Von unten nach oben - Eine Lebensgeschichte. George Eiselt

Von unten nach oben - Eine Lebensgeschichte - George Eiselt


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mit zwei

      Anhängern sowie eine Dampflokomotive, natürlich in diesem Fall elektrisch betrieben, mit mehreren Anhängern im Einsatz. Gesteuert wurde das alles über ein von meinem Bruder geschaffenes Schaltpult, man konnte sogar zwei Züge gleichzeitig auf getrennten Schienensträngen gegenläufig fahren lassen.

      Ich möchte ja nicht prahlen, aber mit dieser Anlage hätten wir heutzutage bei Ausstellungen bestimmt deftige Preise eingeheimst. Ca. ein halbes Jahr lang hatten wir an den Wochenenden immer viele Freunde zum Spielen bei uns, bis dann allmählich das Interesse abnahm. Die Anlage wurde dann nach einiger Zeit bei uns auf dem Dachboden in unserer Dachkammer deponiert und ich glaube, meine Eltern waren auch froh, dass an den Wochenenden wieder Ruhe bei uns einkehrte.

      Während der Grundschulzeit gehörte ich einer Gruppe, man kann schon fast sagen „Gang“, an, die aus vier Köpfen bestand. Einer davon lebte fast gegenüber unserer Grundschule in einem Wohnhaus auf einem großen Betriebsgelände, das Tag und Nacht von einem Pförtner in einem Pförtnerhäuschen bewacht wurde. Die anderen beiden stammten aus für die damalige Zeit relativ wohlhabenden Familien. Ich war in dieser Gruppe nicht nur der Kleinste, sondern in gewisser Hinsicht auch der Mittelloseste. Das kam besonders an den Kindergeburtstagsfeiern zum Ausdruck, bei welchen ich natürlich immer meine besten Kleidungsstücke am Körper trug, die aber nicht so salopp aussahen, wie die Sachen meiner Schulkameraden. Das lag vor allem daran, dass ich als das drittgeborene Kind immer die nicht mehr ganz so neuen Sachen meiner Brüder tragen musste und mich speziell zu den vorgenannten Anlässen immer sehr unwohl darin fühlte. Dazu kam noch, dass mein Geschenk sich gegenüber den anderen auch als sehr mickerig ausmachte. Dass die Eltern meiner Schulfreunde darüber ganz anders dachten, begriff ich damals mit meinem kindlichen Gemüt noch nicht so richtig.

      Aber das sei nur nebenbei erwähnt. Auf diesem Betriebsgelände nunmehr befand sich neben einer Wäschemangel, wo meine Mutter immer die Bettwäsche von uns mangelte, eine Metallfabrik und eine Holzverarbeitungsfabrik, zu denen jeweils ein großer Lagerplatz gehörte. In der Metallfabrik wurden unter anderem große Aluminiumtöpfe mit Deckel mit einem Durchmesser von ungefähr 80 cm hergestellt und in der Holzfabrik wurden Paletten gefertigt. Auf dem Holzlagerplatz wiederum befanden sich zwei nebeneinanderliegende Schienenstränge, die in etwa 100 m lang und auf denen einfache Eisenloren abgestellt waren, womit die Paletten transportiert wurden. Diese Loren beluden wir mit handlichen Holzklötzen und mit jeweils zwei Mann Besatzung fuhren wir jeder auf seinem Schienenstrang aufeinander zu und bewarfen uns dabei mit den Holzstücken. Als Schutzschilde dienten uns dabei die mit einem Griff versehenen Aluminiumdeckel. Diesen Wettkampf betrieben wir in der Regel so lange, bis wir total erschöpft waren, denn das dauernde Schieben der Loren war ziemlich kraftanstrengend. Im Nachhinein wundere ich mich jetzt noch, dass wir dabei bis auf kleinere Blessuren keine schwerwiegenderen Verletzungen erlitten haben.

      Anschließend erholten wir uns von den Strapazen in einem zweigeschossigen budenähnlichen Anbau, der sich mit einem separaten Eingang auf der Rückseite des Wohnhauses meines Schulfreundes befand und den er ganz allein für sich selbst nutzen durfte. Die Räume waren für unser Empfinden ziemlich komfortabel ausgestattet mit einer alten Couch, mehreren alten ausgedienten Autositzen sowie einem Tisch mit einigen Stühlen. Das Besondere an diesen Räumen war jedoch, dass wir in der oberen Etage, die nur mit einer einfachen Sprossenleiter zu erreichen war, diverse Sachen lagerten, die eigentlich noch nicht für unsere kindlichen Gemüter bestimmt waren, nämlich alkoholische Getränke verschiedenster Art sowie Zigaretten. Nun wird sich manch einer fragen, woher denn das Geld für diese Artikel stammte, denn unser sehr schmal bemessenes Taschengeld hätte dafür bei weitem nicht ausgereicht. Die Lösung dafür ist ganz einfach zu erläutern, denn wir haben diese Einkäufe bargeldlos getätigt. Bezugnehmend auf die Zeit, in der dieses hier vorliegende Werk geschrieben wurde, nämlich im Jahr 2020, kann man also getrost sagen, dass wir mit unserer bargeldlosen Zahlungsweise schon als Vorreiter des heute üblichen Geldverkehrs angesehen werden konnten.

