Mord-Art. Sigrid Drübbisch

Mord-Art - Sigrid Drübbisch


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dann in der Gerichtsmedizin, wenn wir so weit sind!“

      8. Ankunft

      – Föhr, Wyk; Mittwoch –

      Heinz öffnete die Schiebetür vom VW-Bus.

      „Da bist du ja endlich“, rief er.

      „Du nervst!“, entgegnete Bernd gereizt.

      „Komm rein, es ist schruppig und immer noch windig draußen.“

      „Dat kannse wohl sagen“, ließ Bernd im Ruhrpottjargon verlauten.

      Heinz musste grinsen, wie er vor der Tür stand und seine Brille zurechtrückte, und ihn mit seinen hellblauen Augen ansah, die durch die Gläser noch größer wirkten. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der um Einlass bat.

      ‚Du meine Güte‘, dachte er, ‚Habe ich mir da den Richtigen für unser Vorhaben ausgesucht? Manchmal erinnert er mich an einen unreifen Bengel.‘

      Bernd kroch in den Bus und rieb sich fröstelnd die Hände. „Diese blöde Insel geht mir schon jetzt auf den Keks. Wat die dämlichen Weiber hier wollen, weiß kein Mensch.“

      „Zwei Ausstellungen, du Dussel! Hasse die Theaterrequisiten mitgebracht?“, wollte Heinz wissen.

      „Nee, wie kommse darauf? Kuck mich an“, knurrte Bernd.

      „Du Blödmann, für Scherze bin ich nicht aufgelegt. Aber gut siehse aus mit deinem Vollbart und Schirmmütze. Damit kannst du auf dem nächsten Schiff anheuern. Ich hätte dich kaum wiedererkannt.“

      „Dat is Können, mein Lieber! Schließlich arbeite ich im Bochumer Schauspielhaus als Maskenbildner! Hab ich kurz vor dem Anlegen auf’m Klo gemacht.“

      „Dat stimmt“, pflichtete Heinz ihm bei. „Du kanns schon wat! Dass wir die Weiber in Witten gut abgefüllt haben, war ne tolle Nummer, die waren hackendicht.“

      „Und hier machen wir es noch besser, darauf kannse einen lassen!“

      „Auf jeden Fall! Übung und Planung is allet! Gib mir fünf, Kollege. Soll ich mal schnell zur Fischbude rennen und einen Bratfisch für jeden besorgen? Ich habe einen Bärenhunger. Dafür brauche ich allerdings deine Verwandlungskünste, damit uns niemand auf der Insel erkennt ...“, schlug Heinz vor.

      „Ja sicher.“ Bernd klappte einen Koffer auf und zog eine Perücke und einen Hut hervor. Eine dicke schwarze Hornbrille sollte das Bild abrunden. Im neuen Outfit verließ Heinz den Bus.

      Nach zehn Minuten kam er zurück und klopfte an die Bustür.

      „Du meine Güte, hast du den Fisch in München gekauft? Oder warum hat das so lange gedauert?“, wurde er von Bernd gleich angeraunzt.

      „Jetzt mach mal halblang! Schneller ging es nicht“, maulte Heinz. „Komm mal runner. Du reagierst ja wie ein HB-Männchen. So können wir nicht zusammenarbeiten, dann geht alles schief, das garantiere ich dir.“

      „Ist ja gut! Ich besser mich.“

      „Dat will ich meinen.“

      Heinz klappte einen Tisch aus, der mit einem Standbein arretiert wurde. Bernd öffnete gierig die Tüte und begann den Bratfisch mit Kartoffelsalat zu verschlingen.

      Heinz griff unter die Sitzbank, öffnete eine Klappe und zog ein Paket heraus. „Rate mal, was hier drin ist?“

      „Ein Stockfisch?“, fragte Bernd.

      „Nee, das sind unsere Insel-Kennzeichen für beide Autos. Ich habe mehrere zum Wechseln organisiert. Diese Kennzeichen sind von Fahrzeugen vom gleichen Fabrikat und Farbe wie dein Audi und mein Camper. Wenn die Farbe der Autos zum Kennzeichen passt, sticht das bei Kontrollen nicht sofort ins Auge. Erst wenn man die Fahrzeugnummern vergleicht, kann man uns auf die Schliche kommen. Natürlich habe ich auch die dazugehörigen Papiere organisiert. Die RAF hat es damals auch so gemacht. Diverse abziehbare, mehrfach verwendbare Aufkleber für unsere Autos, die wir variieren können, findest du auch in meiner Überraschungskiste. Sie sind schnell und bequem anzubringen und ohne Spuren wieder zu entfernen. Eine Anfertigung einer Spezialfirma. Damit kann man wunderbar verwirren.“

