LebensAder. Bernd Steckmeier
bereitet.
Das Gehirn wurde lange nicht als übergeordnetes Organ wahrgenommen. Aristoteles hielt es nur für ein Kühlsystem zur Senkung der Temperatur des heißen Blutes. Das Herz galt bei ihm als Inbegriff des Lebens, als allumfassendes und wahres Zentrum der Seele. Für Aristoteles war „Pneuma“, eine luftige Form der Lebensenergie, ähnich dem indischen Prana oder dem chinesischen Chi, ein Träger der Lebenskraft (Aristoteles, einflussreichster Philosoph und Naturforscher der Geschichte; 384–322 v. Chr.).
Natürlich wissen wir es heute besser. Nicht der Darm, das Herz oder die Leber, sondern das Gehirn ist die entscheidende Schaltzentrale des Lebens. Von dort aus werden alle körperlichen, geistigen und seelischen Funktionen gesteuert. Die Empfindung von Emotionen wie Freude und Angst spielt sich in der Hirnrinde ab. Ohne Gehirn können wir Liebe, Hass, Angst, Wut oder Trauer nicht bewusst wahrnehmen. Gefühle im Kopf entscheiden mit, wo es lang geht. Ziehen wir uns besser zurück oder stellen wir uns der Gefahr ? Leben wird durch ein funktionierendes Gehirn erst möglich. Anders als Herz, Lunge und Nieren gibt es für das Gehirn ähnlich wie für die Leber (noch) keinen maschinellen Ersatz.
Die Leber ist ein Alchemist im Bauch, den wir nicht ersetzen können, wie z. B. die Niere durch Dialyse oder das Herz und die Lunge durch eine Herz-Lungen-Maschine. Die Leber ist körpereigene Apotheke, Klärwerk, Entgiftungsorgan, Speicher, Verdauungszentrale, Energielieferant und Schwerstarbeiter zugleich. Über 2.000 Stoffwechselprozesse werden von der Leber gesteuert und dies rund um die Uhr. Eine Maschine kann die komplexen Aufgaben noch nicht übernehmen. Ohne Leber fällt der Mensch ins Koma. Seine Überlebenszeit beträgt dann nur wenige Stunden oder Tage.
Schlaffer Händedruck sagt Ende voraus
„Komm gib’ mir Deine Hand und ich sage Dir, wann Du stirbst.“ Eine aktuelle Studie kanadischer Wissenschaftler der Mc Master University in Ontario beschreibt, wie der Händedruck unser Risiko von Schlaganfall und Herzinfarkt voraussagt.
Vier Jahre lang wurden 140.000 Probanden in 17 Ländern im Alter zwischen 35 und 70 Jahren untersucht.23
Dabei mussten die Teilnehmer ein Gerät (Jamar-Dynamometer, hydraulischer Handkraftmesser) umgreifen, welches die Festigkeit ihres Händedrucks gemessen hat. Bis zu einem Alter von 50 Jahren hat der Durchschnitt der Männer (Frauen) noch einen Händedruck (rechte Hand), der einer Kraft von 50 (30) kg entspricht. Danach wird der Händedruck immer schlaffer, beträgt aber mit 70 Jahren immer noch erstaunliche 40 (25) kg.24
Die Ergebnisse der kanadischen Studie lassen aufhorchen. Wurde die Greifkraft bei den Probanden in der Beobachtungszeit (4 Jahre), aus welchen Gründen auch immer, um 5 Kilogramm geringer, erhöhte sich das Sterberisiko jedes Mal um 16 %. Das Risiko für einen Herzinfarkt stieg um 7 % und das eines Schlaganfalls um 9 %. Risikofaktoren wie Diabetes, Alkohol und Tabak sowie Bildungsniveau und Beschäftigung hatten nach statistischer Auswertung keinen Einfluss auf das Ergebnis. Ein schlaffer Händedruck bestimmt unser Schicksal. Er löst den Infarkt nicht aus, ist aber ein frühes Anzeichen einer drohenden Herz-Kreislauf-Erkrankung. Wie die Muskelkraft im Arm und der Hand mit Herz- und Hirnproblemen sowie der allgemeinen Gesundheit zusammenhängt, ist allerdings nicht bekannt. Der Händedruck-Test ist billig und aussagekräftig. Fangen Sie frühzeitig an, Ihr Infarktrisiko zu senken.
Je weniger wir beim Greifen an Kraft aufbringen, desto näher ist uns der Tod. Zuletzt können wir nicht mehr festhalten. Wir lassen los. Also reichen wir uns einmal die Hand und ermitteln den Händedruck. In Bayern weiß man dies seit langem. Fingerhakeln, Armdrücken und Tauziehen ermitteln den Stärksten.
ALEKSEY VOEVODA, veganer Rohköstler aus Russland, geb. 1980, war 2013 Weltmeister im Armdrücken und Bobfahren.
