Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
»Er hat dich niedergeschlagen.«
Break riß den Kopf hoch. »Sag so etwas nicht noch einmal, Halunke, sonst knalle ich dich nieder.«
Saunders wich zur Seite.
Und Troub stand im Schußfeld des Bandenchiefs. Der sah ihn an. »Was los war, habe ich gefragt.«
Der einfältige Troub begriff die Gefahr nicht. »Er hat es doch gesagt, Boß. Der Sheriff hat dich niedergeschlagen.«
Da riß Break den Colt hoch, und der Schuß peitschte durch den Raum.
Troub schrie auf und packte sich an die linke Schulter.
»Noch so ein Wort, Bursche, und du brauchst einen Sarg!« schnaufte der Riese, während er sich erhob und zur Theke taumelte.
Die anderen sahen zu, daß sie aus dem gefährlichen Kreis herauskamen, und zogen die Köpfe ein.
Break polterte: »Ich will jetzt wissen, was los war.«
Folgerson krächzte: »Es hat doch keinen Sinn, Boß, daß wir dir irgend etwas vormachen. Du mußt es doch wissen: Earp hat dich mit einem höllischen Uppercut von den Beinen geholt.«
Der ›unschlagbare Jim‹, wie er sich gern bei seinen Leuten nennen ließ, hatte auf einmal ein völlig verändertes Gesicht. Er sagte heiser: »Wiederhole mir das noch einmal, Krummer.«
Der Schlaks wiederholte seine Worte, wobei ihm nicht eben wohl war.
Break fiel auf seinen Stuhl zurück. »Du willst also allen Ernstes behaupten, daß er mich niedergeschlagen hat?«
»Yeah, und das mit einem einzigen Schlag«, konnte sich Troub nicht enthalten, einzuwerfen.
Da schoß Breaks Hand mit dem Revolver vor. Der Lauf traf Troub an der Stirn und ließ eine blutige Schramme zurück.
Und dann tobte der Riese los. Niemand war mehr vor ihm sicher. Die Männer flüchteten aus dem Schankraum. Sogar der Keeper hatte sich davongemacht.
Break stand allein mitten im Raum. Breitbeinig und schwankend. Immer noch nicht hatte er den furchtbaren Schlag, mit dem der Marshal ihn niedergestreckt hatte, völlig überwunden. Es rauschte und dröhnte in seinem Schädel.
Langsam wandte er den Kopf und sah zur Theke hinüber. Da stand eine halbvolle Whiskyflasche. Der Bandit ging darauf zu, packte sie und setzte sie an den Mund. Er sog das brennende braune Naß in gierigen Zügen in sich hinein.
Die Flasche setzte er erst ab, als sie leer war. Mit einem heiseren Wutschrei schleuderte er sie in den großen Thekenspiegel über dem Flaschenbord.
*
Wyatt Earp ging während der Dunkelheit durch die Straßen. Es war alles still.
Von Break und seinen Leuten war absolut nichts zu sehen. Die Lektion, die der Marshal dem Bandenführer erteilt hatte, war nicht wirkungslos verpufft. Vorerst war den Outlaws der Mut zu weiteren Taten vergangen.
Larry Hayes lag mit einer gefährlichen Halsverletzung bei Doc Wilcox auf einer Pritsche. Aber bald stellte sich heraus, daß sein Leben nicht in Gefahr war.
Wyatt Earp fand sich gegen Mitternacht noch einmal an seinem Lager ein und meinte trocken: »Tur mir leid, Brother, aber ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn jemand hinter meinem Rücken oder in der Flanke plötzlich Sehnsucht bekommt, seinen Colt zu lüften…«
Gegen zwei Uhr war Wyatt wieder im Office. Er schloß die Luken, verriegelte die schwere Bohlentür und legte sich angekleidet auf die Pritsche nieder. Die Nacht blieb still.
Gordon Jim Break, der die erste schwere Niederlage seines Lebens hatte hinnehmen müssen, lag sinnlos betrunken im Nebenraum der Bar auf einem verblichenen grünen Sofa und schnarchte, daß man es bis hinaus auf die Straße hören konnte. Draußen über die Vorbauten streunte ein zottiger Hund. Irgendwo weinte ein Kind im Schlaf. Die Stadt war erschöpft von den nervenaufreibenden Ereignissen des vergangenen Tages.
