Frontschweine. Léon Lancee
wegen Überhitzung der Läufe ausgefallen, und diese kurze Unterbrechung in der deutschen Feuerkraft hatte den russischen Sturmlauf gefährlich nahe an die Verteidiger gebracht.
Die Russen hatten sich den deutschen Schützengräben bis auf weniger als fünfzig Meter genähert und schienen nicht mehr aufzuhalten zu sein.
Zielen war nicht mal mehr nötig, und Kurt jagte einen kompletten Gurt Munition in die anstürmenden Reihen.
Die Auswirkung eines Gurts mit fünfzig Patronen war aus dieser kurzen Distanz verheerend.
Das deutsche Mg-34 Maschinengewehr feuerte mit einer Geschwindigkeit von über achthundert Schuss pro Minute.
Blitzschnell wurden immer neue Patronengurte eingeführt, und die Reihen der anstürmenden Russen lichteten sich immer mehr.
Das Schreien der Verletzten übertönte das ´Hurrááááhh` der Angreifer immer mehr.
Der Schweiß lief Kurt in Strömen über das Gesicht, aber er feuerte unbeirrbar weiter.
Das Stoßen und der Rückschlag des Maschinengewehrs gaben ihm ein Gefühl der Macht und des Selbstvertrauens.
Die vorbeipfeifenden Kugeln hörte er nicht, und der Lärm des Kampfes schien von weit her zu kommen.
Er musste jetzt fast quer vor die Stellung entlang schießen, um zu verhindern, dass die Reste der Angreifer den Schützengraben erreichten.
In dem Moment, in dem die Waffe wegen Überhitzung blockierte, sprangen mehrere Russen über den Rand in den deutschen Schützengraben.
Kurt und Michael fassten ihre Schmeisser MP-40 Maschinenpistolen und schossen die letzten Sowjetsoldaten vom Rand des Schützengrabens.
Danach ließen sie ihre Waffe fallen, nahmen ihre Pistole in die eine und ihre Pionierschaufel in die andere Hand und eilten ihren Kameraden zu Hilfe, die in heftige Mann-zu-Mann-Kämpfe mit den eingedrungenen Russen verwickelt waren.
Hauend und schießend bahnten sie sich einen Weg durch den Schützengraben.
Es wurde hart und rücksichtslos gekämpft. Jeder kämpfte ums reine Überleben, es war siegen oder sterben.
Das Schreien der Kämpfenden und Sterbenden übertönte das Knallen der Handfeuerwaffen.
Ein Waffen-SS-Mann schnitt dem Sowjetsoldaten, mit dem er am Boden heftig rang, mit einem heftigen Zug den Hals ab, wurde aber im gleichen Moment von einem anderen Russen mit einem Bajonett in den Rücken gestochen.
Diesem wurde seinerseits von Michael aus kurzer Distanz durch den Kopf geschossen und er war tot, bevor er auf dem Boden aufschlug.
Kurt konnte sich gerade noch ducken, um einem anstürmenden Russen mit einem Bajonett auf dem Gewehr auszuweichen.
Das Bajonett bohrte sich noch durch seinen linken Oberarm und dann in den Boden.
Das Gesicht des stämmigen Russen mit den vor Mordlust flackernden Augen war weniger als einen Meter von seinem entfernt und trotz des stechenden Schmerzes in seinem Arm sah er nur noch dieses Gesicht seines Gegners.
In einem Reflex jagte er ohne Nachdenken drei Kugeln in den Körper des Russen, der dadurch langsam auf die Knie sank.
Der Russe starrte ihn weiter an, griff mit beiden Händen zu Kurts Hals und drückte ihn zu.
In Todesnot drückte Kurt seine Pistole in den Magen des Russen und feuerte noch dreimal.
Ein Blutschwall floss aus dessen geöffnetem Mund, und Kurt sah alles durch einen roten Schleier, als er dann das Bewusstsein verlor. Dass der Körper des enormen Russen auf ihm lag, spürte er nicht mehr.
Unterdessen ging das Gemetzel im Schützengraben unvermindert weiter.
Michael schlug mit seiner Pionierschaufel den Schädel eines Russen ein, der am Boden mit einem verletzten Deutschen rang und wurde sofort darauf von einem Russen angegriffen, der seine leergeschossene Maschinenpistole als Keule verwendete.