      Damals gab es noch nicht diese großen Kaufhallen wie heutzutage, sondern fast ausschließlich kleine Tante-Emma-Läden. Das waren also Läden, wo einige Regale mit den angebotenen Artikeln ringsherum an den Wänden standen und der Verkäufer hinter einer Ladentheke mit Registrierkasse stand. Unsere Vorgehensweise war im Prinzip immer die gleiche. Während zwei von uns den Verkäufer in ein Gespräch verwickelten und ihn nach irgendwelchen Artikeln befragten, die er nach unseren vorherigen Auskundschaftungen garantiert nicht im Sortiment hatte, tätigten die beiden anderen die sogenannten bargeldlosen Einkäufe. Dabei kam es natürlich öfter vor, dass der Verkäufer uns dabei erwischte, wenn wir etwas still und leise in unseren Taschen verschwinden ließen. Einmal z.B. fiel ein ca. ein Meter hoher pyramidenähnlicher Aufbau mit Süßigkeiten in sich zusammen, als wir davon etwas in unseren Taschen verschwinden lassen wollten. Bevor er aber hinter seiner Ladentheke hervorkam, um uns sozusagen dingfest zu machen, rannten wir wie die Wiesel in vier verschiedenen Richtungen aus dem Laden und trafen uns kurz darauf an einem vorher vereinbarten Ort. Danach bezogen wir wieder unsere gemütliche Bude, um unsere heroischen Erfolge mit Alkohol zu begießen und dabei natürlich auch eine oder mehrere Zigaretten inhalierten. Mir ist bis heute noch nicht so richtig klar, wie ich das alles vor meinen Eltern verheimlichen konnte, denn irgendwie müsste ja ein gewisser Mundgeruch von unserem Tun am Abend vorhanden gewesen sein.

      Im Zusammenhang mit oben genanntem Holzplatz wäre noch erwähnenswert, dass sich darauf auch ein künstlich angelegter Feuerlöschteich befand, der eine Abmessung von ca. 20 x 20 m hatte und an seiner tiefsten Stelle so ca. 4 m Tiefe aufwies. Dieser Teich fror in den damaligen Wintern regelmäßig zu, so dass wir ihn privat für uns für Eishockeywettkämpfe nutzen konnten. Die Schläger fertigten wir uns aus den Holzteilen des Holzplatzes und als Schlittschuhe hatten wir solche, die man mit einer kleinen Kurbel an den Schuhen befestigen musste. Hierbei passierte es schon manchmal, dass, wenn man mal stolperte, sich der Schlittschuh löste und dabei ein Stück Untersohle von der Hacke des Schuhes mit daran hing. Dieser Schaden konnte jedoch von meinem Vater problemlos behoben werden, denn er besaß einen sogenannten Schusterdreifuß, mittels dem er die Sohle wieder befestigte. Dies erfolgte sogar ohne jegliche Rüge, denn der Schaden war ja bei einer sinnvollen Freizeitgestaltung entstanden.

      Nach Beendigung der Grundschule, also nach der achten Klasse, wollte ich die Schule verlassen und eine Lehre als Dreher beginnen in den Pumpenwerken Halle/Saale. Irgendwer muss mir diesen Beruf als sehr erstrebenswert eingeredet haben, jedoch dachte mein Vater völlig anders darüber. Obwohl ich schon einen unterschriebenen Lehrvertrag in der Tasche hatte, musste ich mich dem Willen meines Vaters beugen und selbigen wieder auflösen. Dafür meldete er mich in der Mittelschule an, mit dem Ziel des Erlangens des mittleren Reifezeugnisses nach der 10. Klasse. Dem musste ich mich letztendlich fügen und wechselte auf die Johannesschule, da in meiner bisherigen Schule ein höherer Abschluss nicht möglich war. Diese Schule war zu Fuß etwa 30 Minuten von unserer Wohnung entfernt, also völlig problemlos zu erreichen. Aus heutiger Sicht müsste ich meinem Vater für diese Schulentscheidung mehr als dankbar sein, aber zur damaligen Zeit hatte ich eben noch nicht den dafür erforderlichen Weisheitsgrad.

      In den zwei Jahren des Besuches der Mittelschule jedoch musste mein Vater wiederum Ereignisse meinerseits verkraften, die sich einerseits aus dem Umgang mit dem von mir ausgewählten neuen Freundeskreis an der neuen Schule sowie andererseits aus einem neuerdings von mir neu endeckten experimentellem Tatendrang ergaben. Die erwähnten Ereignisse betrafen hier ausnahmsweise mal nicht die schulnotenbezogene Seite, denn die ließ meiner Meinung nach nichts zu wünschen übrig. Ich hatte während dieser Zeit durchgängig gute bis durchschnittliche Noten, was sich wahrscheinlich damit begründen lässt, dass bei mir schon ein gewisser Reifeprozess einsetzte. Sie hingen vielmehr mit dem schulwechselbedingten neuen Freundeskreis zusammen, den ich mir zulegte. Ich muss hierzu erwähnen, dass ich mich komischerweise immer mit solchen Freunden umgab, die eigentlich nicht dem von meinen Eltern gewünschten Umgang entsprachen. Diese seltsame Tatsache begleitete mich im Prinzip fast bis zum Ende meines 25. Lebensjahres. Das war zufälligerweise auch das Jahr, als ich meine jetzige Frau kennenlernte, also der Lebensabschnitt, der auf den folgte, wo man sich, wie man so sagt, schon die Hörner abgestoßen haben sollte. Sie behauptet heute noch, dass ich nur durch sie auf den rechten Weg geleitet worden bin, was sich allerdings nicht ganz mit meiner Meinung deckt.

      Nun zu dem von mir neu entdeckten


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