LebensAder. Bernd Steckmeier
zu dichten. Bis heute im Alter von über siebzig Jahren wird er eingeladen, seine Kunst unter Beweis zu stellen. Er hatte Bäcker gelernt, musste den Beruf aber wegen einer Allergie aufgeben und arbeitete später in einer Firma für Logistik. Noch heute veranstaltet er für Schulkinder Kurse, wie man selbst Brot bäckt. Er baut prächtige alpenländische Krippen zu Weihnachten und zieht sich manchmal zurück in das umfassende Reich seiner Briefmarkensammlung. Er hat die ganze Welt bereist, von Papua-Neuguinea bis nach Hawaii, hat u. a. den Kilimandscharo bestiegen und als Bergführer mehrmals die Alpen überquert. Er ist ehrenamtlich seit über fünfzig Jahren bei der Bergwacht tätig und hat die Freude erlebt, Menschen aus höchster Not zu retten. Aber auch das Unglück erfahren, als er in die blauen Augen einer toten 18-Jährigen blickte, die in einer Lawine ums Leben kam. Er sagte mir, dass bei all seinem Tun die Seele mit dabei sein muss. Geheimnis des Lebenssinns ? Noch nie sah ich ihn schlecht gelaunt.
Antworten aus Religion und Medizin
Wohnt das Leben im Blut ? Es wurde schon in der Frühzeit als Träger und Spender der Lebenskraft angesehen. Als die Menschen sahen, dass beim Ausbluten eines Schlachttieres oder beim Verbluten eines Menschen die Kräfte dahinschwanden und das Leben erlosch, schlossen sie daraus, dass Blut der Urstoff sei, der das Leben erfüllt und ausmacht.
In der germanischen und griechischen antiken Mythologie galt der Mensch aus Blut erschaffen.
Die alten Griechen glaubten, dass bei Bewusstlosigkeit das Blut ausfließt und der Leib die Seele verlässt. Dies führte zur Vorstellung, dass die erschlaffte Seele nur durch die Gabe von frischem Blut wieder zu Kräften kommt. Hier zeigen sich erstaunliche Parallelen zur heutigen Altersforschung. Alte Tiere werden durch die Verabreichung von Blut junger Tiere wieder jung und umgekehrt.
Die Vorstellung, dass der Mensch aus Fleisch und Blut besteht, prägte auch Juden- und Christentum gleichermaßen.
In der Thora, den fünf Büchern Mose, wird Blut mit Leben gleichgesetzt. Blut von geschlachteten Tieren durfte nicht verzehrt werden; denn Blut war heilig und göttlich. Es musste nach der Opferfeier der Gottheit zurückgegeben werden.
Auch übertragene Bedeutungen wie Blut gleich Mensch finden sich in der Genesis (4,10; 9,5). Die Regeln bei der Zubereitung des Fleisches und das Verbot, Blut zu verzehren, gelten noch heute.
Im Christentum hat vor allem das Blut Jesu Bedeutung. Christi Blut als Blutopfer für die Menschheit. Blutwunder und Blutreliquien zeugen von der übernatürlichen Kraft des Blutes.
Auch heute noch spielt die Blutsbrüderschaft in verschiedenen Kulturen eine besondere Rolle. Der Austausch des Blutes ist ein Bund, der aus nicht Blutsverwandten Brüder machen sollte. Bei den Germanen war sie die innigste Verbindung zweier Männer. Daraus entstand die Verpflichtung, sich bedingungslos einander beizustehen.
Bekannte Blutsbrüderpaare sind auch die fiktiven Figuren von Karl May, Winnetou und Old Shatterhand, oder die historischen Gestalten Dschingis Khan und Jamukha Gurkhan (Jamukha Gurkhan, 1162–1206, war der Blutsbruder Temüdschins, des späteren Dschingis Khan, Großkhan der Mongolen, 1162–1227).
