Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
zu der Tochter des Wirtes. »Aber Sie müssen Ihre Gäste unbedingt besser erziehen. So long!«
Damit schob er mit den beiden anderen hinaus.
*
Der alte McBride kniff die Augen zusammen und blinzelte den drei Reitern entgegen, die da auf seinen Farmhof zuhielten.
Dann stieß er einen Pfiff aus, und sofort rannten seine Söhne zu ihren Gewehren.
Als der Marshal bemerkte, wie man sich im Farmhof rüstete, forderte er seine beiden Begleiter auf, anzuhalten, und ritt allein weiter.
Der alte McBride stand mit dem Gewehr am Tor. Er hatte eine finstere Miene aufgesetzt.
Wyatt ritt trotzdem weiter und hielt fünf Yards vor ihm an. »Nehmen Sie nur die Flinte herunter, Mister. Ich komme nur mit einer Frage. Mein Name ist Earp, und ich suche meinen Bruder, der…«
Der Brite hatte die Flinte so rasch heruntergenommen, daß der Kolben auf seinem Zeh landete. »Damned«, brüllte er. »Wyatt Earp! Welcome, Sir! Kommen Sie in den Hof. So nach und nach lerne ich ja wohl die ganzen Earp Brothers kennen.«
Der Missourier hielt sich nur wenige Minuten bei dem Schafzüchter auf, verabschiedete sich dann und schlug den Weg nach Westen ein.
Er wußte jetzt mit ziemlicher Gewißheit, daß Virgil nach Haderyk hin-übergeritten war.
*
Es war später Abend, als die drei Haderyk erreicht hatten.
Wyatt rutschte vor dem winzigen weißen Steinbau, von dem aus ein Schild mit der Aufschrift ›Sheriff‹ in die Straße hing, vom Pferd.
Der Texaner blickte die Straße hinunter auf ein Haus, aus dem der plärrende Gesang einer Frauenstimme und das Klimpern einer Gitarre herausdrang.
»Ich werde in der Kneipe nachfragen«, meinte er und wollte seinen Rappen in Bewegung setzen.
Doc Holliday winkte ab. »No, das werde ich diesmal lieber besorgen, sonst kann es uns noch blühen, daß wir das Glück haben, das kostbare Inventar dieser hübschen Cantina bezahlen zu müssen.«
Der Tex feixte, und seine weißen Zähne schimmerten in der Dunkelheit.
»Well, Doc, dann werde ich das Post Office aufsuchen.«
Der Georgier ritt weiter auf die Schenke zu.
Aus der breiten Tür und den beiden Fenstern fiel das Licht in einem warmen gelben Kegel auf den weißen Sand der Straße hinaus. Zu dem Gitarrenspiel und dem Gesang mischte sich jetzt das rhythmische Klappern von Kastagnetten.
Der Spieler stieg vom Pferd, warf die Zügelleine um den Querholm und betrat den breiten, einstufigen Vorbau, auf dem ein paar Männer mit hellen Sombreros herumstanden und miteinander sprachen. Rechts neben der Tür stand ein riesiger Neger.
Doc Holliday schlug mit der Linken die leise klirrenden Perlschnüre im Eingang auseinander und warf einen kurzen forschenden Blick in die von zwei kleinen gelben Petroleumlampen erleuchteten Schenke.
Kaum hatte er den nächsten Schritt vorwärts gemacht, als ihn von rechts her aus dem dunkelsten Winkel der Ka-
schemme ein Schuß anbrüllte.
Die Kugel hatte ihm den rechten Ärmel oben aufgerissen und sengend seine Haut gestreift.
Nur einen Herzschlag später fauchte der Revolver von der rechten Hüfte des Gamblers auf.
Der Schütze in der Ecke schrie gellend los.
Und sofort flog vorn neben der Theke eine Tür auf, in der Phin Clanton stand.
Der Desperado riß den Colt hoch, da traf ihn schon die Kugel des Spielers wie ein glühender Nadelstich im rechten Handrücken.
»Doc Holliday!« Es war Curly Bills Stimme. Sie kam hinten links aus der Ecke, und haarscharf pfiff eine Kugel am linken Ohr des Georgiers vorbei.
