MACHETE - Der Passat-Killer von Hawaii. Robert W. Walker

MACHETE - Der Passat-Killer von Hawaii - Robert W. Walker


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sogar Mord zu tun, aber das hier … das ist etwas anderes … die ganze Sache hat etwas Bizarres an sich, etwas … ich weiß nicht … ich kann es nicht genau benennen …«

      »Etwas von einem Ritual vielleicht?«

      Er starrte sie an. »Komisch, dass Sie diesen Begriff verwenden.«

      »Wieso?«

      »Weil Tony und ich unabhängig voneinander dieselbe Idee hatten. Ich glaube, es gibt da eine Verbindung zwischen den Opfern, etwas Ritualhaftes, so was wie ein Muster.«

      »Hört sich an, als hätten Sie beide sich mehr als eine Nacht um die Ohren geschlagen. Wann werde ich diesen Tony treffen?«

      »Morgen – und ja, wir haben nächtelang kein Auge zugetan.« Er schwieg eine Weile, bevor er wieder etwas sagte. »Ich stelle mir das folgendermaßen vor: Im letzten Jahr sind sieben Frauen verschwunden, über einen Zeitraum von drei Monaten. Jetzt haben wir wieder Juli, die Passatwinde sind am stärksten und es werden bereits zwei Menschen vermisst, zumindest wissen wir von zwei … und ich rechne damit, dass es noch fünf weitere werden, bevor der Sommer vorbei ist.«

      »Meinen Sie das mit ritualhaft? Als wäre für den Killer Jagdsaison?«

      »Ja, so als hätte er eben seine Jagdlizenz für dieses Jahr geholt.«

      »Ich habe gehört, dass Menschenhändlerringe in diesem Teil der Welt aktiv sind. Sind Sie sicher, dass nicht einige dieser jungen Frauen einfach Opfer von Menschenhändlern wurden? Da ja keine Leichen aufgetaucht sind, wäre das doch eine Möglichkeit.«

      »Wir haben die Anlegeplätze überwacht. Haben ein paar Steine umgedreht und ein paar Würmer, Spinnen und Ratten aufgescheucht, aber das hat nichts gebracht, Doktor.«

      Sie kamen beim wunderschönen Rainbow Tower im Hilton Hawaii Village in Waikiki an. Parry fuhr die sich hinschlängelnde Kreisstraße entlang und ließ sie vor der Tür aussteigen. »Hören Sie«, sagte er und seine Stimme klang beinahe verschwörerisch, was sowohl merkwürdig als auch ein wenig aufdringlich wirkte, »wenn Sie eine Eskorte brauchen oder mit jemandem essen gehen wollen … Sie können mich unter diesen Nummern erreichen.« Er gab ihr seine Karte und fuhr davon.

      Sie ließ den Blick über die berauschende, aufregende Hauptstadt von Hawaii streifen. Die beinahe unwirklich wirkenden Berghänge waren mit üppigem, dichtem Grün bewachsen und erinnerten sie an einen Urlaub in Irland, allerdings nur an die sonnigsten Tage. Wenn sie sich nach Westen drehte, konnte sie das tiefe Azurblau des Pazifik sehen, das zwischen den Wolkenkratzern hervorblitzte, und sie fühlte den festen Griff des Passatwindes, der über ihre Haut strich. Die Winde waren so stark, dass sie sich vorstellte, sie müsste nur die Arme heben und könnte sich von den Winden wegtragen lassen, wohin sie auch wehten.

      Sie verspürte das Bedürfnis, zum Sand und der Brandung der Wellen zu laufen, den Wunsch, zum Meer zurückzukehren, aus dem Parry sie unsanft gerissen hatte. Am liebsten wäre sie vor der Stadt geflohen, vor Parry, dem FBI und ihrer Verantwortung hier in Oahu. Wieso nicht?, fragte sie sich verzweifelt. Hatte ihre Psychiaterin ihr nicht gesagt, dass es eine Option für sie wäre, das FBI zu verlassen? Dass eine solche Veränderung in ihrem Leben ihr helfen könnte, ihre Kämpfe mit Depression und Angst zu gewinnen?

      Aber ihr Vater hatte keine Drückebergerin großgezogen, also marschierte sie stattdessen energisch in das Hotel, wo sie sofort mitten im Getümmel der Touristen steckte, die an- oder abreisten. Als sie an der Rezeption nach ihrem Schlüssel fragte, war sie wenig überrascht, als man sie informierte, dass es mehrere Nachrichten vom Festland für sie gab – aus Quantico, Virginia.