Zwei Pistolenschüsse schleuderten seinen Gegner rückwärts in den Schützengraben, wonach Michael sich blitzschnell bücken musste, um dem Stich eines Bajonetts auszuweichen.
Sein Angreifer ließ das Gewehr fallen, zog in einer Bewegung seine Pionierschaufel und schlug Michaels Pistole aus dessen Hand.
Es kam zu einem rasenden Kampf zwischen den beiden Männern, die mit ihrer Pionierschaufel aufeinander ein hauten.
Die Schaufel des Russen prallte nach einem verheerenden Schlag an Michaels Helm ab und verursachte eine blutende Wunde an der Seite seiner Stirn.
Michael wankte und sah, wie der Russe zum letzten Schlag ausholte, als er mitten in seiner Bewegung erstarrte.
Die lange Spitze eines dreikantigen russischen Bajonetts ragte mitten aus dem Brustkorb des Russen hervor und färbte seine Feldbluse rot.
Sein Gegner sank mit einem erstaunten Blick nach vorn, und erst dann sah Michael Max, der mit einem Ruck das Bajonett aus dem Rücken des Russen herauszog.
Während Michael schwindlig und außer Atem mit seinem Rücken an der Wand des Schützengrabens langsam auf den Boden sank, sah er Max und Willy weiterrennen.
Der Kampf um den Schützengraben war fast vorbei, und die übrig gebliebenen russischen Soldaten versuchten vergeblich zu flüchten.
Dazu bekamen sie jedoch keine Chance mehr, und Gefangene wurden im Feuer des Kampfes nicht mehr gemacht.
Der Kampflärm verstummte erst, als der letzte Sowjetsoldat erschossen worden war.
Die meisten deutschen Soldaten sanken erschöpft an der Stelle, an der sie standen, zu Boden, während andere den Sanitätern bei der Versorgung der Verletzten halfen.
Überall lagen oder saßen verletzte Soldaten zwischen den Leichen der Gefallenen.
Manche stöhnten nur, aber andere brüllten vor Schmerzen.
Es waren vor allem die Opfer mit einer Bauchverletzung, die schrien und nur mit Morphininjektionen zur Ruhe zu bringen waren.
Michael saß noch immer auf dem Boden und erholte sich langsam vom Schlag auf seinen Kopf, als Max und Willy sich neben ihm auf den Boden plumpsen ließen. Beide waren mit Blutspritzern bedeckt und blickten verwildert aus den Augen.
Eine Zeitlang blieben sie außer Atem sitzen, ohne ein Wort zu sagen. Michael war der Erste, der die Stille durchbrach. „Hat einer von euch Kurt gesehen?“ fragte er, während er mühsam aufstand, um seine Pistole zu ergreifen, die noch am Boden lag, nachdem der Russe sie aus seiner Hand geschlagen hatte.
Die anderen schüttelten stumm ihren Kopf.
„Dann müssen wir ihn suchen, und die anderen auch. Ich will wissen, ob alle aus unserer Gruppe dieses Gemetzel überlebt haben.“
Max und Willy standen auch auf und zusammen machten sie sich auf die Suche nach den anderen.
Als Ersten fanden sie Kurt, der von einem Sanitäter verbunden wurde. Er war erfreut und überrascht, als er die anderen erblickte. „Bin froh, euch endlich mal wieder zu sehen“, grinste er.
„Natürlich habe ich wieder mal Pech. Es ist nichts als eine Fleischwunde, also nicht genug für eine Woche Ruhe hinter der Front. Ein paar Klammern, und ich darf wieder los, sagen die Metzger hier.“
„Das nennst du Pech“, murrte Max.
„Du Dussel hast wohl mehr Glück gehabt als du meinst. Etwas mehr rechts, und du hättest dich mit einem Stich ins Herz im Walhalla melden dürfen.“
„Bist du imstande, mit uns zu kommen, oder musst du zuerst noch ins Feldlazarett?“ fragte Michael, während der Sanitäter den Schnitt auf seiner Stirn desinfizierte und mit Pflastern ein Stück Verband darauf klebte.
„Nein, es geht schon wieder. Wir wollen zunächst mal sehen, ob wir die anderen finden können, bevor ich mir ein paar Klammern hole. Für solche Kleinigkeiten haben sie im Feldlazarett in diesem Moment