Quantumdrift. Tilo Linthe

Quantumdrift - Tilo Linthe


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erzählte Sam noch einmal von seiner Ankunft, der Begegnung mit den Vinculan und dem Flug mit der Arkanos. Den Grund für seinen Unfall und die Stimmen in seinem Kopf verschwieg er geflissentlich.

      Während Stone entspannt zuhörte, wurden die Lippen von Kommandantin Alvarez noch schmaler. Sie machte sich Notizen.

      "Und es gab nichts Ungewöhnliches, als Sie nach Ihrem Unfall im Portal Arrivals aufgewacht sind?", fragte Sahim, als Sam fertig war.

      "Sie meinen, abgesehen davon, dass ich nach meinem Tod Lichtjahre von zu Hause entfernt auf einer außerirdischen Station aufgewacht bin, noch lebe und nun goldene Haut habe?"

      Stone lachte schallend, aber Alvarez verengte missbilligend die Augen und presste die Lippen aufeinander. Sahim lächelte nur milde und überging Sams Sarkasmus.

      "Die Sache liegt für mich auf der Hand: Die Vinculan haben irgendwie das Portal deaktiviert. Sie wussten, wie sie uns am empfindlichsten treffen …"

      "Für mich", unterbrach Alvarez Stone, ohne ihren stechenden Blick von Sam abzuwenden, "bleibt die Sache rätselhaft. Sie sind nicht nur der erste Zivilist, der im Big-Five-System angekommen ist, zudem hat sich direkt nach Ihrer Ankunft auch noch das Portal deaktiviert, ohne dass wir den genauen Grund dafür kennen." An Stone gerichtet fuhr sie fort: "Ich weiß, Sie sind der Meinung, die Vinculan hätten etwas damit zu tun, aber beweisen können Sie das nicht."

      "Was wollen Sie damit sagen?", fragte Sam, der nicht begeistert davon war, welche Richtung Alvarez einschlug.

      "Sie müssen unseren Standpunkt verstehen", sagte sie leutseliger. "Das Portal auf Arrival wird plötzlich instabil, wir können gerade noch die Besatzung evakuieren, und plötzlich erscheinen Sie wie aus dem Nichts, ehe das Portal inaktiv wird. Da liegt doch die Vermutung nahe, dass das etwas mit Ihrer Ankunft zu tun hatte."

      Sam spürte das vertraute und nicht weniger verhasste Gefühl der Lähmung in sich aufsteigen. In Alvarez Ton schwang ein moralisierendes Element mit, als wäre alles Sams Schuld. Aber er war aber nicht schuld … oder etwa doch? Hatte er diese Welt, ohne es zu wollen, mit seiner ungeplanten Ankunft durcheinandergebracht? Sam erinnerte das alles unangenehm an Dutzende Situationen an seinem letzten Arbeitsplatz. Auch dort war er zuletzt wie ein Verbrecher behandelt worden, obwohl er doch unschuldig gewesen war.

      Stone und Sahim machten einen unglücklichen Eindruck, als hätten sie dieses Thema eigentlich gar nicht ansprechen wollen. Unangenehm berührt räusperte sich Sahim und wechselte das Thema.

      "Die Konvergenz würde sich auch gern mit Ihnen unterhalten. Sie hat einen Vertreter geschickt, der ein paar Fragen Sie hat."

      Sam sah sich fragend um, doch außer ihnen vier Menschen war niemand im Raum. Er blickte zur Tür, in der Erwartung, dass sie sich gleich öffnen und ein Außerirdischer mit Tentakeln den Raum betreten würde. Doch die Tür blieb geschlossen. Dafür erzitterte plötzlich der Stamm der Topfpflanze und die Blätter raschelten, obwohl nicht der leiseste Lufthauch zu spüren war. Gleich darauf erklang eine Stimme, die den gesamten Raum erfüllte.

      "Hallo Sam Njuman!"

      Verwirrt sah Sam sich um.

      "Wer war das?!"

      Sahim grinste nur. War das Absicht? Wollten sie Sam verunsichern oder gar bloßstellen?

      "Entschuldigen Sie, wo sind meine Manieren … Das ist ein Mongai." Mit einer Hand deutete er auf die Topfpflanze. "Betrachten Sie es als Ehre, dass er hier anwesend ist und mit Ihnen sprechen will. Es kommt nicht oft vor, dass wir einen Vertreter der Konvergenz zu Gesicht bekommen."