      „Wie geil ist das denn?“ Bernd schmatzte vor Vergnügen. „Es war bestimmt schwierig daran zu kommen.“

      „Nee, war leicht! Ich habe doch früher mal im Knast für die Knackis Bildhauerkurse gegeben. Einige Typen, die jetzt wieder auf freiem Fuß sind, haben mir einen Gefallen getan“, erklärte Heinz. „Einige der Jungs arbeiten auf Schrottplätzen. Da kann man schon mal was organisieren ...“

      „Wofür doch edle Taten gut sein können ...“ Bernd schlug Heinz begeistert auf die Schulter und verschlang den letzten Bissen von dem Fisch.

      „Und weißt du was?“

      „Nee.“

      Heinz palaverte munter weiter: „Ein guter Freund von mir war hier auf der Insel und hat am Südstrand in einer Ferienwohnung gewohnt. Er hat mir erzählt, dass er auf einem Spaziergang eine alte, unbewohnte Villa mit Swimmingpool entdeckt hat. Er hat mir Fotos und Videos gezeigt. Die Villa ist völlig zugewachsen und nicht von der Straße oder vom Strand einsehbar. Ist das ein Brüller?“

      „Das ist ein Ding.“

      „Nun mach den Mund wieder zu. Schau mal.“ Heinz zeigte auf einen digitalen Inverter Stromerzeuger.

      „Wofür brauchen wir den?“

      „Die Villa ist unbewohnt, ohne Wasser und Strom. Mit diesem speziellen Stromerzeuger ist es unter anderem auch möglich, hochempfindliche Geräte wie unsere Laptops zu betreiben. Er ist besonders leise, was wichtig ist. Zum Aufladen der Handys benutzen wir Solar-Powerbanks. Trinkwasser müssen wir natürlich kaufen. Auf das Duschen verzichten wir, das ist zu gefährlich. Wir waschen uns auf den Behindertentoiletten am Hafen. Ich weiß, wo welche sind. Die kann man separat begehen. Wir müssen gut aufpassen, dass uns niemand erkennt. Kapiert?“

      „Okay! Hast du auch an Lichtquellen und an eine Heizmöglichkeit gedacht?“

      „Na klar, Kerzen, zwei Campingleuchten, die wir mit einer Gaskartusche betreiben. Eine starke, kleine Katalytheizung, die auch gern von Anglern benutzt wird. Eine zusätzliche 5-kg-Gasflasche. Damit kommen wir zwei bis drei Tage aus. Dann sollten wir das Ganze erledigt haben und verschwinden. Wechseln können wir die Flaschen an verschiedenen Stellen auf der Insel. Eine große 11-kg-Gasflasche habe ich hier noch im Bus.“

      „Hast du auch Schlafsäcke besorgt?“

      „Na klar, und Isomatten.“

      „Gut.“

      „Bevor es gleich ganz dunkel ist, sollten wir jetzt die Villa suchen.“ Heinz holte sein Laptop hervor. Er zeigte Bernd auf Google Maps, wo sich die Villa befand.

      „Den Audi lassen wir am Hafen, dort steht er erst einmal gut. Wir fahren mit dem Bus. Die beiden Fahrräder benutzen wir zum Pendeln.“

      „Okay, dann los!“

      9. Mittagspause

      – Föhr, Utersum; Donnerstag –

      Karla hatte herrlich geschlafen. Beim Frühstück wollte sie die Föhrer Nachrichten lesen.

      ‚Ich frage Frau Gedsen, ob sie eine Zeitung hat.‘

      Sie öffnete die Tür ihres Apartments und sah den Inselboten und frische Brötchen auf der Fußmatte liegen.

      ‚Stine Gedsen kann hellsehen.‘ Karla holte die Zeitung rein, die sie ausgiebig studierte.

      Darin stand ein Bericht über die Vernissage im Museum und eine Ankündigung der Ausstellungseröffnung mit tollen Fotos.Die Sonne äugte durch die Wolken. Die Kommissarin öffnete die Terrassentür. Ein kalter Wind fegte über die Insel und in ihr Wohnzimmer. Entspannt und glücklich sah sie dem neuen Tag entgegen.

      Sie dachte an Inge. ‚Es ist verrückt. Ich habe sie


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