MACHETE - Der Passat-Killer von Hawaii. Robert W. Walker

MACHETE - Der Passat-Killer von Hawaii - Robert W. Walker


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zu tun. Das Militär hatte anscheinend gesteigertes Interesse an dem Fall der beiden toten hawaiianischen Cops – Boys hatte Marshal sie genannt. Besonders an den Blutproben war er interessiert. Offenbar war er überzeugt, die beiden Polizisten hätten was mit Drogen zu tun gehabt, und wollte das unbedingt beweisen, um weitere Beschwerden der kanakas aus der Gemeinde zu unterbinden, wonach Matrosen aus Pearl Harbor mit den Todesfällen zu tun hatten.

      Offensichtlich wollten Marshal und die militärische Führungsriege aus Pearl Harbor den Hawaiianern klarmachen, die beiden Cops hätten mit einer Kobra geflirtet und diese Kobra hatte sie gebissen, was einzig und allein ihre eigene Schuld war. Es schien, weder das Militär noch die Bundespolizei oder die lokalen Gesetzeshüter wussten so viel wie Parry und er war vielleicht mit seinem Verdacht allein auf weiter Flur, dass es zwischen den toten Cops und den vermissten »Prostituierten« – so hatte man sie zumindest bezeichnet, wie Jessica mitbekommen hatte – eine Verbindung gäbe.

      Der große Fund am Blow Hole hatte jedenfalls dazu geführt, dass einige Leute nun Parry ganz genau über die Schulter sahen, von ihr selbst abgesehen.

      Der Chefpathologe von Honolulu City, Dr. Harold Shore, war normalerweise routinemäßig als Gerichtsmediziner beteiligt gewesen, wenn das FBI zu Fällen wie hier auf Oahu, hinzugezogen worden war, und er hatte einen tadellosen Ruf. Vor kurzem hatte er sich jedoch einer Operation am offenen Herzen unterziehen müssen und wurde nicht so bald zurückerwartet. Jessica war im Grunde der Ersatz für Shore. Wenn er sich aus dem Bett hätte erheben können, dann wäre Shore ohne Zweifel heute ebenfalls anwesend gewesen, um die Stadt und das Police Department von Honolulu zu repräsentieren. Der Mord an den beiden Cops hatte eine Menge verschiedener Behörden auf den Plan gerufen, wirkte wie ein Stich ins Hornissennest, riss mehrere alte Wunden auf und erinnerte die Menschen an reale wie eingebildete Fälle von Diskriminierung. »Wenn Sie zu müde sind, um weiterzumachen, Dr. Coran«, sagte Dr. Marshal, »dann übernehme ich gern für Sie.«

      Jessica durchbohrte Marshal mit Blicken, aber unter ihrer Maske lächelte sie dünn. »Es geht mir gut, Doktor, und ich werde das hier zu Ende bringen.«

      »Zwei Autopsien – an einem einzigen Tag? Das ist selbst nach Militärstandards hart, Doktor. Als Profis sind wir uns da, glaube ich, einig.«

      Sie erkannte das typische Gebaren des Militärs, wenn sie es hörte. Marshal war anscheinend gern derjenige, der die Befehle gab, und er schien sich gar nicht wohl dabei zu fühlen, die zweite Geige für einen weiblichen Gerichtsmediziner zu spielen. »Ja, nun … wie dem auch sei, als Repräsentant der Regierung sollte ich besser weiter die Autopsie leiten, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

      »Wir arbeiten beide für denselben Chef, Doktor«, erwiderte er unterkühlt. »Und da Dr. Shore nicht hier sein kann, bin ich auch als Vertreter des Honolulu Police Department hier.«

      Marshal kam ihr vor wie ein Mann, der direkt aus einem Film der Dreißigerjahre mit William Powell und ZaSu Pitts entsprungen war. Seine Miene wirkte versteinert und die militärische Haltung, mit der er auftrat, machte eine Uniform überflüssig. Auch in seinem weißen Kittel wirkte er durch und durch militärisch.

      »Sie sind ja offensichtlich für eine ganze Reihe an Auftraggebern hier, Dr. Marshal.«

      Mit dem Skalpell in ihrer Hand arbeitete sie weiter.

      Warner, der jüngste der Anwesenden, wirkte wie ein Junge, der es nicht erwarten konnte, hier fertig zu werden, damit er wieder zu seinem Date an den Strand zurückkehren konnte, wo er wohl sein Surfbrett hatte zurücklassen müssen. Jessica stellte ihn sich in Badehose mit einer vollbusigen Freundin am Strand liegend vor. Selbst hier drin baumelte eine Sonnenbrille um seinen Hals. Poser, dachte sie.