Schritttempo bestimmt Lebenserwartung
Wir alle kennen den schlürfenden, schleppenden Gang des alten Menschen. Die Gehgeschwindigkeit kann Aufschluss geben über die Lebenserwartung.
US-Wissenschaftler der Universität Pittsburgh haben am Schritttempo das Sterberisiko abgeschätzt. Im Allgemeinen war das Gehtempo ähnlich aufschlussreich wie das Wissen um den Tabakkonsum, Blutdruck und BMI. Je langsamer man geht, desto weniger Benzin ist noch im Tank übrig. Gebrechlichkeit heißt der Zustand, wenn einem endgültig der Saft ausgeht. Es ist wie bei einer alten Rostlaube: Man drückt das Gaspedal durch, schafft aber nicht mehr als 80 km/h.
Wer aber mit 65 Jahren noch schnellen Schrittes unterwegs ist, hat beste Aussichten 90 oder gar 100 Jahre alt zu werden. So wurde bei Frauen mit einem Gehtempo von 5,7 km/h eine Altersprognose von 100 Jahren und mehr errechnet. Männer dagegen werden bei gleichem Tempo 10 Jahre weniger alt. Ein kleiner Trost mag sein, dass sich die Prognose der Lebenserwartung im höheren Alter ausgleicht. Je höher das Alter, desto geringer sind die Unterschiede der maximalen Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen. Ab 85 Jahren haben sowohl die fittesten Frauen als auch die vitalsten Männer eine durchschnittliche Lebenserwartung von 12 Jahren. Von den Männern (Frauen), die mit 75 Jahren noch 1,6 m/s oder mehr schaffen, leben 10 Jahre später immerhin noch 87 (91) %, von den immobilen Männern (Frauen) nur mehr 19 (35) %.25
Wären wir ein Kolibri, bräuchten wir uns keine Gedanken machen über die „Völlerei“. Der kleine Vogel verspeist am Tag das Doppelte seines Körpergewichts. Umgerechnet auf den Menschen wären dies, bei einem Gewicht von 70 kg, pro Tag immerhin 140 kg, die wir zu uns nehmen müssten. Dies schafft nicht einmal ein Nimmersatt. Der Kolibri aber nimmt nicht zu. Sein Schwirrflug erreicht eine Frequenz von 40–50 Flügelschlägen/pro Sekunde. Die sportliche Betätigung ist ihm angeboren. Der Kolibri ist das schnellste Wirbeltier auf Erden bezogen auf die Körperlänge. Die kleinen Kolibris erreichen beim Paarungsflug Geschwindigkeiten von 365 Körperlängen (1 Körperlänge = 10 cm) pro Sekunde (absolut 131 km/h). Wanderfalken kommen im senkrechten Sturzflug auf Geschwindigkeiten von 200 Körperlängen (1 Körperlänge = 50 cm) pro Sekunde (absolut: 400 km/h). Ein schneller Kampfjet donnert nur mit dem 40-fachen seiner Gesamtlänge (ca. 20 Meter) pro Sekunde durch die Lüfte (F-4 Phantom > 2.600 km/h).
In Relation zum kleinen Kolibri müsste der Mensch bei einer Größe von 170 cm eine maximale Geschwindigkeit von 365 × 170 cm = 62.000 cm pro Sekunde (620 Meter/Sek.) schaffen. Der schnellste Mensch erreicht aber nur etwas über 10 Meter in einer Sekunde.
Ein Kolibri braucht sich über Bewegungsmangel und Übergewicht keine Gedanken zu machen.
Man könnte natürlich dagegen halten, dass sich die Schildkröte deutlich langsamer fortbewegt und dennoch ein stolzes Alter von 200 Jahren erreichen kann. Aber ist die Schildkröte wirklich so träge wie behauptet ?
Ein berühmter griechischer Philosoph vor 2.500 Jahren, der Vorsokratiker Zenon von Elea (490–430 v. Chr.; Paradoxien der Bewegung, der „Trugschluss von Achilles und der Schildkröte“ oder „der ruhende Pfeil“), hat dem widersprochen.
Er berichtete von Achilleus, dem berühmten griechischen Helden der Ilias, der die Schildkröte im Lauf nicht überholen konnte.
ACHILLEUS, dtsch. Achill, lat. Achilles: beinahe unverwundbarer Heros in der griechischen Mythologie, Hauptheld der Ilias von Homer; seine verwundbare Ferse durch den Pfeil von Paris wurde bekannt als „Achillesferse“; Homer, Autor der Ilias und der Odyssee, frühester Dichter des Abendlandes; etwa 850 v. Chr.; andere Quellen etwa 1.200 v. Chr.
Immer wenn der schnelle Achilleus die langsame Schildkröte gerade eingeholt hatte, war diese bereits schon wieder ein Stückchen weiter gelaufen. Und das geschah jedes Mal so. Das Paradoxon gilt mittlerweile als widerlegt.
Neben der Bewegung