LebensAder. Bernd Steckmeier

LebensAder - Bernd Steckmeier


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Leben – der LebensZweck ? Für was und wen soll das alles noch gut sein, wenn in der letzten LebensPhase Gebrechlichkeit, Einsamkeit, Senilität, Hinfälligkeit und stetige Vergreisung, der Verlust von Orientierung und das Vergessen hinzutreten ?

      „Das Alter ist der Übel höchstes; denn es beraubt den Menschen aller Genüsse, lässt ihm aber das Verlangen danach, und bringt alle Leiden mit sich.“ (Ciacomo Graf Leopardi, italienischer Dichter; 1798–1837)

      „Der Tod ist nichts anderes als ein Kunstgriff der Natur, um möglichst viel Leben zu haben.“ (Georg Christoph Tobler, Schweizer Theologe und Schriftsteller; 1757–1812)

      Wie stehen wir zur Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen im Angesicht des Universums ? Was sagt uns der Blick in die Sterne, die Weite des Meeres oder die Majestät der Berge – oder in die Abgründe der menschlichen Natur und Psyche im Angesicht des Bösen ? Ist es nicht so, als zöge es einen manchmal hinab in das tiefe Loch vom Geländer einer Brücke oder von der Höhe eines Berggipfels ? Das unheimliche Gefühl in den Schacht zu fallen, in den man hineinblickt. Hat das nicht jeder von uns einmal erlebt ?

      „Wenn man lange genug in den Abgrund schaut, schaut der Abgrund auch in einen.“ (Friedrich Nietzsche, deutscher Philosoph; 1844–1900)

      Was ist der Sinn meines Daseins ? Warum um alles in der Welt gibt es Lüste, Ängste, unerfüllte Wünsche, Schmerzen, Verzweiflung, Krankheit und Leid ? Wird das Schicksal der Endlichkeit unserer Existenz nicht allzu oft verdrängt und übertüncht von dem dauernden Streben nach Wohlstand, Gesundheit, Anerkennung und Glück ? Worin sind Sehnsucht und Streben nach immer mehr und immer weiter begründet ? Soll es ablenken von dem Wissen, dass keiner von uns dem Tod entgehen kann ? Was bedeutet LebensKunst für uns ? Ist es nur das Dolce Vita, gutes Essen und Trinken, ein „hedonistischer LebensKonsum“, nur an momentanen Genüssen ausgerichtete egoistische LebensEinstellung in einem protzigen Ambiente ? Warum können so wenige unter uns in sich hineinlächeln ? Ist es nicht das mangelnde soziale Gefüge in einer intakten Familie, was so viele scheitern lässt ? Haben wir die Orientierung verloren ? Was tritt an die Stelle von Tradition, Religion, Konvention, Grundüberzeugungen, die vor nicht allzu langer Zeit den Alltag bis ins Detail definieren konnten ? LebensWissen wird nicht mehr weitergegeben von Generation zu Generation. Wir finden uns nicht selten allein und verloren in unserem begrenzten LebensHorizont. Unser Dasein ist geteilt in Glück und Unglück. Nur wenn es uns gelingt, beide Extreme zu überschauen und einzubinden in unser Leben, nähern wir uns der wahren LebensKunst. Zur Fülle des Lebens gehört auch der Tod. Wir müssen uns mit ihm anfreunden. Erst der Tod gibt unserem Leben Sinn und Tiefe. Der unendliche Wert des Lebens besteht in seiner Endlichkeit. Ein grenzenloses Leben hätte das Alleinstellungsmerkmal des Vergehens verloren.

      „Nur wenn Altes geht, kann Neues werden.“ (Christoph Quarch, deutscher Philosoph, Theologe und Publizist; *1964)

      Ist unser Leben auf dem richtigen Weg ? Viele Fragen und kein Ausweg.

      Ist eine Antwort nach dem LebensSinn überhaupt möglich ? Oder versteht nicht jeder etwas anderes unter „Leben“ ? Sicher ist, dass nur der Mensch als einzig vernunftbegabtes Wesen auf dieser Welt, eine Lösung aus diesem Dilemma suchen kann.

      „Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da suchet, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“ (Matthäus 7; 8)

      Viele aber resignieren, sinnieren und finden keinen Sinn mehr im Leben. Nicht alle aber werden sich immer nach dem Sinn des Lebens fragen. Der Ertrinkende versucht zu überleben, der Hungernde zu essen und der Frierende seinen Leib mit Tuch zu bedecken. Der ums nackte Überleben kämpft, wird kaum Zeit haben, den Sinn des Lebens zu hinterfragen. Und es sind auch nicht die Armen, die weniger „Sinn“ im Leben finden. Bei Menschen, die in Wohlstand leben, ist zwar die LebensZufriedenheit höher als in ärmeren Ländern. Wen wundert’s. Mit dem LebensSinn ist es aber gerade umgekehrt. In den ärmsten Gegenden wie dem Tschad oder Äthiopien ist die Sinnkrise weniger verbreitet als in den reichen Ländern. Offenbar führen schwierige LebensUmstände zu mehr Sinngefühl im Leben als es in einer profanen Wohlstandsgesellschaft möglich ist. Dabei scheint in den ärmeren Ländern Religion eine große Rolle zu spielen.

      „Der Herr wird’s schon richten.“ (Psalm 37)

      Das Wissen um den Zweck des Lebens ist bei den Armen und Ärmsten mehr verbreitet als bei den zufriedenen Satten in unseren Breiten. Wer will tauschen: Lebenssinn gegen Wohlstand ? Diese Antwort scheint auf der Hand zu liegen. Man sollte sie sich aber genau überlegen.

      Sinn im Leben finden. Fast jeder kann oder könnte es. Die Wege dahin sind vielfältig. Sie müssen nicht mit Hochschulbildung verknüpft sein. Auf der Alm habe ich einen über 90-Jährigen kennengelernt, der in seiner Jugend sieben Sommer lang als „Hirtabua“ dort Kühe hütete. Er hat ein entbehrungsreiches Leben hinter sich, im Krieg gehungert, barfuß dem Bauern ins Tal Butter geliefert und als Lohn Brot und ein paar Äpfel erhalten. Er hat als Hauer unter Tage gearbeitet und war in einer Papierfabrik tätig. Mit seiner Frau hat er viele Jahrzehnte verbracht. Ihr Glück war auch seines. Bis zuletzt hat er sie gepflegt. Sie hat ihm zwei Söhne geboren. Einer ist heute Polizeidirektor in einer großen Stadt, der andere erfolgreicher Manager in der Computerbranche.

      Wenn der „Alte“ nicht von der Almhütte auf seine geliebten Berge schaut, sitzt er drunten im Tal vor seiner Eigentumswohnung auf der Hausbank zum Plausch mit seinen Altersgenossen. Seine Rente bietet ihm ein gutes Auskommen. Meine Frage nach dem Lebenssinn hat er lachend mit der Bemerkung „Blödsinn“ abgetan. Er sagte mir, dass man den Blick für das Schöne haben müsse. Er besitzt die unbezahlbare Kunst, zufrieden zu sein, mit sich und der Welt.

      Oder ein anderer Freund. Er kam mit einer Krankheit auf die Welt, die man lange nicht erkannte und die jetzt ausgeheilt ist. Seine Mutter starb, als er zwölf Jahre alt war. Seinen Vater hat er nie kennengelernt. Da begann er voller Verzweiflung Gitarre und Mundharmonika


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