Waldlichter. A. V. Frank
waren alle Veränderungen an ihm wieder weg gewesen.
Ängstlich fragte er nach ihrem Befinden und hörte sich so panisch an, dass sie sich umsah. Sie erkannte nichts, nur dass sie sich noch immer im Wald befand.
„Was war das, was ist passiert?“, fragte sie verwirrt.
An seine Antwort erinnerte sie sich nicht mehr, genauso wenig wie an das andere, was er sagte. Sie wusste nur noch, dass er ihr ihre Halsschmerzen irgendwie erklärte. An das darauf Folgende jedoch erinnerte sie sich ganz genau. Er küsste sie, und sein Kuss war unvergleichlich, so voller Leidenschaft, Liebe, Angst und absoluter Sicherheit, den Richtigen gefunden zu haben. Doch gleichzeitig war es kein fordernder Kuss, sondern ein zarter, bewundernder, von dem ihr wieder schwindelig wurde, diesmal aber aus anderen Gründen. Und als er ihr danach sagte, dass er sie liebe, schien irgendetwas in ihr aufzublühen, sich im gesamten Körper zu entfalten und Glückseligkeit zu verbreiten. Trotz ihres Halses, der wie verrückt schmerzte, war sie in dem Moment so glücklich wie nie zuvor. Komplett hirnrissig, wenn man bedachte, dass sie diesen Jungen gar nicht kannte.
Nun lag sie in seinen Armen, während er sie zurück nach Grettersane trug. Sie erzählten sich von ihren bisherigen Leben, was sie mochten, was nicht und Ähnliches. Doch während eines längeren Schweigens musste sie eingeschlafen sein, denn als Nächstes erinnerte sie sich daran, dass sie von seinem Fluchen wach wurde.
Als er das bemerkte, sagte er schnell: „Oh, es tut mir leid, dich geweckt zu haben, Liebling, aber ich weiß einfach nicht, wo du wohnst, und konnte nirgends ein Schild mit deinem Namen finden.“
Ihr Inneres frohlockte bei dem Kosenamen Liebling, doch sie war wieder wach genug, um zu erkennen, dass sie in der Nähe von St. Patrick waren, und zu sagen: „Ich wohne in der Wohnwagensiedlung im Norden der Stadt. Und du hättest mich wecken sollen, dann hätten wir uns weiterhin unterhalten können.“
Er wandte sich nach Norden und schüttelte leicht den Kopf. „Du hast so friedlich geschlafen und dich so süß an mich gekuschelt, dass ich dich schlafen lassen wollte.“ Da wurde sie rot, er strich ihr leicht über die Wange und meinte, es sei süß, wenn sie rot wurde.
Da grummelte sie mit nicht ganz so freundlicher Stimme: „Ich will nicht süß sein. Ich bin auch nicht süß. Wenn hier jemand süß ist, dann bist es du mit deinen tollen Haaren, Liebling.“ Auch sie benutzte den Kosenamen und lächelte ihn an.
Er grinste bloß und fragte dann: „Ist es der Wohnwagen hier?“ Tatsächlich blieb er genau vor dem richtigen Wagen stehen. Sie nickte und meinte dann, er könne sie jetzt absetzen, was er auch machte, bevor er ihre Hände nahm und ihr tief in die Augen schaute. „Soll ich nicht noch mit reinkommen? Ich würde gerne bei dir bleiben, bis ich weiß, dass es dir wieder gut geht.“
Sie grinste und sagte: „Mir geht’s gut, keine Sorge, aber du kannst natürlich trotzdem gerne mit reinkommen, damit du nicht noch nach Hause laufen musst.“
Natürlich entschied er sich dafür, ihr Angebot anzunehmen. Trotz allem machte er sich wahnsinnige Sorgen um sie und konnte den Gedanken nicht ertragen, sie alleine zu lassen, das spürte sie. Dieser Abend würde für immer nur verschwommen in ihrem Gedächtnis bleiben, doch in diesem Moment hatte sie kein Problem damit.
Eng aneinandergekuschelt schliefen sie später ein und genau so fand Robin die beiden am nächsten Morgen.
Das Erste, das Transca bemerkte, war, dass sie in Sirmans Armen lag. Sie schlug die Augen nicht auf, sondern schmiegte sich nur noch enger an ihn und seufzte glücklich. Er war bereits ein Teil von ihr, obwohl sie sich erst zum zweiten Mal gesehen hatten. Die Sonne schien durch ein Fenster und wärmte ihr Gesicht. In dieser Woge der Glückseligkeit hörte sie plötzlich die Stimme von Billingra, die ihr leise zuflüsterte: „Die Toúta braucht euch beide, doch nicht zusammen. Ihr dürft nicht eure Pflichten vergessen. Und das bedeutet, dass ihr euch für längere Zeit trennen müsst. Denkt an sie.“
Damit verstummte die Stimme, doch das gute Gefühl in ihrem Inneren hatte sich aufgelöst. Sie schlug die Augen auf und sah erstaunt, dass Sirman sie die ganze Zeit beobachtet hatte.
