Auf den Spuren der Josefine Mutzenbacher. Anna Ehrlich

Auf den Spuren der Josefine Mutzenbacher - Anna Ehrlich


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den Wienern denn doch zuviel. Wenn sie schon ihre Frauen mit den Rittern teilen mussten, umbringen lassen wollten sie sich nicht. Sie warfen Rappachs Spießgesellen in den Kärntnerturm und machten dem Ritter den Prozess. Und wirklich: Rappach wurde verurteilt, das Raubgut zurückzugeben – er aber dachte nicht daran. Rappach zahlte nicht einmal den »ewigen Jahrtag« in St. Stephan für des Lienfelders Seelenheil.

      Das »Leutgeben« war damals weit verbreitet, viele Bürger besaßen Weingärten und schenkten Wein in ihren Häusern aus, darüber hinaus gab es jede Menge Weinschenken. Deren Wirte taten, was sie konnten, um Kunden anzulocken. Sie stellten Schankmädchen an: Sofort hieß es, sie spielten Kuppler. Sie lockten mit Brett- und Würfelspielen: Sofort schritt die Wiener Ratsverordnung dagegen ein. Schon Herzog Albrecht I. hatte im Jahr 1296 gegen das Glücksspiel vorzugehen versucht, weil an jenen Orten Gott »gescholten«, also gelästert würde. Vergeblich. Daher sollten diese Spiele »vestichlich (fest) und ewichlich an allen steten in der stat« verboten werden, außer dort, wo »vraeiheit« gewährt wurde. Für diese Erlaubnis musste man eine Abgabe für sein »Seelenheil« an die Obrigkeit entrichten.

       Habsburger Klatschgeschichten

       Ein »wahres Wunder« im 14. Jahrhundert

      Herzog Albrecht II., als jüngerer Sohn ursprünglich der Kirche bestimmt, schloss 1324 eine politisch nicht sehr vorteilhafte Ehe mit der 24-jährigen Elsässerin Johanna von Pfirt – auch Jeannette de Ferette genannt –, von der es heißt, sie habe die berühmte »Habsburgerlippe« in die Familie gebracht. Johanna war eine temperamentvolle und intelligente, aber nicht sehr reizvolle Frau, reiste gern mit großem Aufwand, pflegte die schönen Künste und vertrat ihren kranken Mann gern in politischen Angelegenheiten. Zur größten Enttäuschung des Gatten und des ganzen Volkes schenkte sie ihm aber keine Kinder. Albrechts Bruder Otto hingegen war durch seine lebenslustige Frau Elisabeth von Niederbayern Vater zweier hoffnungsvoller Söhne geworden. Der eifersüchtige Albrecht holte die beiden Knaben, Friedrich und Leopold, nach Wien und erzog sie als seine Erben. Eines Tages, man schrieb das Jahr 1330, lud er Otto und Elisabeth zu einem Versöhnungsmahl in die Burg, an dessen Folgen Elisabeth starb, Otto und Albrecht schwer erkrankten, doch Johanna blieb gesund. Sofort wurde von Gift gesprochen. Nur Küchenmeister Stibor Chrezzel konnte der Schuldige sein, behauptete ein Höfling. Stibor beschwor zwar seine Unschuld, wurde aber zum Tod verurteilt. In letzter Minute konnte er sich von dem Verdacht befreien, und der Denunziant wurde an seiner Stelle hingerichtet.

      Und nun, nach 15-jähriger Ehe – Johanna war bereits 39 Jahre alt –, geschah das Wunder: Sie schenkte einem prächtigen Kind nach dem andern das Leben. Die Zeitgenossen zerrissen sich den Mund, und so ließ Albrecht seine Vaterschaft von allen Kirchenkanzeln herab verkünden. Johanna, Stammmutter aller künftigen Habsburger, starb mit 51 Jahren bei ihrer neunten Entbindung. Die beiden Söhne Ottos verschwanden, niemand kennt die näheren Umstände ihres Todes15. Otto, der nach Elisabeths Tod noch einmal heiratete, verstarb bald nach dem Tod der zweiten Gattin im Jahre 1339 und hinterließ der Nachwelt noch einige »natürliche« Kinder, von denen uns Otto, Leopold, Johann und ein weiterer Leopold namentlich bekannt sind.

       Nichts als Ärger mit den Frauen

      Johannas ehrgeiziger Enkel, Herzog Wilhelm der Freundliche (1370–1406), wurde als Zehnjähriger mit Hedwig, der jüngeren Tochter des Königs von Ungarn und Polen, Ludwig von Anjou, verlobt. Sie wurde 1384 in Krakau zur Königin gekrönt. Wilhelm hielt sich vom Winter 1385 bis zum folgenden Frühjahr dort auf. Lange wurde er nicht in das Königsschloss eingelassen – die Polen mochten ihn nicht –, aber dank einer List Hedwigs wurde die Ehe dann doch vollzogen. Kurz darauf musste Wilhelm fliehen und seiner Frau wurde Wladislaw Jagiello als Ehemann aufgezwungen. Eine Scheidung hat es nie gegeben, daher heiratete Wilhelm erst nach Hedwigs Tod wieder.

