Europa - Tragödie eines Mondes. Uwe Roth

Europa - Tragödie eines Mondes - Uwe Roth


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nachgingen, unterbrachen für kurze Zeit ihre Arbeit und schauten zu Zeru, wie sie graziös ihre Flossenbeine bewegte. Den Schwung bis zum letzten ausnutzend, schwebte sie an Verkum vorbei. Der bewunderte, wie an jedem neuen Zyklus, ihre wunderschöne Erscheinung. So graziös, wie sie in den Raum schwamm, beendete sie nun auch ihren Weg zu ihrem Arbeitsplatz.

      „Du bist aber gut gelaunt“, stellte Verkum fest. Das war sie wirklich, musste sie selbst feststellen. Sie wusste auch, dass sie dazu allen Grund hatte. Sie würde immerhin bald eine aufregende Reise antreten.

      „Ja, bin ich das?“, neckte sie Verkum. Sie wusste, dass er sie gerne als Partnerin hätte. Aber sie wollte sich noch nicht binden. Schon gar nicht vor dieser Reise. Der Projektleiter Bereu saß an der Empfangsanlage und gab Daten ein. Seine, mit dem Alter entsprechend laschen, faltigen mit Schwimmhäuten überzogenen Hände, huschten nur so über die Vakuumbildschirme. Diagramme und Daten erschienen, wurden bearbeitet und verschwanden wieder, um neuen Daten Platz zu schaffen. Zeru begrüßte ihn besonders höflich. Er erwiderte ihren Gruß mit einem leichten Lächeln und wandte sich erneut dem Monitor zu. Anschließend begrüßte sie die übrigen Mitarbeiter.

      „Gruß an alle.“ Zeru nickte allen zu und schwamm an eine Datenverarbeitungskonsole, kurz DVK genannt, und öffnete ein Eingabemenü. Sie öffnete die Datei mit den vor einigen Zyklen aufgefangenen Signalen. Auf dem Bildschirm erschien eine Reihe von Diagrammen, die unterschiedlich hohe Amplituden aufwiesen. Zeru sah sich die Eingangszeiten der Signale genauer an und bemerkte eine Gemeinsamkeit der Daten.

      „Professor, sehen sie“, forderte sie den Professor auf, sich ihre Beobachtung anzusehen, „Die Empfangsstärke ändert sich im Verhältnis zu den Eingangszeiten.“ Der Professor schwamm augenblicklich zu ihr rüber. Er hoffte nun endlich, einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, wie sie mit den Signalen umgehen sollten.

      „Zeig her, Zeru, das würde bedeuten, dass...“, er überlegte kurz und versuchte das Erfahrene zusammenzusetzen und spekulierte schließlich weiter, “irgendetwas, die Signale stärker werden lässt“, beendete er seinen Gedankengang.

      Für Zeru stand diese Erkenntnis schon beim Betrachten der Daten fest. Aber sie wollte dem alten Mann nicht sein Recht auf Alterserkenntnis rauben. Sie wusste, dass er ihr jeden Erfolg gönnte. Aber in diesem Fall - er arbeitete immerhin schon länger in dieser Einrichtung als sie. Außerdem war er ihr Mentor, deshalb wollte sie ihm einfach den Vortritt lassen.

      „Was haben wir Neues aufgefangen?“, fragte Verkum, der Techniker in der Runde. Auch er bekam mit, wie Zeru dem Professor etwas zeigte, das den Professor in Aufregung versetzte.

      „Kommen sie her, Verkum. Wir könnten ihr technisches Verständnis gebrauchen.“

      „Ich helfe gerne bei technischen Dingen aus“, scherzte er und schwamm zu den anderen.

      „Vielleicht können Sie uns das erklären?“, hoffte Bereu. Er schlug einmal kräftig seine Flossenbeine und war im nu bei den anderen. In jedem der fünf Wissenschaftler, die sich in dem Raum aufhielten, blitzte es regelrecht in den Augen. Verkum sah sich ebenfalls die Daten an, konnte aber nichts Außergewöhnliches erkenne.

      „Tja, ich kann nichts Ungewöhnliches erkennen“, erklärte Verkum verlegen. Professor Bereu überlegte und schien nun eine vage Erklärung für die Daten parat zu haben. Deshalb ergriff Bereu als erster das Wort, indem er sich zu Verkum umdrehte. Er fing an zu erklären, um was es sich bei den eingegangenen Daten handeln könnte, die in den letzten Ruhezyklen empfangen wurden.

      „Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber wenn ich dies hier richtig interpretiere, dann sieht es so aus, als ob die, die die Signale gesendet haben, entweder die Stärke der Signale erhöht haben, oder...“, er machte eine kleine Pause und sah jetzt zu Zeru, die zustimmend nickte, “der Sender hat sich an uns angenähert.“ Er sah seine Mitarbeiter einen nach dem anderen an und beendete den Rundblick bei Zeru. Er gab ihr zu verstehen, sie solle die Erklärung weiterführen.