Alle Körperzellen sind abhängig vom roten „Lebenselexier“, besonders jene des Gehirns. Wird ihm der Sauerstoff entzogen, sterben in kürzester Zeit Millionen von Neuronen.
Das Blut wohnt wiederum in unserem Gefäßsystem. Bewegt wird es vom Herz. Sind die Gefäße verstopft und das Herz zu schwach, bricht unser gesamtes Versorgungs-, Entgiftungs- und Immunsystem zusammen. Ohne Blut gibt es kein Leben. Das Blut wird erst zu Blut durch den Sauerstoff der Lunge, die Nährstoffe des Darms und die Hormone der Leber, der Schilddrüse und anderer Organe. Blut liefert Energie und Leben bis in die kleinste Zelle, von der Haarspitze bis zur Zehe. Gleichzeitig dient Blut als Müllabfuhr und entsorgt Kohlendioxid und Harnstoff. Es dient auch als Klimaanlage, speichert Wärme und gibt sie ab bei Hitze, Sport und Schwerstarbeit. Blut kann nur fließen, wenn es nicht in unseren Gefäßen erstarrt. Dafür sorgt die Leber. So rinnt der rote Saft in unseren Adern und gerinnt erst mithilfe der Blutplättchen. Sonst würden wir bei der geringsten Verletzung verbluten.
Das Leben wohnt im Blut und letztlich in jeder Zelle unseres Körpers. Es wird repräsentiert in der Erbsubstanz und in dem, was wir aus ihr gemacht haben. Woher aber kommt die Kraft, die Energie, die wir benötigen zum Leben ?
1Dogen Zenji (Meister Dogen); japanischer Zen-Mönch, Dichter und Weiser des Buddhismus; 1200–1253 n. Chr.; Gründer des Klosters Eihei-ji, „ewiger Friede“; Glaubwürdige, den Tatsachen entsprechende Meditation („Zazen“, Sitzmeditation) kann nur im Lotussitz (Form einer Lotusblüte nachempfunden) erfolgen.
2Cornaro LA: „Vom maßvollen Leben“; mit einer Einführung von Klaus Bergdolt. Manutius, 2. Aufl. 1997, Heidelberg
3Guo F et al.: Cardiometabolic disease risk in metabolically healthy and unhealthy obesity: stability of metabolic health status in adults. Obesity (Silver Spring) 2016, 24(2), S. 516–525
4Hollar D et al.: Effect of a two-year obesity prevention on percentile changes in body mass index and academic performance in low-income elementary school children. Am J Public Health 2010, 100(4), S. 646–653
5Störig HJ: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. Fischer Taschenbuch Verlag, 7. Auflage 2013, Frankfurt am Main, S. 101
6Epikur: Von der Überwindung der Furcht. Artemis Verlag, 1991, Zürich und München
7Störig HJ: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. Fischer Taschenbuch Verlag, 7. Auflage 2013, Frankfurt am Main, S. 223
8Epikur: Von der Überwindung der Furcht. Artemis Verlag, 1991, Zürich und München
9Epikur: Katechismus 5
10Laddu DR et al.: 25-year physical activity trajectories and development of subclinical coronary artery disease as measured by coronary artery calcium: The coronary artery risk development in young adults (CARDIA) study. Mayo Clin Proc 2017, 92(11), S. 1660–1670
11Störig HJ: Kleine Weltgeschichte der Philosophie. Fischer Taschenbuch Verlag, 7. Auflage 2013, Frankfurt am Main, S. 101
12Gandhara: Sagen der Heiligen, buddhistische Texte des 1. Jh. v. Chr.
13De La Mettrie JO: Der Mensch – eine Maschine 1747. Verlag Philipp Reclam jun., 1984, Leipzig
14Strauß DF: Der alte und neue Glaube. Verlag von Emil Strauß, 1895, Bonn
15Wetz FJ: Ethik zwischen Kultur- und Naturwissenschaft, Kolleg Praktische Philosophie; Band 1. Reclam, 2008, Stuttgart, S. 207
16Wittgenstein