      Seine neue Auserwählte, Johanna von Anjou, war die Tochter des Königs von Neapel mit Thronansprüchen in Ungarn, denn Wilhelm war ehrgeizig und wollte einen Thron. Drei Jahre lang führte sie in Wien neben ihm ein Leben voller Vergnügungen, unterstützt von ihrem »kräftigen« italienischen Stallknecht Pandolfello. Nach Wilhelms Tod eilte sie mit ihrem Liebhaber nach Neapel zurück und wurde dort nach dem Tod ihres Bruders Königin. Von ihren Untertanen zu einer zweiten Ehe gezwungen, wählte sie den Bourbonen Graf Jakob de la Marche16, der den Liebhaber gleich hinrichten und die »Gattin« einsperren ließ. Doch ihr Volk erhob sich, sie kehrte an die Macht zurück und nahm sich den nächsten Liebhaber, der mit wieder dem nächsten in Streit geriet, und so fort, es gab ständig Mord und Totschlag in ihrer Nähe. Johanna wurde schlussendlich vom Papst exkommuniziert.

       Der Münz- und Kinderreiche

      1446 übernahm von Innsbruck aus ein Urenkel Albrechts II. und Johannas von Pfirt, Sigmund (1427–1496), die Regierung über Tirol und die Vorlande17. Seine erste Ehe mit der Schottin Eleonore blieb kinderlos. Mit 57 nahm er die 16-jährige Katharina von Sachsen zur Frau, die sich vor allem der Jagd und anderen, geheimeren Vergnügungen widmete, eine offene Ehe sozusagen, von der beide profitierten und die ebenfalls kinderlos blieb18. Vermutlich hat das den Herzog bewogen, den Gerüchten über seine vielen außerehelichen Sprösslinge nicht energisch entgegenzutreten, sondern diese Kinder sogar mit stolz geschwellter Brust als die seinen anzuerkennen, bewiesen sie doch, dass ihm nicht fehlende Manneskraft die Erben vorenthielt. Dem Herzog wurden schließlich mehr als fünfzig außereheliche Kinder zugeschrieben. Es liegt nahe, dass mit der Vaterschaft des Landesfürsten Schindluder getrieben wurde, denn der Habsburger erwies sich zum Leidwesen seiner Hofkammer als sehr großzügiger Vater, und diese echten oder vermeintlichen Kinder pflegten sich mit ihren Wünschen gern und wiederholt an ihn zu wenden: Wie zum Beispiel die »diemutige« Ursula Schlaherin,19 »euer fürstlicher gnaden dochter«, die an ihren »aller genadigsten herrn unnd vater« schreibt und ihn bittet, er möge ihrem Mann bei Hof eine Anstellung verschaffen, damit dieser ihr gegenüber »dester gedulttiger werd und sie nicht mehr tag und nacht gslagen von im werde«; des weiteren ersucht sie ihren Vater um zehn Gulden, »damit wir yetzund in der vasten auch destpas muegen enthalten mit der speys unnd annder«.

       Schlechte Zeiten für Österreich

      Um 1400 entvölkerten Pestepidemien ganze Landstriche. Eisige Winter und Hochwasserkatastrophen, am schlimmsten 1402, verursachten Hungersnöte und verschärften den Rückgang der Bevölkerung. Bruderkämpfe der Vormünder von Herzog Albrecht V. kosteten nicht nur den Wiener Bürgermeister Vorlauf den Kopf, sondern führten zu langanhaltenden Unruhen. Brandkatastrophen taten das Übrige. Dazu kamen ernste Bedrohungen von außen: im Norden durch die Hussiten und im Süden durch die Türken. Als Albrecht volljährig wurde, erwies er sich als tatkräftig. 1438 wurde er zum deutschen König gewählt. Er kämpfte in Ungarn, wo er nach dem Tod seines Schwiegervaters, Kaiser Sigismund, König war, gegen die Türken und starb 1439, und zwar zum ungünstigsten Zeitpunkt: Seine Gattin Elisabeth gebar den Erben Ladislaus erst nach seinem Tod. Sie starb schon zwei Jahre später – der kleine Prinz und seine Länder wurden zum Spielball der Mächtigen.

      Herzog Ladislaus Postumus wurde schon als Säugling zum König von Ungarn gekrönt. Nach dem Tod der Mutter wurde er von seinem Onkel Friedrich, dem späteren Kaiser Friedrich III., erzogen. Als Friedrich von seiner Krönung in Rom, zu der er Ladislaus mitgeschleppt hatte, zurückkam, belagerten die Stände Wiener Neustadt und erzwangen die Herausgabe des Kindes. 1452 zog der zwölfjährige Prinz in Wien ein; ein Jahr später wurde der frühreife und überhebliche Knabe in Prag zum König gekrönt. Seine Ratgeber machten ihn früh mit dem Genuss des Weines und der Mädchen vertraut, um ihn bei Ausschweifungen seine Staatsgeschäfte vergessen zu lassen, erzählt Thomas Ebendorfer in seiner Österreich Chronik. 1456 ließ König Ladislaus in der Faschingszeit und am Sonntag nach dem Johannesfest Tänze »mit den fraun« im Hause Vinzenz des Apothekers20 veranstalten, die Wienerinnen gefielen ihm. Die Wiener hatten sich


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