FUNKSTILLE. Richard Neubersch
Im Februar 2009 saß ich in Portugal auf meinen Umzugskisten und wartete auf den Möbelwagen. Meine längst verstorbenen Eltern drängten sich in mein Bewusstseinsfeld. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie sie die Hände über dem Kopf zusammenschlugen.
»Junge, was machst du denn? Du sagst, du hast keine Ahnung? Hast du schon mal überlegt, wovon du leben willst? Wieso hast du dich nicht schon vorher drum gekümmert? Du hast auf ganzer Linie versagt.«
Mir wurde klar, dass mir genau solche Reaktionen von Kindheit an mein Selbstvertrauen genommen hatten. Damit meine ich nicht das Vertrauen in meinen gesunden Menschenverstand. Davon hatte ich mehr als genug. Nein, ich meine das Vertrauen in meinen eigenen, innersten Wesenskern.
Mit diesen Gedanken im Kopf konnte ich tatsächlich die Aussichtslosigkeit meiner Lage sehen. Ein guter Freund hatte mir Geld geliehen, damit ich den Umzug in die Schweiz bezahlen konnte. Was mich in der Schweiz erwartete, wo meine dritte Frau auch wieder mit Hilfe von Freunden für eine Bleibe gesorgt hatte, wusste ich nicht.
Doch meine innere Achtsamkeit hatte mich nicht verlassen und ich fasste Vertrauen. Alles ist perfekt, dachte ich, als mein Handy klingelte.
»Hallo Herr Neubersch, hier ist Klaus Dippel, wie geht es Ihnen?«
»Herr Dippel? Das ist jetzt aber komisch. Wieso rufen Sie mich an?«
»Ich wollte nur mal wieder Kontakt aufnehmen, hören, wie es Ihnen geht.«
Herr Dippel hatte drei Jahre zuvor mein Haus und mein Büro, ja auch mein neues Projekt, die Property Lounge, harmonisiert. Damals hatte ich ihn einfliegen lassen, weil mein Heilpraktiker mir klar machte, dass die Unruhe, die ich in unserem Haus wahrnahm, auf Elektrosmog, also in meinem Fall auf Handymasten und Radar, zurückzuführen war. Ich hatte ihn noch in guter Erinnerung, denn als er in unsere Villa kam und im Wohnzimmer Ameisen an der Terrassentüre sah, meinte er ganz mutig: »Herr Neubersch, das erste, was Sie bemerken werden, wenn wir ihre Villa harmonisieren, ist das Verschwinden der Ameisen.« Ich wollte es nicht glauben, doch er hatte Recht. Am dritten Tag nach der Harmonisierung gab es nicht eine Ameise mehr in unserem Haus.
»Tja, Herr Dippel, Sie erwischen mich gerade auf Umzugskartons sitzend und auf den Möbelwagen wartend. Ich ziehe in die Schweiz, weil meine Firma hier baden gegangen ist.«
Herr Dippel war überrascht. Dann fragte er: »Und was machen Sie jetzt in der Schweiz?«
»Das weiß ich noch nicht.«
»Haben Sie mal daran gedacht, für uns zu arbeiten?«
»Nein, aber Harmonie zu den Menschen zu bringen, könnte mir gefallen.«
Erkennen Sie, wie sich hier eine Wende andeutet, von der ich nichts ahnte und die ich nicht geplant hatte? Hier war zweifellos eine andere Kraft am Werk, aber welche? Ich sollte es noch herausfinden.
Tor!
So kam es, dass ich in der Schweiz begann, als Repräsentant einer deutschen Harmonisierungsfirma zu arbeiten. Doch nach gut einem halben Jahr war mir klar, dass diese Firma eine andere Philosophie verfolgte als ich. Es ging ihr nicht um das Wohl der Kunden, sondern in erster Linie um das ihrer Bankkonten. Viele Hinweise, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen will, waren nur allzu deutlich.
Auf der Suche nach anderen Firmen spielte mir das Leben wieder einen Ball zu, den ich aufnahm und ins Tor schoss. Nun, ich bin kein Fußballfan, doch der Vergleich drängt sich genau hier und jetzt auf.
Es stellte sich nämlich schnell heraus, dass ich selbst solche Produkte herstellen könnte, denn die wesentlichste Voraussetzung hierfür stand schon seit Jahren ungenutzt in meinem Keller.
Den Schlüssel zu dieser Erkenntnis und handfeste Unterstützung bei der anschließenden Umsetzung erhielt ich von einem Mann, der den Zuschlag für die Harmonisierung eines Hotels erwarb. Der Hoteleigentümer, mit dem ich ebenfalls in Verhandlungen stand, erzählte mir von seiner Entscheidung und zögerte nicht, mir den Namen und die Koordinaten des Herrn zu geben.
