Die Herrinnen von nebenan - Folge 2. Emanuel J.

Die Herrinnen von nebenan - Folge 2 - Emanuel J.


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harten Gesichtszügen, dem ein bisschen zu breiten Kreuz und dem etwas zu schmalen Becken. Sie war gekonnt geschminkt, hatte sich die Fingernägel rot lackiert, trug eine Perücke mit langem dunkelbraunem Haar, ein rosa Faltenröckchen und eine rüschenbesetzte weiße Bluse, weiblich gerundet (vermutlich von den gleichen Schaumstoffeinlagen, die auch Daniel benutzte). Die Beine wurden von weißen Damenstrümpfen umhüllt, die Füße steckten in hochhackigen weißen Schuhen. Dass man die Wünsche eines feminisierten Mannes respektieren und ihn als Frau bezeichnen und natürlich auch behandeln musste, hatte Daniel schon gelernt, und dass es absurd war, ihn mit verstörten Spießeraugen zu betrachten, wenn man selbst ein Zofenkleid trug, stand außer Frage. Trotzdem musste er am Überwinden der letzten Befangenheit noch arbeiten.

      Mit einem scheuen Lächeln nahm Claire die leeren Gläser vom Tablett und legte sie sachte ins schäumend frische Spülwasser. „Bei einer Party wurde ich noch nie vorgeführt. Ein Glück, dass ich hier in der Küche ein bisschen außer Schusslinie bin.“

      O ja, darum war sie wirklich zu beneiden. Am liebsten wäre Daniel hier bei ihr geblieben und einfach nicht mehr hinausgegangen, was aber nur ein Wunschtraum war. Ein aufmunterndes Lächeln noch von Claire, die eigentlich ganz nett war, dann nahm er seinen Mut zusammen und stapfte … nein, schritt wieder ins Wohnzimmer hinaus mit seinem gut beladenen Tablett in Händen und um Eleganz bemüht, soweit möglich.

      Oh, was war das? Draußen in der Diele standen Jasmin, Franziska – und Sascha! Gut sah er aus, ganz in Weiß gekleidet, das dunkle lockige Haar war noch etwas länger als sonst. Jasmin ließ sich vom höflich lächelnden Empfangsburschen ihren kleinen Korb mit Brot und Salz nur widerwillig abnehmen, als werde er ihr geraubt, und als der Typ vor ihr niedersank, um ihre flachen weißen Schuhe zu küssen, schien sie sich sichtlich unwohl zu fühlen.

      Schnell drehte Daniel ihnen den Rücken zu, um bloß nicht von ihnen gesehen zu werden. Was um Himmels willen hatte das zu bedeuten? Wie kamen die beiden zu Sascha, was hatten sie mit ihm zu tun? Sie kannten ihn doch gar nicht! Und was machten sie hier? Um so weit wie möglich von ihnen wegzukommen, schlängelte er sich zwischen einigen herumstehenden Gästen hindurch in Richtung Terrasse, die ebenfalls gut bevölkert war, unter anderem von einem eleganten Pärchen im Alter von etwa Mitte dreißig. Der dunkelhaarige Mann trug einen grauen Anzug, die zigarettenrauchende blonde Frau ein weißes Abendkleid mit tiefem Rückenausschnitt und zwischen ihnen kauerte auf allen vieren ein junger sportlicher Mann, dessen Kleidung aus einem Lederslip und einem Geschirr mit schwarzen Riemen bestand. Als die Frau sachte an seinen Hinterkopf stupste, drehte er das Gesicht nach oben, so weit ihm möglich, während seine Lippen sich öffneten, und so beiläufig, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, schnippte sie die Zigarettenasche in seinen Mund. Das Gesicht sank wieder nach unten und die Umstehenden taten so, als hätten sie nichts gesehen.

      Eine mollige Frau im schwarzen Kleid nahm ein Glas Sekt von Daniels Tablett, und während er rasch vor ihr knickste, wandte sie sich lächelnd an ihren fischäugigen Begleiter. „Sehr apart, so eine Sissy-Zofe. Wir sollten uns für die nächste Party auch eine zulegen.“

      Sissy-Zofe? Das hatte Daniel noch nie gehört. Und wo wollte sich die Dame eine solche besorgen, vielleicht im Sissy-Zofen-Verleih? Blieb nur zu hoffen, dass dieser Verleih nicht Barbara und er nicht die Leihgabe war. Sissy-Zofe! Schon das Wort reichte aus, um ihm Schamesröte ins Gesicht zu treiben (und ein wohliges Kribbeln zu bescheren).

      Eine Stimme erklang hinter ihm, glockenklar und wohlbekannt: „Da ist er ja, mein untreuer Sklave.“ Franziska! Zaudernd dreht er sich zu ihr um. Und zu Jasmin. Und zu Sascha. Beide standen hinter ihr. Mit einem nachsichtigen Lächeln nahm sie ein Glas Orangensaft von seinem Tablett. „Hübsch siehst du aus.“

      Noch wärmer wurden seine Wangen und für einen Moment dachte er daran, den Knicks einfach bleibenzulassen, da aber sah er aus den Augenwinkeln heraus Barbara herankommen, dachte an die Strafe, die ihm eine solche Verweigerung wohl einbringen würde, und beugte ergeben die Knie. Sollte Sascha doch denken, was er wollte! Dieser starrte ihn ungläubig an mit heruntergeklapptem Unterkiefer, als würde er einen knicksenden Mann im Zofenkleid vor sich sehen, und rasch wandte Daniel den Blick von ihm ab. Um dann auch vor Jasmin einen artigen Knicks zu machen, da diese ein Glas Sekt vom Tablett nahm. Wenigstens hielt sich ihre Verstörtheit in Grenzen und war aus ihrem Lächeln sogar so etwas wie Wohlwollen herauszulesen, wenn er sich nicht täuschte. Offenbar hatte sie sich an seinen Anblick halbwegs gewöhnt.

