LebensAder. Bernd Steckmeier
reguliert das Eiweiß CETP (CholesterinEster-TransferProtein) die Umwandlung von größeren HDL-Partikeln in kleinere LDL-Teilchen. Viel CETP würde also HDL abbauen und den Wert für LDL steigern. Das wäre nicht gut.
Menschen werden alt, weil dieser Eiweißstoff CETP nur an einer Stelle verändert ist. CETP bei einem Teil der Hundertjährigen ist nicht mehr CETP in der ursprünglichen Fassung. In der Gensequenz ihrer CETP-Biomoleküle ist nur eine Position umbesetzt. An Position 405 ist das Biomolekül Isoleucin durch Valin ausgetauscht. Die Aktivität des veränderten Genprodukts CETP ist wesentlich geringer als jene des unveränderten Originaleiweißes CETP. Dadurch wird alles anders. Die CETP-Wirkung zum Abbau von HDL-C und Aufbau von LDL-C verblasst. Träger des mutierten CETP-Typs behalten auch im hohen Alter ihre Frische und schneiden in Intelligenztests deutlich besser ab als jene mit der unveränderten Variante.
Wenig Original – CETP im Blut bedeutet weniger LDL-C und damit weniger Arteriosklerose. Hundertjährige, die mit Genen zur Abschwächung der ursprünglichen CETP-Wirkung ausgestattet sind, bilden viel gutes HDL-Cholesterin, besitzen ein gesundes Herz, gesunde Gefäße und leiden weniger an Demenz.29
Leider ist es bisher nur in aufwendigen Analysen möglich, alle Genvarianten zu bestimmen, die den Alterungsprozess hinauszögern. Wir können nur hoffen, möglichst viele davon in uns zu tragen. Gesundes Altern ist aber für die meisten unter uns dennoch möglich. Wer vor seinem genetisch determinierten Ende stirbt, ist häufig selbst schuld. Fehlende körperliche Aktivität, Rauchen und falsche Ernährung sind die bekanntesten Abkürzungen auf dem Weg zum Tod.
Nur jeder vierte Hundertjährige (25 %) ist Träger dieser speziellen Gen-Variante, des Methusalem-Gens, welches die Entstehung von CTEP hemmt und den Menschen alt werden lässt. Bei den 65-jährigen ist es nur jeder zwölfte. Also müssen noch weitere Faktoren eine Rolle spielen, um älter, alt, sehr alt und uralt zu werden.
Demnach ist der gesunde Lebensstil mit Vermeidung der Risikofaktoren für Arteriosklerose mindestens so entscheidend, um ein hohes Alter zu erreichen.
Übrigens, auch eine Kalorienrestriktion führt zu einer Erhöhung dieser günstigen Genvariante (verändertes CETP). Alt werden durch Enthaltung ! Alles hängt mit allem zusammen. Mit moderater Beschränkung der Kalorienzufuhr wird man älter. Ach, würde doch unser Gehirn nicht immer nach Nahrung suchen. Immerhin verbraucht es 40 % der Gesamtenergie an Kalorien. Das macht Askese nicht einfacher.
Große Arzneimittelfirmen haben einige CETP-Hemmstoffe in der Pipeline, welche den Spiegel von HDL-C im Blut erhöhen und jenen von LDL-C vermindern. Man darf auf weitere Ergebnisse gespannt sein. Vielleicht sind wir eines Tages in der Lage, die Beschwernisse des Alters zu heilen oder zumindest hinauszuzögern. Noch müssen wir die klinischen Studien abwarten.
Bei erhöhten LDL-C Werten bleibt uns immer noch die Gabe von Statinen. Leider erleiden etwa 10 % der Patienten unter dieser Therapie Nebenwirkungen. In den meisten Fällen sind dies muskuläre Beschwerden. Aber auch ihnen kann mit modernen Medikamenten geholfen werden. Zur Verfügung steht ein spezieller Antikörper (PCSK-9 Hemmer), der den LDL-Spiegel zuverlässig senkt. Ihr Arzt wird Sie beraten.
Der älteste Mensch, der jemals gelebt hat und dessen Lebensdaten belegt sind (obwohl in jüngster Zeit Zweifel angemeldet werden), ist die Französin Jeanne Calment. Die „Herrin der Zeit“, wie man sie auch nannte, wurde im 19. Jahrhundert geboren und lernte noch den berühmten Maler Vincent van Gogh (1853–1890; Niederlande) kennen – den Künstler mit dem abgeschnittenen Ohrläppchen.
Jeanne Louise Calment kam am 21. Februar 1875 in Arles (Südfrankreich) auf die Welt und ist dort am 4. August 1997 friedlich im Altersheim eingeschlafen. Sie wurde 122 Jahre und 164 Tage alt.
