LebensAder. Bernd Steckmeier

LebensAder - Bernd Steckmeier


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beten oder uns besinnen, dann tun wir dies im gleichen Maße.

      EPIKUR, griechischer Philosoph; 341–270 v. Chr.; entwickelte die Lehre von der Lust. Nicht im Sinne der Völlerei und Zügellosigkeit sondern des individuellen Lebensglücks. Grundlage ist das Ideal der Seelenruhe zu Lebzeiten, Ataraxia („Unerschütterlichkeit“) genannt, und alles, was das Glück des Weisen, Eudaimonia („Gelungene Lebensführung“, „Glückseligkeit“, vgl. Eudaimoniekonzept des Aristoteles), gefährden kann; zielt im Kern auf die stabile Erhöhung und Verstetigung der Lebensfreude ab. Dabei müssen Furcht, Begierden und Schmerz umschifft werden. Der Epikurer ist gleichgültig gegenüber dem Tod. Erläuterungen zum Katechismus 7–11.

      Darunter verstand aber Epikur nicht das sinnlose Jagen nach Sinneslust und ewiger Jugend, sondern vielmehr die Gewinnung von Lust und das Vermeiden der Unlust.

      Die Unerschütterlichkeit (griechisch „Ataraxia“) der Seele, die ausgeglichene Ruhe des Geistes, die heitere Beschaulichkeit und die emotionale Gelassenheit auch gegenüber Schicksalsschlägen, war nicht nur für die Stoiker das erklärte Ziel. Auch für Epikur war seine eigene Lebensführung geprägt von ausgeglichenem Maßhalten. Übertragen kann diese Erkenntnis für uns bedeuten, dass wir nicht der Völlerei frönen und uns ständig betäuben mit dröhnender Bassmusik und ungezügeltem Streben nach scheinbarer Erfüllung der Lust, sondern uns manchmal daran erinnern, dass wir am nächsten Tag das sind, was wir am Tag zuvor waren. Wie schnell vergessen wir die Kurzlebigkeit? Wie oft verdrängen wir den Gedanken an die Sterblichkeit des Menschen? Wir sollten uns natürlich nicht ständig daran erinnern. Aber langes Leben um jeden Preis geht häufig zu Lasten der Lebensqualität. „Anfang und Wurzel alles Guten ist die Freude des Magens“, war schon vor über 2.500 Jahren der Leitspruch Epikurs. Ein gemeinsames Mahl in der Familie oder mit Freunden bei gesunden Speisen ist immer noch Ausdruck für ein gelungenes Leben.

      Die Freuden des Leibes – so lehrt uns der Philosoph – sind aber auch an den Augenblick gebunden: die Seele aber kann in die Vergangenheit blicken und manchmal auch in die Zukunft schauen.

      Vergessen wir also alle zu sehr einschränkenden Diäten, Vorschriften und Anregungen zu scheinbar lebensklugen Ratschlägen. Riskieren wir die Freude und erkennen, dass ständiges Kasteien uns einengt wie eine Zwangsjacke.

      TITUS LUCRETIUS CARUS LUKREZ, römischer Dichter und Philosoph; 98–55 v. Chr.; in der Tradition des Epikureismus, Vertreter der Atomistik. Im Gegensatz zu Epikur verurteilt er den sittlichen Verfall des Adels und klagt den Krieg und den Schrecken an; nimmt Anteil an den gesellschaftlichen Ereignissen seiner Zeit.

      Es kann also gefolgert werden, dass nicht jeder Lust gefrönt werden soll. Denn es gibt Zustände, die an sich Lust enthalten, aber den Menschen auf Schwerste schädigen können. So müssen wir uns vor tierisch vulgärer Gier und bizarrem Verhalten, gegen die der Kyniker Diogenes (griechischer Philosoph; ca. 413–323 v. Chr.) keinerlei Bedenken hatte – er soll öffentlich onaniert haben – durchaus in Acht nehmen.

      Wir müssen also Einsicht haben in die Grenzen der Begierden. Werden wir nicht auch heute vielfach umgeben von extrovertierten Prassern ? Wollen wir nicht auch den Reichen und Schönen nacheifern, wie sie fast täglich auf Hochglanzpapier in der Boulevardpresse erscheinen ? Beschämend und lächerlich !