Der federte zurück, hatte jetzt beide Revolver in den Fäusten und schoß mit zwei genauen Schüssen die Lampen aus.
In der Schenke herrschte ein wahres Inferno von Schreien, stürzenden Ti-schen, Stühlen und zerspringendem Glas.
Doc Holliday war sofort draußen, nahm sein Pferd und sprengte die Straße hinauf.
Der Marshal kam ihm unter dem Vordach des kleinen Sheriffs Office schon entgegen.
»Luke?« fragte er.
»Nein, diesmal war ich’s«, entgegnete der Gambler trocken, während er aus dem Sattel rutschte und seine Revolver nachlud. »Habe ich ein paar Freunde da drüben im Saloon getroffen.«
»Die Clantons?«
»Yeah, jedenfalls Phin habe ich gesehen. Tom McLowery hockte rechts in einem düsteren Winkel und schoß sofort, als er mich sah. Curly Bill ist übrigens auch drüben.«
Luke Short kam herangesprengt. »He, was ist los? In der Schenke sieht es ja plötzlich so finster aus.«
Wyatt erklärte: »Der Doc hat die Lampen zerschossen.«
»Das war das beste, was er tun konnte«, meinte Short, während er ebenfalls aus dem Sattel rutschte.
Hinter Wyatt war ein dickleibiger, mittelgroßer Mann aufgetaucht, der ein helles Hemd und einen breiten, strohfarbenen Sombrero trug.
Wyatt wendete sich nach ihm um. »Machen Sie das Tor auf, Sheriff, wir müsssen die Pferde in den Hof bringen.«
Der Gesetzeshüter von Haderyk hob beschwörend die Hände. »Ja, aber Sie können mich doch nicht in diese Sache ziehen, Mister Earp. Ike Clanton wird mich…«
»Halt den Schnabel, Dicker!« knurrte der Texaner, sprang auf die Holztür zu und versetzte ihr einen gewaltigen Fußtritt.
Ächzend flog das Tor nach innen auf. Wyatt Earp und Doc Holliday führten die drei Tiere hinein, und der Texaner verschloß das Tor wieder. Dann klopfte er dem händeringenden und knieweich dastehenden Sheriff auf die Schulter.
»Beruhige dich, Amigo, drei so schöne Gäule hat dein Hof noch nie gesehen. Jetzt wirst du ein guter Sheriff sein und ganz schnell drei Eimer mit Wasser für die Pferde in den Hof bringen.«
Nickend trottete der Dickleibige davon.
Die Straße war leer. Wyatt Earp, Doc Holliday und Luke Short standen im Hof des Sheriffs Office und spähten durch eine Bretterritze hinaus.
Drüben in der Cantina war es still geworden.
»Zu still«, meinte der Marshal.
»Wollen wir nicht hinübergehen?« fragte der Texaner. »Ich muß sagen, daß ich einen Drink gebrauchen könnte.«
Wyatt Earp blickte durch die Bretterlücke auf die Straße. »Wir müssen abwarten, was sich da drüben tut. Sie haben Doc Holliday gesehen und wissen also, daß wir in der Stadt sind.«
»Wie nun, wenn die Bande hinter dem Laden auf die Gäule kriecht und abdampft?« wollte der Texaner wissen.
»Das werden sie nicht tun.« Doc Holliday hatte es gesagt. Er wandte sich ab und setzte sich auf eine der steinernen Treppenstufen, die zum Haus hinaufführten.
Luke sah den Marshal an. »Wie kann er das wissen?«
»Weil er die Clantons kennt. Wenn Ike Clanton hier ist, kann er es sich nicht leisten, zu fliehen. Er hält sich für einen mächtigen Mann und muß Wert darauf legen, daß die Bevölkerung der kleinen Städte die Angst vor ihm nicht verliert.«
»Ist denn die ganze Bande hier?«
Wyatt zog die Schultern hoch.
»Und was geschieht jetzt?«
»Nur Geduld, Mister Short. Es gibt Situationen im Leben, in denen man abwarten können muß.«
»Kann ich schon. Habe nur wenig Lust, darauf zu warten, daß die Brüder uns eine Ladung Dynamit hier in den Hof werfen.«