      Vielleicht konnte sie später an den Pool gehen, den neuen Badeanzug ausprobieren, den sie in dem kleinen Laden in Lahaina auf Maui gefunden hatte … vielleicht …

       Am selben Abend irgendwo in Honolulu

      Er läuft in seinem Haus hin und her, in dem die Möbel alt sind und riesig und schwer. Die Beistelltische aus alten Holzkisten, in denen Lebensmittel transportiert wurden, Kisten, die er einst in grobe Kunstwerke verwandeln wollte, doch sie waren mit der Zeit zu dunkel geworden und die Politur hatte nicht wirklich geholfen. Die Lampen sind ebenfalls selbstgemacht, aus stabilem Holz, das er umsonst bekommen hatte, Abfall von einem Sägewerk. Die alte baumwollbezogene Couch steht zwischen zwei riesigen Lampen mit geschnitzten Gesichtern hawaiianischer Gottheiten, Lampen, die er nur selten benutzt, denn er kann das Licht nicht leiden, das sie spenden. Der Boden klebt von Schmutz, Blut und Samenflüssigkeit. Er putzt nicht gern und ein Teil der Klebrigkeit und des Gestanks ist mittlerweile nicht mehr zu entfernen, ist in den Boden eingezogen, besonders eine Ecke, die vom Blut wie von einer Kruste bedeckt ist.

      Er ist unruhig, ärgert sich über sich selbst und über das, was passiert ist. Sehr lange gab es keine Spur von ihm, seine Arbeit war nur den finsteren Gottheiten der Inseln bekannt. Aber nun liest jeder in Honolulu davon oder sieht die Nachrichten im Fernsehen über seine neuesten Taten, den Mord an den beiden Polizisten, beide Hawaiianer – ein bedauerliches Unglück. Das würde einen Aufschrei auslösen, der nicht so schnell verstummte. Ihm bleibt einzig die Hoffnung, dass jemand anderes für seine Verbrechen verhaftet wird. Die örtliche Polizei macht schon Andeutungen, dass eine Verhaftung kurz bevorsteht.

      Er genießt es, zu sehen, wie aus seinen Verbrechen Politik gemacht wird, der Aufruhr, der unter den verschiedenen Ethnien auf der Insel herrscht. Allerdings hört er kein Wort über das Verschwinden seiner letzten Kelia. Er hat ein oder zwei Artikel über den sogenannten Passat-Killer gelesen, ein Phantom, das die Inseln zwischen April und August heimsucht, aber bisher hat ihn nichts mit den Verbrechen in Verbindung gebracht und die Polizei hatte kein Fitzelchen an Beweisen, dass die Morde überhaupt stattgefunden haben. Sie konnte nur auf das »Verschwinden von Personen« hinweisen. Solange sie keine Leichen finden, denkt er, können sie ihn niemals aufspüren oder verfolgen, selbst wenn sie es wüssten! Da es keinerlei physische Beweise gab oder Augenzeugen, nichts, was ihn mit den Morden in Verbindung brachte – oder sonst irgendjemanden, wo wir schon mal dabei sind –, würde kein US-Gericht den Fall auch nur mit der Kneifzange anfassen. Gott schütze das Blow Hole und die USA.

      Zwei Polizisten, ein Weißer und ein Samoaner, befragten ihn einmal, als sie den Distrikt nach irgendwelchen Zeugen für einen Mord durchkämmten, den er ein Jahr vorher begangen hatte, aber sie kamen nie mehr wieder.

      Sie wissen immer noch nicht, wie er es macht oder welche Waffe er bei seinen Opfern verwendet. Er hat nicht vor, denselben Fehler wie andere Killer zu machen. Seinen Feinden will er nicht die kleinste Genugtuung geben oder die geringste Chance, und sei es durch Magie, ihm gefährlich nahezukommen …

      Ich muss ein wenig schlafen, sagt er sich selbst. Seine Träume wurden gestört von zornig tobenden Göttern, seitdem er diese Dummheit begangen hatte; überhaupt die Aufmerksamkeit der zwei hawaiianischen Polizisten zu erregen und sie dann auch noch umbringen zu müssen. Er träumt von Landschaften, bedeckt von seinem eigenen zerfetzten Fleisch und seinem Blut, von tiefen Tunneln, in die er geworfen wird und in denen Dämonen bizarrer Gestalt und Größe und von grässlicher Farbe ihn zertrampeln und Stücke aus ihm herausreißen. Diese Tunnel sind miteinander verbunden und von den Wänden trieft gelber, dampfender Eiter. In dem Moment, in dem er aus einem entkommt, findet er sich in einem anderen gefangen, rutscht die Wände hinab, unfähig, sein Abwärtstaumeln in ein noch dunkleres Gefängnis, ein dreckiges Loch, zu verhindern. Dantes Inferno oder ein Ort, den nur die hawaiianischen Götter kennen, Kehena?

      Solch unruhiger Schlaf wird ihm morgen bei der Arbeit nicht gerade helfen oder wenn er umherstreift. Es hat noch eine Reihe weiterer Opfer zu bringen, bis die Passatwinde die Inseln verlassen. Die Winde können launisch sein. Sie können jederzeit versiegen.

      Vielleicht wird ihm eine warme Milch mit ein wenig Kakao und ein bisschen Vanille helfen, denkt er. Irgendwo hat er gelesen, dass ein bestimmter Inhaltsstoff in der warmen Milch beim Einschlafen hilft. Trypto-irgendwas.

      Er geht in seine ärmlich ausgestattete Küche in dem heruntergekommenen und vollgestopften Bungalow, die schwarzen Erinnerungen und dunklen Ecken hallen durch sein Bewusstsein. Aus einer kleinen Kühlbox entnimmt er eine Flasche abgestandene Milch.

      Den


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