      Barbara war herangekommen mit einem erfreuten Lächeln und nahm Jasmin halb in den Arm, wobei diese aufpassen musste, ihren Sekt nicht zu verschütten. „Schön, dass du gekommen bist.“ Die Umarmung mit Franziska geriet unkomplizierter, da diese ihr Glas Sascha in die Hand drückte. „Halt mal!“ Wortlos nahm er es entgegen, und nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten, schweifte Barbaras Blick von ihr zu ihm und wieder zurück. „Hast du einen Ersatz für Daniel gefunden?“

      Achselzuckend nahm Franziska ihr Glas wieder entgegen. „Er ist mir zugelaufen, könnte man sagen. Er kennt Daniel, die beiden sind Freunde. Und er kennt Isabel. Als er diese mal wieder besuchte und von ihr erfuhr, dass ich aus Madrid zurück bin, stand er am nächsten Tag bei mir vor der Tür. Das war am Mittwoch. Da dachte ich, dass ich ihn ja ein bisschen unter die Fuchtel nehmen könnte, wenn er so wild darauf ist. Mal gucken, wie er sich anstellt.“

      Barbara nahm ihn näher in Augenschein. „Er ist verdammt schön. Wenn du ihm Gehorsam beibringen kannst, hast du einen guten Fang gemacht.“ Sie sah, dass auch er nun rot anlief, und lächelte amüsiert. „Ach, ist er auch ein bisschen geniert? Das macht sie noch reizvoller, wie ich finde.“

      Damit ging sie weiter, um einen weiteren neuen Gast zu begrüßen: Elisabeth, die ohne ihre Schwester gekommen war. Vermutlich hatten die unbarmherzigen Eltern diese mal wieder zu irgendeinem Verwandtschaftstreffen geschleppt, so spekulierte er, während er seinen ziellosen Weg durch den Raum fortsetzte, der erfüllt wurde von Stimmengemurmel und hier und da einem gurrenden Lachen. Bestimmt dreißig Leute befanden sich hier, vielleicht auch mehr, alles elegante Yuppies, zwischen denen inzwischen noch einige weitere Sklaven mehr oder weniger spärlich bekleidet an der Leine von ihrer Herrin umhergeführt wurden; anscheinend gab es mehr von ihnen in der Stadt, als von Daniel für möglich gehalten. Draußen in der Diele saß der Empfangsbursche halb dösend auf einem Stuhl; nur noch selten wurde er von der Türklingel hochgeschreckt zur Begrüßung einer Nachzüglerin.

      Als Daniel zum neuen Beladen seines Tabletts wieder in die Küche kam, war Claire verschwunden und dafür eine Rarität zu bewundern: Die einzige wirklich weibliche Sklavin der ganzen Party, ein junges Mädchen, achtzehn vielleicht, zierlich, schlank, hübsch, bekleidet mit einem kurzen rosa Rock und einem dünnen weißen Top. Sie trug ein schwarzes Lederhalsband, daran angeschlossen eine Leine, von ihrer Herrin gehalten. Diese war kaum älter, kaum größer, kaum fraulicher. Sie trug eine enge Jeans und ebenfalls ein weißes Top, unter dem sich kleine Brüste abzeichneten, von keinem BH geschützt. Ihr blondes Haar war kurz geschnitten, zwei Ringe waren in die Oberlippe gepierct und cool blickten die ultramarinblauen Augen Barbara an. Diese erklärte der Sklavin, was sie zu tun hatte: Die Gläser spülen, ab und zu von draußen die gebrauchten Teller holen, die sich bei den Snacks und Salaten auf dem Esszimmertisch ansammelten, in die Spülmaschine packen und diese bei Bedarf einschalten … Skeptisch wurde Barbaras Blick. „Du kennst dich in einer Küche vermutlich nicht so gut aus?“

      Aus großen braunen Augen schaute das Mädchen sie an, ohne eine Miene zu verziehen, und irritiert schweifte Barbaras Blick zur Blonden.

      Diese zuckte unschuldig mit den Achseln. „Henriette hat heute Nacht an sich rumgefingert. Deshalb hat sie heute Kommunikationsverbot. – Das mit der Küche schafft sie schon. Wenn sie bei mir ist, muss sie ja auch sauber machen. Nicht wahr, Süße?“ Henriette nickte fast unmerklich – und bekam eine Ohrfeige verpasst. Streng klang die Stimme ihrer Herrin. „Ich sagte dir doch, dass Nicken, Kopfschütteln und so weiter ebenfalls zur Kommunikation zählt. Du kannst dich schon mal auf eine saftige Bestrafung freuen.“ Sie legte den Arm um Henriettes Schulter, zog sie zu sich heran, wuschelte liebevoll über das kurze dunkelbraune Haar. Henriette lächelte dankbar und sachte schob ihre Herrin sie von sich weg. „Mach dich an die Arbeit! Ich gucke später wieder nach dir.“ Zusammen mit Barbara verließ sie die Küche und schweigend


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