Frontschweine. Léon Lancee

Frontschweine - Léon Lancee


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dass die Wehrmacht deutsche Mädchen an die Front schicken würde.“

      „Wieso deutsche?“ reagierte das Mädchen bissig, während das Lachen wie von Zauberhand von ihrem Gesicht verschwand. „Ich bin Russin, und ich wurde hier zur Arbeit verpflichtet.“

      „Aber du sprichst flüssig Deutsch“, reagierte Kurt erstaunt über ihre heftige Reaktion.

      „Ja, weil ich eine Ausbildung als Deutschlehrerin gemacht habe. Ich bin nicht mal Krankenschwester und habe das auch nicht gelernt. Aber ihr seid fertig und könnt also mit dem Erschießen meiner Landsleute fortfahren.“

      Ohne weiter noch etwas zu sagen, verließ das Mädchen den Raum und schlug die Tür hinter sich zu.

      Michael und Kurt sahen sich verblüfft an. Eine solch heftige Reaktion hatten sie nicht erwartet.

      „Das ist wohl die Höhe“, sagte Kurt erstaunt.

      „Verhalte ich mich mal sympathisch zu einem netten Mädchen, und dann werde ich gleich angeschnauzt. Wie soll ich wissen, dass sie eine Russin ist und keine Deutsche. Zu hören war das auf jeden Fall nicht. Aber sie schien nett zu sein. Ich bin neugierig, was weiter unter ihrer Krankenschwesterhaube steckt.“

      „Wie meinst du?“ fragte Michael misstrauisch.

      „Du lässt dich doch nicht auf dumme Gedanken ein, was? Geh’ dieser Trulla schön aus dem Weg.

      Diese Art schnell eingeschnappter Typen klagen einen nur so wegen Vergewaltigung an, und ehe man sich’s versieht, hat man ein Militärgericht am Hals. Du weißt, dass sie dort nicht kleinlich sind, und für Witze sind diese Burschen gar nicht zu haben. Tue mir bitte den Gefallen und vergiss die Kleine. Komm, wir gehen zur Stellung zurück, denn hier haben wir nichts mehr zu suchen. Wir waren lange genug weg. Ich will wissen, wie es drüben geht. Vielleicht versucht der Iwan es heute noch einmal.“

      Kurt sah ihn erstaunt an. „Du hast leicht reden mit einem bildhübschen russischen Soldatenmädchen als Verlobte.

      Es sieht danach aus, dass du denkst, dass ich die kleine Krankenschwester vergewaltigen möchte. Was macht es nun aus, wenn ich zufällig ein Mädchen nett finde. Oder meinst du, dass nur Offiziere das Recht haben, ein Mädchen anzubandeln, das, wie sich im Nachhinein herausstellt, zufällig zur Gegenseite gehört?“

      Michael sah seinen Freund nachdenklich an.

      Der konnte doch nicht wissen, was er in dieser Bauernscheune mit dem russischen Soldatenmädchen gemacht hatte?

      Sie hatte mit niemandem ein Wort darüber gesprochen, und er selbst hatte auch keinen über diese beschämende Geschichte ins Vertrauen gezogen.

      „Du hast vollkommen recht, Kurt, aber ich meinte es eigentlich nicht wie es sich anhörte. Ich habe sowieso nichts damit zu tun, und was du machst, musst du natürlich selber wissen. Es war nur gut gemeint, um zu verhindern, dass du irgendwie in Schwierigkeiten geraten oder eine Enttäuschung erleben würdest. Die Kleine schien mir nicht gerade sehr deutsch gesinnt, und du wärst nicht der erste Soldat, der während einer Nummer mit einem nett anmutenden Mädchen der Gegenpartei ein Messer in den Rücken bekommt. Aber gut, Schwamm drüber, und ich werde mich nicht mehr ungebeten einmischen. Du bist alt und klug genug, um zu wissen, was du machen oder unterlassen sollst. Lass uns zur Stellung zurückgehen, um zu sehen, ob dort alles in Ordnung ist, denn wir sind mittlerweile lange genug weggewesen.“

      Kurt schlug ihm mit seiner gesunden Hand auf die Schulter.

      „Schon gut, Mensch. Wir wollen tatsächlich zunächst mal sehen, ob die Jungs unsere Verteidigung wieder ein bisschen in Ordnung gebracht haben, denn mich würde es auch nicht wundern, wenn Onkelchen Iwan seine Jünger noch mal auf uns losschickt, bevor dieser Tag vorbei ist. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir dieses Problem lösen können, denn, wenn dies jeden Tag geschieht, verblutet unsere Kompanie genauso schnell wie die Infanteristen, die wir abgelöst haben. Ich meine, dass wir die Lage hier etwas zu leicht aufgefasst haben und die Schlagkraft des Iwans schwer unterschätzt haben.“

      „Das fürchte ich auch“, nickte Michael.