„Hast du gut geschlafen? Wie geht es deinem Hals?“, fragte er sie und strich ihr mit der Hand zart über das Gesicht.
Sie runzelte die Stirn. „Dem geht es wieder erstaunlich gut. Und ja, ich habe super geschlafen. Und du?“ Sie grinste ihn an und versuchte, dieses unbehagliche Gefühl in ihr zu verdrängen, das ihr sagte, dass wertvolle Zeit verstrich.
„Ich hab auch super geschlafen.“ Er hob den Arm und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann zwirbelte er die Haare und spielte sanft damit.
Ihr Lächeln wurde breiter, doch ihr Mund übernahm auf einmal die Kontrolle und sagte: „Wir sollten los, du musst zurück und ich muss keine Ahnung was machen. Victoria fragen, ob sie geträumt hat oder Ähnliches.“
Da runzelte er verwirrt die Stirn und fragte sie: „Was meinst du damit? Wer ist Victoria? Was soll sie geträumt haben und wieso soll ich zurück?“ Sein Gesicht zeigte keine Regung, aber in seiner Stimme lag ein feiner verletzter Ton.
Schnell erklärte sie: „Victoria hat seit langer Zeit ungewöhnliche Träume und Erscheinungen und auch ich habe das Problem seit ein paar Tagen. Also haben wir uns zusammengesetzt und darüber geredet. Ist nicht so wichtig. Und du sollst nicht zurück, weil ich dich nicht mehr hierhaben möchte, nein, wenn es darum ginge, dürftest du nie wieder einen Millimeter von mir weichen. Aber ... okay, das hört sich jetzt sicher seltsam an für dich. Ich bin nicht verrückt, aber die Toúta, was immer das sein soll, braucht dich.“
Seine Augen waren schockgeweitet und er rührte sich nicht. Erst nachdem sie ein paarmal seinen Namen genannt und gerufen hatte, reagierte er. Durchdringend starrte er sie an und fragte dann mit heiserer Stimme: „Woher weißt du von der Toúta? Wer hat dir gesagt, dass sie mich braucht?“ Sein Ton war so eindringlich, dass sie das Gefühl bekam, etwas falsch gemacht zu haben.
„Hältst du mich für verrückt? Ich habe doch schon gesagt, dass ich Erscheinungen und seltsame Träume habe. Was ist los?“, fragte sie alarmiert. Was verbarg er vor ihr?
„Nein, ich halte dich nicht für verrückt, keine Sorge. Ist in diesen Visionen jemals ein Name gefallen? Wenn ja, kannst du ihn mir bitte sagen? Es ist unglaublich wichtig!“
„Ja, es wurde ein Name genannt. Billingra.“ In dem Moment, als sie das letzte Wort aussprach, erglühte der gesamte Raum in einem durchdringenden Braun. Erschrocken blickten sich die beiden an. Es hatte nur eine Sekunde gedauert, aber diese verunsicherte Tran sehr. Sie sah Sirman skeptisch an, bemerkte, wie erstaunt und freudig überrascht er war, und fragte: „Was war das? Du weißt doch irgendetwas, oder?“
Schnell richtete er seinen Blick zu Boden. „Hör zu, ich kann es dir nicht sagen, nicht jetzt, denn du hast recht, ich muss zurück, die Draugrande brauchen mich. Aber rede mit keinem über Billingra und sollte sich wieder etwas Besonderes ereignen, dann sag es mir.“
Kurz wunderte sie sich über den Namen Draugrande, den sie nie zuvor gehört hatte, dann fragte sie: „Und wie?“
„Ich werde ab heute jeden Abend vorbeikommen, allein schon, damit ich dich wiedersehen kann.“
„Nein, das geht nicht!“, rief ihr Mund ohne ihr Zutun. „Ich meine, ich nehme an, der Weg ist für dich viel zu weit, und Billingra hat mir gesagt, bis wir uns wiedersähen, würde noch eine Weile vergehen. Wir würden beide gebraucht werden, aber nicht zusammen“, gab sie die Worte wieder.
Ihm stiegen beinahe die Tränen in die Augen und er schüttelte unglücklich den Kopf. „Wenn es denn so sein soll.“ Entschlossen stand er auf und zog seine Schuhe an. Auch sie erhob sich, sie umarmten sich fest, küssten sich, wobei sie beide weinten, er drehte sich um und verschwand schließlich für längere Zeit aus ihrem Leben.
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Kapitel 6
In meinem Traum war ich in demselben Wald wie immer. Doch