      „Das würde bedeuten“, fuhr sie fort, „wenn dort oben irgendetwas oder irgendwer existiert, dann hat er sich uns zubewegt. Er ist uns nähergekommen.“ Sie fühlte sich in dieser Situation wunderbar und war ihrem Professor sehr dankbar für diese Chance reden zu dürfen. Die letzten Minuten waren so aufregend, fand sie. Und wünschte, es würde nie zu Ende gehen. Sie würde sicher lange damit beschäftigt sein, diese Datenmengen auszuwerten.

      „Jetzt wissen wir also, dass wir unsere Antennen auf den richtigen Punkt gerichtet haben“, folgerte Verkum, der hoffte von Zeru anerkennend gelobt zu werden, da er es war, der den Vorschlag machte, die Antennen auf den errechneten Ausgangspunkt der Befallskatastrophe auszurichten. Zeru nickte dem Techniker anerkennend zu, was Verkum verlegen machte.

      „Da hast du sehr gutes Gespür gezeigt, Verkum.“

      „Da unsere liebe Zeru nicht mehr lange zur Verfügung steht, sollten wir keine Zeit verlieren. Wir haben noch viel zu analysieren, Freunde“, unterbrach Bereu den Disput und forderte alle auf, an ihre Arbeit zu gehen. Zeru ging an ihren DKV und öffnete sich die empfangenen Signale einzeln auf ihren Bildschirm. Nach längerem Vergleichen und Interpretieren machte sie noch eine erstaunliche Feststellung.

      Umso energischer wurde sie in ihrer Überzeugung bestärkt, etwas Wichtiges entdeckt zu haben. Sie würde jetzt ohne Professor Bereus Erlaubnis ihre Theorie dazu erläutern.

      „Professor, ich glaube es sind immer die gleichen Datenblöcke, die wir von dort empfangen.“ Sie war sehr nervös, denn sie wusste nicht so recht, wie der Professor auf ihren Vorstoß reagieren würde. Sie schickte ihre Daten an den Rechner des Professors. Der öffnete die Datei und sah sich Zerus Erkenntnisse an.

      „Ah, ich habe die Daten jetzt auf meinem DVK.“ Der Professor sah sich die Struktur der Daten an und erkannte, dass Zeru auf dem richtigen Weg war und sah, genauso wie sie, eine Gemeinsamkeit.

      „Professor Bereu, was ist, wenn das Funksignale sind?“ Alle sahen sie erstaunt an. Professor Bereu überlegte angespannt und ergriff schließlich das Wort. Er sah nicht erbost aus, dachte Zeru. Aber etwas eingeschüchtert schaute sie ihren Professor doch an. Der wusste, wie seine junge Kollegin tickte. Sie war sehr impulsiv, manchmal preschte sie sogar vor, ohne nachzudenken. Aber hier hatte sie eine logische Folgerung der Daten hervorgebracht. Andere ältere Professoren wären jetzt sehr böse auf sie aber er war keiner von diesen alten Rückständlern.

      „Du meinst also, dass da irgendetwas ist, was durch den Schleier Funksignale zu uns sendet? Aber das würde ja bedeuten…“, ihm stockte fast der Atem bei den weiteren Worten.

      „Nein, nicht uns direkt. Aber sie sind vielleicht unbeabsichtigt zu uns gelangt“, überlegte Zeru und legte ihren Kopf etwas schräg, was bei ihr ein Ausdruck von Verlegenheit war. Die Angst mit solchen Äußerungen nur Hohn und Spott zu ernten war groß, dass hatte sie ja schon des Öfteren feststellen müssen. Aber hier, in dieser Runde, brauchte sie davor keine Angst zu haben. Sie wusste, dass sie eine voll respektierte Mitarbeiterin in ihrem Institut war. Und ihr war auch bewusst, dass sie von allen ernst genommen wurde. Ihre Mitarbeiter wussten, wenn Vorschläge zu einem Problem aus ihrem Mund kamen, dann waren das immer handfeste Argumente.

      „Wenn dort wirklich intelligentes Leben wäre und uns diese Signale schicken würde oder wenn sie nur durch Zufall zu uns gelangen. Das wäre unglaublich.“

      Der Professor schüttelte ungläubig den Kopf und hantierte an seinem DVK herum. Alle Mitarbeiter sahen gespannt auf das, was der Professor tat. Immer wieder schüttelte er langsam den Kopf und sprach dabei mit sich selbst.

      Zeru konnte die Worte ganz deutlich hören: „Das würde unsere Weltanschauung über den Haufen werfen. Sollten dort oben wirklich Geschöpfe existieren, die sogar in der Lage sind, irgendwelche Signale zu senden? Eine Sensation.“ Diese spießigen, vom Glauben über die Einzigartigkeit der Maborier verblendeten, Gruppen waren Zeru schon lange ein Dorn im Auge. Sie war fest davon überzeugt, dass sie nicht die einzigen intelligenten Wesen in dieser Welt waren. Die Antworten dazu lagen im Schleier. Und diese Antworten würden sie noch sehr überraschen. Davon war sie fest überzeugt.

      Der Professor spekulierte und kombinierte leise vor sich


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