      „Ich denke, dass ich mal mit dem Hauptsturmführer reden soll, denn so kann es nicht weitergehen. Und jeden Tag abwarten, ob es den Sowjets beliebt, uns anzugreifen oder uns mit einem Artilleriebeschuss zu traktieren, wodurch wir jeden Tag eine Reihe erfahrener Männer verlieren, ist auch nicht ideal. Es ist vielleicht am besten, dass du die Aufsicht in unserem Teil der Stellung übernimmst, sodass ich gleich zum Bunker des Stabs weitergehen kann. Mal sehen, was in kurzer Zeit möglich ist. Aber sorg’ dafür, dass die Männer möglichst viel Ruhe bekommen, wenn die Arbeit getan ist, denn es werden noch schwere Wochen, wenn dies hier so weitergeht.“

      Kurz vor der Stellung bog Michael zum Bunker des Stabs ab und ließ sich beim Hauptsturmführer anmelden.

      Er meldete sich vorschriftsmäßig, nachdem er von dessen Adjutanten hereingelassen worden war.

      Der Hauptsturmführer sah von seiner Schreibarbeit auf und erblickte den Verband um Michaels Kopf.

      „Setz’ dich, von Losswitz, und erzähl` mal, wie es um die Dinge bei euch steht. Ich sehe, dass auch du nicht unversehrt davongekommen bist?“

      „Zurzeit geht es ziemlich gut bei uns in der Stellung, Hauptsturmführer. Meine Sorge ist aber, dass wir auf diese Weise genauso verbluten werden wie die Infanteristen, die wir abgelöst haben. Heute Morgen haben wir achtzehn Mann verloren von den hundertachtzig, die die Kompanie zählte. Das sind zehn Prozent des Ganzen allein an Toten, während es auch noch mehr als dreißig Verletzte gibt. Von den Verletzten können wir mehr als die Hälfte vorläufig nicht einsetzen. Und dann zähle ich die Leichtverletzten wie mich nicht mal mit. Das halten wir nicht lange durch, Hauptsturmführer! Wir werden etwas tun müssen, denn wenn dies jeden Tag so weitergeht, hören wir in einer Woche oder zwei zu existieren auf.“

      Hauptsturmführer von Prelow strich mit seinen Händen durch seine Haare. „Die Zahlen kannte ich bereits, aber die Frage ist, was können wir kurzfristig tun? Dank deinem Streifzug kennen wir die genaue Aufstellung der Sowjets und auch ihr Angriffspläne, obgleich die vermutlich bereits geändert wurden. Ich habe für heute Nachmittag Artilleriebeschüsse angefordert, um die Ausgangsstellungen des Iwans zu bombardieren, denn nach ihren Plänen seid ihr morgen wieder auf die gleiche Weise dran. Aber mehr kann ich in diesem Moment auch nicht tun, außer, dass ihr morgen Artillerieunterstützung bekommt, wenn der Russe wieder angreift. Hast du einen Vorschlag?“ Michael schob seinen Stuhl näher an den Tisch, auf dem die Landkarten ausgebreitet waren. „Hauptsturmführer, wäre es eine Idee, den Mannschaften heute weiter Ruhe zu geben und dann in der kommenden Nacht einen Überraschungsangriff auf die Stellungen der Sowjets zu machen. Auf diese Weise verhindern wir den Angriff von morgen und ergreifen wir die Initiative, statt abzuwarten, bis der Iwan angreift. Mit einem Überraschungsangriff meine ich, dass wir zur Überseite schleichen, die Schildwachen ausschalten und dann die ganze Stellung aufrollen und vernichten. Sobald das geschehen ist, ziehen wir uns wieder zurück und unsere Artillerie kann das Feuer eröffnen und die Geschützaufstellungen der Russen dem Erdboden gleichmachen, wobei sie zugleich unseren Rückzug decken. Das bringt uns vorläufig Ruhe, und es erspart viele unnötige Verluste in der kommenden Zeit. Was halten Sie davon?“

      Von Prelow sah nachdenklich vor sich hin und trommelte mit seinen Fingern auf die Tischplatte.

      Sein Gesicht heiterte sich auf, als er auf den Vorschlag reagierte. „Es ist ein gewagter Plan, aber es ist auch ein guter Plan. Gut, weil der Iwan dies nach mehreren Wochen, in denen seitens der Deutschen nichts als verteidigt wurde, niemals von uns erwarten wird. Das Überraschungsmoment liegt dann ganz auf unserer Seite. Das müsste gelingen!“

      Er rief seinen Adjutanten und erteilte ihm den Auftrag, der ganzen Kompanie Ruhe zu geben und die Posten von den benachbarten Kompanien besetzen zu lassen.

      „Und alle Zug- und Gruppenführer um fünf Uhr hier versammeln“, rief er dem Adjutanten nach. „Diese Sache müssen wir mit einer kompletten Kompanie schaukeln können. Natürlich bin ich mit meinen Kradfahrern auch dabei. Wir wollen nun die Pläne ausarbeiten, aber zuerst muss ich den Standartenführer


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