Als der Morgen mit seinem ersten fahlen Grau über den Horizont kroch, stand Wyatt Earp auf. Er kochte sich auf dem kleinen Kanonenofen einen Kaffee und verzehrte von dem Proviant, den er sich in den Satteltaschen mitgebracht hatte.
Es sah alles ganz ruhig und friedlich aus in Orange City. Der Trader Jeremias Fenner, der gegen halb sechs auf dem Kutschbock seines schweren Prärieschoners durch die Mainstreet schaukelte, ahnte nicht, durch welch einen Höllenort er da fuhr.
Der Missourier stand am Fenster und sah ihn vorbeifahren. Er erinnerte sich plötzlich, daß er dem Händler unterwegs begegnet war und ein paar Worte mit ihm gewechselt hatte. Der Mann wollte hinüber nach Nevada, wo er sich bei den Wildpferdjägern oben im Gregory-B ein großes Geschäft versprach.
Es war ein rauhes, hartes Dasein, das man in diesem Land führen mußte.
Auch der alte Barbier Jefferson lag wach auf seinem Lager. Mit Grauen dachte er an den Tag, der da über der Stadt heraufbrach. Was mochte er Orange City, was sich selbst, dem Major bringen? Es war doch ausgeschlossen, daß der Sheriff allein gegen diese Horde aufkam.
Auch die beiden Flanagans lagen mit müden, offenen Augen auf ihren Betten.
Billy war in der Nacht mehrmals aufgewacht und hatte sich ans Fenster gestellt, um zur Mainstreet hinüberzulauschen.
But hatte ihn mehrmals aufgefordert, ins Bett zu gehen. »Schlaf doch endlich, Bill. Er wird es schon machen…«
Billy nickte. »Yeah, ich glaube es auch.«
Aber er glaubte es absolut nicht. Im Gegenteil, er war fest davon überzeugt, daß auch dieser große Kämpfer keine echte Chance gegen die Break-Bande haben könnte.
Zu groß war die Übermacht der anderen. Gab es denn keinen anderen Weg, dieser Horde beizukommen?
Bill hatte oft gehört, daß die bedrängten Bürger anderer Städte Militär angefordert hatten.
Dieser stolze Wyatt Earp würde das ganz gewiß nicht tun. Lieber würde er im Kampf untergehen. Davon war Bill überzeugt.
Es war gegen sechs Uhr, als er sein Pferd sattelte und es aus dem Hof führte. Er würde nach Glereny reiten, um dort im Fort um Hilfe zu bitten.
So sehr er diesen Wyatt Earp verehrte, es war unvorstellbar für ihn, wie dieser Mann allein mit einer solchen Schar von Verbrechern fertig werden sollte.
*
Der kahlköpfige Jonny Fuller, der früher bei Hochbetrieb oft im Utah Saloon ausgeholfen hatte, sah die Stunde seines Lebens gekommen.
Im Laufe mehrerer Jahre hatte er einige hundert Flaschen und Gläser zusammengetragen, die er vorn in seiner großen Stube auf Borden und Tischen aufgebaut hatte.
Es war nur eine winzige Theke, die er sich selbst zurechtgezimmert hatte. Der Wohnraum war schlauchartig und verhältnismäßig groß. Fuller hatte ein paar Tische und Stühle hineingestellt und sogar einen der Tische grün gestrichen.
Seit Tagen hatte er beobachtet, daß die Männer den gefährlichen Utah Saloon mieden, der sonst immer überfüllt war. Das würde seine Stunde werden.
Als es tagte, schloß er die Tür auf und nahm ein Holzschild, auf das er mit ungelenker Schrift und schmieriger roter Farbe geschrieben hatte: Fullers-Bar.
Schon gegen acht nahte der erste Gast.
Es war der Holzarbeiter Ferguson, der auf dem Wege zu seiner Arbeit war. Als er das Schild sah, das Fuller an einen Vorbaupfosten genagelt hatte, blieb er stehen und kraulte sich den wolligen Schädel.
»He, was war das denn? Hat der vielleicht wirklich eine Bar aufgemacht?«
Ferguson stieg auf den Vorbau und blickte in das hochgeschobene Fenster. »Tatsächlich!« Und weil er den neuen Salooner hinter der ›Theke‹ stehen sah, sagte der Holzarbeiter: »He, das ist ein Ding! Schenk ein. Fuller, ich bin schon unterwegs.«
Um neun Uhr hatten sich schon sieben Männer in der neuen Schenke eingefunden.
Aber