eine unglaubliche Geduld mit ihr. Sie hörte ihr zu, gab ihr Ratschläge, baute sie auf. Dabei war es manchmal schon ganz krass, was sie Roberta zumutete. Sie war halt ein emotionaler Mensch, und bei ihr gingen die Gefühle deswegen auf und ab.
Sie freute sich für ihre Freundin, dass sie endlich den passenden Mann gefunden hatte, dem sie auf Augenhöhe begegnen konnte. Aber ein wenig traurig machte es Nicki schon, dass es nicht das perfekte Glück gab. Vielleicht gab es das auch überhaupt nicht, was man sich so erträumte. Einen Haken gab es immer. Und Roberta musste auf Kinder verzichten und auf den goldenen Ring am Finger, den sich jede Frau wünschte.
Sie selbst hatte ja bislang auch immer danebengegriffen.
Manchmal glaubte sie schon, dass Leben habe für sie vorbestimmt, dass sie als Single ihr Dasein führen sollte. Sie hatte, weiß Gott, genügend Menschen kennengelernt. Männer, von denen sie geglaubt hatte, endlich den Mr Right gefunden zu haben, und wie viele Frösche hatte sie schon geküsst. Es waren immer nur Frösche geblieben, niemals waren sie ein Prinz geworden. Und der Prinz auf einem weißen Pferd hatte sich nie auch nur in ihre Nähe verirrt.
Mathias …
Ja, der hätte es werden können. Es war so unglaublich mit ihnen gewesen, so einfach, so schön. Und das hatte nichts mit der Currywurst zu tun gehabt, die sie ihm spendiert hatte. Sie war heute noch gerührt, wenn sie daran dachte, wie er ihr gesagt hatte, er habe seit Ewigkeiten keine Currywurst mehr gegessen. Nicht einmal dafür hatte sein Geld gereicht. Das war schon unglaublich, dass Menschen am Existenzminimum entlangschlitterten, denen man es nicht ansah.
Dass er kein Geld hatte, das hatte ihr überhaupt nichts ausgemacht. Geld allein machte nicht glücklich. Er war so anders gewesen, so besonders.
Sie schloss verträumt die Augen.
Mathias …
Sie war sich so sicher gewesen, dass auch er vom Blitzschlag der Liebe getroffen worden war. Warum versuchte er nicht, sie zu finden?
Er musste ganz in der Nähe sein. All die Kartenleger, Wahrsager und Pendler konnten sich nicht täuschen. Und auch aus dem Kaffeesatz war es klar zu lesen, dass er in der Nähe war.
Aber wo?
Sie durfte Roberta niemals erzählen, dass sie nicht aufgehört hatte, all die Wahrsager und Co. aufzusuchen. Roberta war sehr tolerant, hatte für vieles Verständnis. Doch in diesem Punkt hörte die Freundschaft auf, da wurde sie wütend.
Nicki war startklar für ihren Lauf, obwohl sie keine Lust hatte. Sie war halt eher eine Couchpotatoe, das gab sie ja zu. Doch sie hatte wirklich an Hüftgold zugelegt, und sollte sie, was sie inständig hoffte, mit Mathias zusammentreffen, dann sollte er nicht auf Speckröllchen blicken müssen.
Sie blickte auf ihre Uhr.
Okay, eine halbe Stunde würde sie sich geben, vielleicht auch ein bisschen mehr. Das Wetter war ideal, es war mild, windstill, und zwischendurch kam sogar die Sonne hinter den Wolken hervor.
»Ich bin dann mal weg, Alma«, rief sie munter und riss die Küchentür auf. Doch von Alma war nichts mehr zu sehen, und da erinnerte sie sich, dass Roberta gesagt hatte, dass Alma zu einer Geburtstagsfeier eingeladen war.
Schade, sie hätte gern noch ein paar Worte mit Alma gewechselt, und die hätte ihr gewiss auch ein paar Komplimente wegen ihres Outfits gemacht. Und wenn die dann auch noch ehrlich gemeint waren, gingen sie herunter wie Öl.
Im Grunde genommen jammerte Nicki auf hohem Niveau. Sie hatte eine zierliche Figur, und die Speckrollen, die sah nur sie selbst.
In ihrem bordeauxfarbenen Jogginganzug sah sie sehr professionell aus, dazu trug sie die passenden Schuhe, und ihre schwarzen langen Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten.
Sie sah sehr stylisch aus, das bestätigten die bewundernden Blicke, die man ihr zuwarf. Und das besserte ihre Laune augenblicklich.
*
Wenn