      Wir sollten uns daran erinnern, dass manchmal ein kleines Stück eines guten Käse, langsam und mit Genuss gegessen, mehr Gaumenfreude bereiten kann als ein sündteures 7-Gänge Menü. In unserem Gesicht geschrieben stehen und aus unseren Augen schauen unser Lebenswandel und unsere Lebenserfahrung.

      Seneca berichtet:

      Wir sollen wir auch ein wenig nachsichtig sein mit uns selbst und uns Muße gönnen, die wie ein Stärkungsmittel wirkt. Auch weite Spaziergänge im offenen Gelände sollte man unternehmen, damit sich unter freiem Himmel und beim kräftigen Durchatmen der Geist erholen kann. Bisweilen werden ein Ausritt, eine Reise, eine Ortsveränderung neue Frische schenken, ein Gelage und ein kräftiger Schluck. Hin und wieder mag es bis zum Rausch kommen, aber nicht so, dass wir in ihm versinken, sondern, dass wir in ihn eintauchen. Er spült ja unsere Sorgen fort und begeistert das Herz von Grund auf und wie bei bestimmten Krankheiten, so hilft er auch bei Traurigkeit. Doch wie bei der Freiheit, so ist auch beim Wein Mäßigung segensreich.

      SENECA, Lucius Annaeus, 1–65 n. Chr., römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Politiker; führte die Lehre der Stoa – „Gelassenheit und stilles Glück“ – weiter; war der meistgelesene Schriftsteller seiner Zeit. Berater von Kaiser Nero: Berühmte Schriften: „Von der Ruhe der Seele“ oder „Von der Kürze des Lebens“.

      Übersetzt in unsere Leben heißt dies: Genießen wir das Leben in Maßen und machen uns kein schlechtes Gewissen, wenn wir einmal über die Stränge schlagen.

      Bedenken wir aber, dass sich alles, was wir tun oder nicht tun, Freude, Ruhe und Gelassenheit, Stress oder Leid, Kummer und Mühen, Getränke und Ernährung, Bewegung und Inaktivität, Jugend und Alter, widerspiegelt in der Funktion unseres Herzens, der Qualität unserer Gefäße und all unserer Organe, ja unseres ganzen Körpers.

      „Wo Blut – da Leben“. Dieser Leitspruch der Herz- und Gefäßchirurgen gilt für alles und jeden. Immer wenn unsere Lebensadern, die sauerstoffreiches Blut aus dem Herzen in den Körper führen, eingeengt oder gar verschlossen sind, drohen schwere Schäden.

      Auch wenn Heraklit, der griechische Philosoph aus Ephesus in der heutigen Türkei, nichts von den Ärzten hielt, hatte er doch in einem recht und wusste es schon vor 2.500 Jahren: „Pantha rhei“, alles fließt, alles bewegt sich.

      HERAKLIT VON EPHESOS, vorsokratischer Philosoph, 500 v. Chr., aus dem ionischen Ephesos: populärster Spruch: „Pantha rhei“; „Alles fließt“; „… fordern doch die Ärzte, wenn sie die Kranken auf jede Art schneiden, brennen und schlimm quälen noch Lohn dazu …“.

      Dies gilt auch für das wallende Blut in unseren Adern. Glücklich ist der, bei dem es ungehindert fließen kann. Wehe dem Unglücklichen, bei dem das Blut in den Adern gefriert oder stockt, weil sich Engstellen oder Verschlüsse in den Weg stellen. Dann gerät auch das Gleichgewicht des Lebens aus den Fugen. Wenn wir den Bogen überspannen, trifft uns der giftige Pfeil mitten ins Mark. Ohne ausreichende Durchblutung werden unsere Organfunktionen eingeschränkt oder erlöschen urplötzlich. Schlaganfall und Herzinfarkt bedrohen uns. Unsere Beine versagen ihren Dienst und tragen uns nicht mehr. Es droht der Untergang bis hin zur Amputation oder gar zum Tod.

      Dass unser Herz nicht zum gefühllosen Pumporgan degradiert werden kann, ist eine sichere Erkenntnis erst der neueren Zeit.

      Ein gesundes Herz und geschmeidige Gefäße sind die Voraussetzung für die Blutversorgung und Erneuerung der 100 Billionen Zellen unseres Körpers. Allein unser 1.300 Gramm schweres Gehirn besteht aus 40 Milliarden Neuronen. Es benötigt am meisten Sauerstoff und


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