      Machte sich der Admiral über ihn lustig? Unsicher blickte Sam zwischen den Anwesenden und der Topfpflanze hin und her, aber der Hohe Rat blieb ernst - wobei sich Sam ein Lächeln auf Alvarez' Gesicht auch beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Also

      wandte er sich der Topfpflanze zu und nahm sie genauer in Augenschein. Der Mongai hatte ein schrundiges Stämmchen mit vielen schmalen Ästen. Der äußere Kranz ging an ihren Enden in Blätter über, wobei die inneren Äste knospenartige Verdickungen aufwiesen. Sam kannte sich mit Pflanzen nicht gut aus, hätte den Mongai in einem Blumengeschäft auf der Erde aber wohl für eine exotische Art gehalten.

      "Äh … hallo Herr Mongai", sagte Sam, dem es merkwürdig vorkam, mit einer Pflanze zu sprechen.

      Erneut rauschten die Blätter wie von einem Lufthauch bewegt und die inneren Äste bogen sich in Sams Richtung, als wollte ihn der Mongai mit den Knospen in Augenschein nehmen - zumindest hatte Sam das Gefühl, intensiv gemustert zu werden.

      "Wie geht es dir?", fragte die Stimme.

      "Gut …?" Sam war verunsichert.

      "Bist du sicher?"

      "Ja, äh, nein. Ich meine … ich weiß nicht …"

      Die Unsicherheit nahm zu, denn der Mongai hatte genau ins Schwarze getroffen. Es ging ihm tatsächlich nicht besonders gut. Mit jeder Faser seines neuen goldschimmernden Körpers spürte Sam, dass er hier nicht hierher gehörte.

      "Mysteriös ist dein Erscheinen durch ein instabiles Portal, dass sich in den Ruhemodus versetzt hat. Beachtenswert ist diese Ungewöhnlichkeit für uns und groß das Rascheln der Blätter." Zur Bestätigung schüttelte er die Äste, als würden sie von einer Sturmbö erfasst. Die Knospen schwankten hin und her.

      "Wir fragen uns, was dein Weg hier sein mag unter denen des Feuers und der Zerstörung."

      "Das wüsste ich auch gern", antwortete Sam. Er konnte sich schon vorstellen, wer mit "denen des Feuers und der Zerstörung" gemeint war.

      Der Mongai hatte anscheinend auch schon mitbekommen, dass er nicht zum Militär gehörte. Jetzt schwankten die inneren Äste mit den Knospen hin und her, während die äußeren Blätter in der Bewegung mitgingen. Es sah aus, als würde der Mongai abwägen, was er als Nächstes sagen sollte.

      "Vielleicht ist es der Wille der Transzendentalen, dass sie dich hierher geschickt haben. Vielleicht haben sie dich für eine besondere Aufgabe auserkoren."

      Was wollte er damit sagen? In diesem Moment wünschte er sich mit McQuires Zahnbürste in die Toilletten - dort hätte er wenigstens seine Ruhe und müsste nicht die erwartungsvollen Blicke des Hohen Rats ertragen. Gleichzeitig hasste er diese Gedanken, die seinem mangelnden Selbstbewusstsein entsprangen.

      "Die Transzendentalen?", fragte er.

      "Die Transzendentalen lenken unsere Wege aus dem Verborgenen, unsere Welt formend wie der Frühling die Blätter und sie zerstörend wie der Sturm entwurzelnd einen Baum. Sie durchwirken alles. Sie sind ein Teil der Welt und ihr doch enthoben, uns ganz nah und doch füllend den ganzen Raum. Nicht leicht zu durchschauen ist ihr Wille."

      "Sprichst du von Gott?"

      Wieder raschelten die Blätter des Mongai heftig und das Stämmchen knarrte.

      "Wir haben von eurem Gott gehört, aber wir bleiben fragend. In den Transzendentalen leben wir. Wir sind mit ihnen verbunden und sie mit uns. Jeden umgebend kann sich ihnen niemand entziehen. Obwohl wir die Hoffnung nicht aufgeben, schweigen sie seit langer Zeit."

      "Die Transzendentalen schweigen seit langer Zeit, aber Sie glauben, die haben mich hierher gebracht? Zu welchem Zweck?"

      "Das fragen wir uns auch. Deshalb bin ich hier, dich in Augenschein nehmend, welche Aufgabe sie dir zugedacht haben könnten. Dunkel und verborgen ist der Wille der Transzendentalen, aber wir wissen, dass dein Erscheinen kein Zufall ist. Große Veränderungen kommen auf uns zu und wir hoffen, das Ziel bald zu erkennen."

      Sam mochte sich hier fremd und falsch fühlen, aber die Konvergenz vermutete offenbar, dass er hier genau richtig war, auch wenn sich ihm der große Plan erst noch offenbaren musste.

      Er sah zu den anderen im Raum. Was hielten sie von den Worten des Mongai? Enttäuschte Gesichter. Offenbar war es nicht das, was sie sich erhofft hatten, und das erleichterte Sam gewissermaßen.

      "Ich muss dich nun verlassen, Sam Njuman. Ich wünsche dir den Beistand der Transzendentalen,


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