Die Berichte, dass der Indonesier Mbah Gotha mit 145 Jahren der älteste Mensch der Geschichte sei, werden von der international tätigen gerontologischen Forschungsgruppe nicht bestätigt, ebenso wenig, wie das Alter des Nigerianers James Olofintuyi mit 163 oder des Äthiopiers Dhaqabo Ebba mit gar 171 Jahren.
Madame Calment, die Seniorin des Altersrekordes, hat nicht weniger als 17 (siebzehn !) französische Staatspräsidenten erlebt. Während ihrer Kindheit gab es noch keine Autos, weder Telefon noch Flugzeuge. Der Eiffelturm stand noch nicht und auch nicht die Kathedrale Sacré-Coeur in Paris.
Ihr Geburtsjahr und Sterbedatum ist durch das Standesregister in Arles zweifelsfrei belegt. „Der liebe Gott muss mich einfach vergessen haben“, war die Antwort auf die Frage nach ihrem biblischen Alter.
SACRÉ-COEUR DE MONTMARTRE; Basilika, dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht, Grundstein: 1875; eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten von Paris.
Ein 47-jähriger Notar kaufte ihr Appartement auf Leibrente, in der Hoffnung, sie möge bald das Zeitliche segnen. Madame Calment hatte zu diesem Zeitpunkt immerhin bereits ihr neunzigstes Lebensjahr erreicht. Doch er konnte nie darin wohnen, da er mit 77 Jahren an Krebs starb. Seine Witwe musste die Rentenzahlungen fortsetzen, die sich bis zum Tod der alten Dame auf ein schönes Sümmchen von insgesamt umgerechnet 250.000 DM anhäufte. Pech gehabt.
Um dies mal deutlich zu sagen: Madame wäre nie 122 Jahre alt geworden, wenn sie einer körperlich schädigenden Tätigkeit nachgegangen wäre oder nicht diszipliniert sondern ungesund gelebt hätte. Sie soll auch einmal gesagt haben: „Die einzige Falte, die ich jemals hatte, ist jene, auf der ich sitze.“ Und das sicher ohne Botox. Madame Calment trieb viel Sport. Wanderungen, Tennisspielen, Schlittschuh- und Rollschuhfahren waren ihre Leidenschaften. Fechten fing sie im Alter von 85 Jahren an und fuhr mit 100 Jahren noch Fahrrad. Auch der Opernkunst und dem Klavierspielen war sie zugeneigt. Ihr stolzes Alter führte sie selbst zurück auf Olivenöl, Knoblauch, Gemüse und Portwein in Maßen.
PORTWEIN, Vinho do Porto, roter und seltener auch weißer Süßwein aus der Region Alto Douro, Portugal.
Und ja, ich wage es kaum zu sagen: Erst mit 116 Jahren stellte sie das (moderate) Rauchen ein, als ihre Sehkraft nachließ und sie sich keine Zigarette mehr anzünden konnte. Aber deshalb sollten die Raucher unter uns nicht frohlocken. Warum die alte Dame gefeit war vor den schädlichen Wirkungen des blauen Dunstes, klären wir später.
Wenn Sie jetzt an Ihre Großväter, an Helmut Schmidt (1918–2015) oder andere Patriarchen denken, die viel geraucht haben und trotzdem über 90 Jahre alt wurden, dann vergessen Sie das. Dies mag schon der Wahrheit entsprechen, ist aber alles andere als ein Freibrief für die tödliche Gefahr des blauen Dunstes. Bitte lassen Sie es sich gesagt sein: Fast alle, die herz-, gefäß- oder lungenkrank sind, haben geraucht. Nicht alle, die rauchen, werden krank, aber die allermeisten.
Jugend schützt nicht vor Herz- und Gefäßschäden
Wenn Sie glauben, dass die Gefäßverkalkung eine Erkrankung der alten Leute ist und Sie das nichts anginge, weil Sie noch so jung sind, so täuschen Sie sich ! Schon in frühen Jahren lassen sich erste Verschleißerscheinungen des Kreislaufsystems und der Arterien erkennen.
Bei einem Großteil (77,3 %) der im Koreakrieg verstorbenen US-Piloten wurden bei Autopsien bereits im Alter von 20 Jahren ausgeprägte, streifige Fettablagerungen in den Gefäßen festgestellt („fatty streaks“, „fettige Streifen“). Die Verkalkung der Herzkranzgefäße – Koronarsklerose – setzt schon früh ein und kann über viele Jahre beschwerdefrei verlaufen. Männer bemerken sie meist jenseits des 60. Lebensjahrzehnts und Frauen in einem Alter von über 70 Jahren.
Wir wissen heute viel mehr als früher, also versäumen wir keine Zeit mehr und fangen umgehend an, das Schicksal an Arteriosklerose zu erkranken, möglichst lange hinauszuzögern. Nur mit den hier dargelegten Erkenntnissen können wir der vorzeitigen todbringenden Verkalkung ein Schnippchen schlagen. Und denken Sie