Ich rief ihn an und erfuhr von ihm, dass er nur seine eigenen Kunden beliefert und seine Produkte nicht an andere Firmen verkauft. Doch mit der richtigen Technologie könne ich meine eigenen Produkte fertigen. Er würde mir zeigen, wie es geht. Allerdings müsse ich viel Geld für ein teures Gerät investieren.
Lieber Leser, genau hier ist der Ball ins Tor gegangen, denn das besagte Gerät war bereits seit neun Jahren in meinem Besitz. Ich musste kein Geld investieren.
Nun fragen Sie sich sicher, um welches Gerät es sich gehandelt hat. Es ist unwahrscheinlich, dass Sie von einem solchen Gerät jemals zuvor gehört haben. Wie unwahrscheinlich, ja unglaublich, muss es also sein, dass man solch ein Gerät ungenutzt im Keller stehen hat? Nun, ich hatte es in meinem Keller, und bei allen drei Umzügen, die ich in den neun Jahren machte, spielte ich mit dem Gedanken, es zu verkaufen. Doch es war in allen Fällen nur ein schwacher Gedanke, denn im Hintergrund hörte ich jedes Mal: «Wer weiß, wozu du es irgendwann noch brauchen wirst?»
Wieder erkannte ich jene Kraft, die schicksalhaft und wohlwollend mein Leben beeinflusste.
Ich fragte mich in diesem Moment, wo sie in meinem früheren Leben auch wirksam war, ohne dass ich sie bemerkt hatte.
Die Suche nach dem Glücksfaktor
War die »Kraft« auch wirksam, als ich mit 27 Jahren meinen Zeitungsverlag zwei Jahre nach seiner Gründung für viel Geld verkauft hatte?
Die Verhandlungen mit einem der bekanntesten Wirtschaftsbosse waren so schnell und einvernehmlich, dass ich mich schon wundern musste. Später erfuhr ich, dass man nie zuvor und auch nicht danach einen derart hohen Preis für vergleichbare Übernahmen bezahlt hatte.
Oder ging es jener »Kraft« um meine anschließende Erkenntnis? Heute noch weiß ich, dass diese Erkenntnis auf meiner Rückfahrt nach Hause mit diesem fetten Scheck in der Tasche mein ganzes Leben verändert hatte.
Aus heiterem Himmel wurde mir mitten auf dem Ruhrschnellweg bewusst, dass ich nicht fröhlich war. Ich fragte mich: »Wieso nicht?« Mit diesem Verkauf hatte ich es geschafft! Ich fühlte mich reich. Ich dachte daran, dass ich es meinem Vater gezeigt hatte. Ich war noch nicht einmal 30 Jahre alt und war schon jetzt nicht mehr auf meiner Hände Arbeit angewiesen. Na bitte!
Wieso kam keine Freude auf? Was fühlte ich stattdessen?
War das etwa Angst? Unsicherheit? Vielleicht sogar ein wenig Panik? Ich sagte mir, dass der Betrag letztlich doch zu gering war, um sorglos sein zu können und stellte mir vor, dass der Scheck zehnmal so hoch war. Fühlte ich mich jetzt besser? Nein! Ich war zehnmal mehr beunruhigt. Keine Spur von Freude. Das überraschte mich und machte mich ratlos. Mir ging es doch immer nur darum, erfolgreich zu sein, und Erfolg hatte für mich mit viel Geld, Einfluss und Macht zu tun. Wozu all die Arbeit, das Streben nach Geld, Ansehen und Einfluss, wenn es am Ende nicht glücklich macht?
Einige Kilometer später war ich davon überzeugt, dass es im Leben eigentlich um etwas anderes gehen müsse, wenn man wirklich glücklich sein will. Doch um was? Ich hatte keine Ahnung, denn in meinem Leben bin ich mit Themen wie Spiritualität und Selbsterfahrung nie in Berührung gekommen. Den Philosophie- und Religionsunterricht in der Schule hatte ich immer nur als notwendiges Übel in Kauf genommen.
Ja, und das war’s. Mehr ist auf dieser Rückfahrt nichts passiert, außer, dass ich mir vornahm, den Glücksfaktor herauszufinden.
Hat sich diese »Kraft« dann wieder eingeschaltet, als sie mir eine Kollegin ins Leben brachte, die Yogalehrerin war? Ich war fasziniert von ihrem Wissen und ihrer freundlichen Ausstrahlung und verlor keine Gelegenheit, sie mit meinem Wissensdurst zu überschütten. Sie genoss es ihrerseits, über all die Themen zu sprechen, die ausnahmslos Neuland für mich waren.
Ich begann eine Heilpraktiker-Ausbildung. Ich wollte etwas Sinnvolles lernen, Menschen helfen, nicht mehr dem Geld nachjagen. Wusste ich doch jetzt, dass dies der falsche Weg für mich war.
Die magische Anziehungskraft meiner Zukunft
Und dann gab es einen weiteren Impuls der »Kraft«,