      Es ärgerte sie jedes Mal, dass bei einer Autopsie nicht nur alle ein »Stückchen« von der Leiche haben wollten, sondern besonders Männer sich darum rangelten, wer das Sagen in Bezug auf den Verstorbenen hatte. Sie erinnerte sich an eine ähnliche Szene vor zwei Jahren, als eine Exhumierung in einer kleinen Stadt im Mittleren Westen dafür gesorgt hatte, dass jeder kleine Beamte im Staat Iowa im Dreieck gesprungen war. Die Exhumierung hatte ihr geholfen, einen Killer zu schnappen, der menschliches Blut hortete wie eine Vampirfledermaus, aber dieser Killer in Hawaii war ein anderes Kaliber. Er sammelte kein Blut, sondern erfreute sich daran, es zu vergießen, sich darin zu suhlen, während es aus den Körpern seiner Opfer strömte, wenn man Kaniolas Leiche als Anhaltspunkt nahm. Sie stellte sich vor, wie der sogenannte Passat-Killer sein riesiges Messer wie einen tödlichen Phallus in seine weiblichen Opfer rammte.

      Sie fuhr mit der Autopsie fort und machte den typischen Y-förmigen Einschnitt in Brustkorb und Bauch, legte die Innereien frei und hob mit Warners Hilfe die Eingeweide im Ganzen und intakt heraus, ließ den Leichnam als hohle Hülle zurück. Die unheimliche Stille füllte schnell die Leere, die durch die furchtbare Ausweidung der Leiche entstanden war, und die Totenstille im Raum wirkte noch drückender als vorher. Nur Jessicas Stimme schien kräftig genug, das Schweigen zu durchdringen.

      Es vergingen noch einige Stunden, bevor sie den abgetrennten Arm zu Gesicht bekam, der die Touristen am Blow Hole so verschreckt hatte. Parry hatte sie bereits erwartet, als sie den Autopsiesaal verließ, Nacken und Schultern vor Schmerz gebeugt, so anstrengend war die Arbeit gewesen. »Sie hätten mich wegen Marshal vorwarnen können.«

      »Ich dachte, Sie werden sich schon selbst miteinander bekannt machen.«

      »Wir kamen halbwegs miteinander aus, gerade so. Was für ein Idiot, ich nehme an, Sie haben ihm nichts von dem Arm des Mädchens erzählt.«

      »Hab ich gesagt, dass es der Arm eines Mädchens ist?«

      »Ich … also, nachdem Sie mir die Bilder gezeigt hatten, habe ich angenommen …«

      »Um Ihre Frage zu beantworten, ich habe es zu diesem Zeitpunkt nicht für nötig gehalten, irgendwen sonst hinzuzuziehen, besonders Marshal.«

      »Welche Geschichte haben Sie den Touristen erzählt? Dass es ein Scherz war? Vielleicht der Arm einer Schaufensterpuppe?«

      »Ziemlich aufgeweckt von Ihnen.«

      »Das Problem ist, ich bin im Moment alles andere als aufgeweckt, als dass ich hier noch irgendwie nützlich sein könnte. Ich werfe schnell einen Blick auf den Arm, aber dann muss ich mich bis morgen verabschieden.«

      »Abgemacht.«

      »Meine Mutter hat mich schon vorgewarnt, dass es solche Tage geben würde.«

      Er kicherte leise. »Ihre Mutter war wohl ziemlich schlau.«

      »In Wahrheit war es mein Vater, der mir gesagt hat, dass es immer mal solche Tage geben würde. Er war auch Gerichtsmediziner. Meine Mutter ist gestorben, als ich noch sehr jung war. Mein Daddy hat mich danach allein aufgezogen, er hat nie wieder geheiratet.«

      »Haben Sie was Interessantes entdeckt, da drinnen bei Hilani oder Kaniola?«

      »Zu früh, um irgendwas zu sagen. Wir müssen erst die Tests machen. Ich hoffe, Sie haben ein paar gute Labormitarbeiter.«

      »Die besten. Machen Sie sich da keine Sorgen.«

      Sie gingen in das Labor, in dem ein paar mit weißen Kitteln bekleidete Techniker Parry mit breitem Lächeln begrüßten. Ein oder zwei der Gesichter waren eindeutig polynesisch.

      »Mr. Lau«, rief Parry, »das ist Dr. Coran, aus Quantico in Virginia.«

      »Ohhhh«, sagte Lau, lief eilig zu ihr und schüttelte ihre Hand. »Ich habe viel über Sie gelesen, Doktor. Sehr beeindruckend, wirklich sehr. Ich habe schon Parry gesagt, dass wir auch jemanden wie Sie brauchen.«

      »Wie wäre es mit jemandem genau wie sie, Lau? Wie wäre es mit ihr selbst?«

      »Das habe ich gemeint.«

      Parry lachte ausgelassen. »Also, wo ist denn die Lammkeule, Lau?«

      »Sicher aufbewahrt, bitte hier entlang.«

      Er führte sie in einen Kühlraum, drückte einen Knopf und eine Schublade fuhr langsam aus der Wand. Nebel strömte wie eine Kaskade zu Boden, als die tiefgekühlte Luft auf die warme


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