VIETNAM BLACK. Brad Harmer-Barnes
nein? Und warum nicht?«
Winters zuckte die Schultern. »Na ja, ich ließ sie durch einen See schwimmen, anstatt drum rum zu laufen. Das sparte uns zwar 'ne Menge Zeit, aber als sie am anderen Ufer rauskamen, sahen sie die Krokodile.«
Hanson lachte laut auf, was ihm einen grimmigen Blick von Reese einbrachte. »Ja, kann ich mir denken.«
»Dabei waren das Siam-Krokodile. Dass sie Menschen angreifen, ist eher unwahrscheinlich. Ich bin bloß ein kalkuliertes Risiko eingegangen.«
»Winters, mit allem gebotenen Respekt, ich glaube, solange ich Corporal bin, lassen wir jemand anderen die Karte lesen.«
Winters zuckte die Achseln. »Soll mir recht sein.«
Falconer tippte Bradley auf den Arm und der hyperaktive Bradley zuckte zurück. »Warum zum Teufel tust du das, Mann? Was zur Hölle stimmt nicht mit dir, Frischling?«
»Sei still. Hörst du das?«
Bradley legte den Kopf schief. »Mann, bei all den Vögeln und Käfern hier draußen hör' ich 'n Scheißdreck. Klingt genau wie immer, wenn du mich fragst.«
»Hör genauer hin. Klingt wie ein Motor.«
Bradley lauschte angestrengter. Er konnte tatsächlich etwas in der Ferne hören. »Ja, Mann. Ich denke, du hast recht.« Er drehte sich um und rief den anderen beiden zu: »Hey, der Frischling glaubt, er hört was. Hört ihr auch was?«
»Negativ«, gab Hanson zurück.
»Es kommt aus dieser Richtung«, rief Falconer.
Winters und Hanson kamen zu ihnen herübergelaufen, damit sie dem näherkommenden Fahrzeug gemeinsam die Stirn bieten konnten. Lässig, aber selbstbewusst standen sie da. Hanson schlang sein Gewehr über seine Schulter und verschränkte die Arme. Die drei Privates hielten ihre M16-Gewehre gesenkt, aber in beiden Händen, bereit, ihre Waffen blitzschnell in die Höhe zu reißen.
Der Motorenlärm wurde lauter und jetzt konnten sie auch das charakteristische Knirschen und Quietschen eines Kettenfahrzeugs vernehmen. »Es muss gleich hinter der Ecke sein«, flüsterte Falconer.
»Halt verdammt noch mal die Schnauze, Frischling«, schnappte Bradley.
»Beruhigt euch, alle beide«, sagte Hanson. »Bereithalten!«
Hansons Blick glitt zu Reese, Turner und Walton hinüber, die sich im Unterholz verschanzt hatten. Er sah sie bloß deshalb, weil er wusste, wo sie waren. Falls es sich wirklich um ein feindliches Fahrzeug handelte, blieben die drei unsichtbar und konnten ihnen massiven Feuerschutz geben. Walton war mit dem großen M60-Maschinengewehr bewaffnet und Turner hatte den M79-Granatwerfer. Zwar würde keines von beidem gegen ein gepanzertes Kampfgefährt übermäßig wirkungsvoll sein, doch zumindest sollten sie imstande sein, ihnen damit ausreichend Deckung zu verschaffen, dass sie in den Dschungel rennen konnten.
Schließlich kam das Fahrzeug um die Kurve.
Es war ein olivgrünes, kastenförmiges Etwas, definitiv eher im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und vielseitige Einsetzbarkeit entwickelt, als mit einem Auge für Stil oder Luxus. Hanson erkannte sofort, dass es sich um einen gepanzerten M113-Truppentransporter handelte, was bedeutete, dass das Gefährt entweder zum US-Militär oder zu ihren südvietnamesischen Verbündeten, der ARVN, gehörte. Als das Fahrzeug näherkam, wurden sie offensichtlich vom Fahrer entdeckt, denn er trat auf die Bremsen, bevor er wieder anfuhr, dieses Mal jedoch um einiges langsamer. Einer der Männer, die oben beim Geschützturm mitfuhren, hob einen Arm, um zu salutieren, und Hanson erwiderte die Geste. Das rumpelnde, quietschende Geräusch des Motors verlangsamte sich im selben Maße wie der M113, bis das Gefährt schließlich ein paar Meter vor der Gruppe zum Stehen kam.
Hanson winkte Turner, Reese und Walton, die aus dem Dschungel kamen und auf den Pfad traten. Der M113 war circa zweieinhalb Meter hoch, sodass sie aufschauen mussten, um die beiden Männer anzusehen, die obendrauf saßen. Einer war der Fahrer, der in einer Versenkung kauerte, der andere war der Schütze; dieser befand sich ein Stückchen höher, hinter einer Panzerplatte, aus welcher der Lauf eines .50-Kaliber-Maschinengewehrs ragte. Ein weiteres Besatzungsmitglied sprang vom Transporter und kam zu ihnen herüber.
Jetzt, wo sie näher waren, konnten die Männer erkennen, dass es sich tatsächlich um ARVN handelte – Südvietnamesen. Das Besatzungsmitglied, von dem sie nun feststellten, dass es sich dabei um den Kommandanten des Trupps im Innern des Vehikels handelte, winkte ihnen zwanglos zu und lächelte. »Howdy, Soldaten!«
Reese erwiderte das Lächeln und streckte die Hand aus, die der kleine Mann ergriff, ehe Reese seinen Namen und die Kennung seiner Einheit nannte. »Was treibt ihr Jungs hier draußen?«
Der Mann, der sich als Trieu Loi vorgestellt hatte, zuckte mit den Schultern. »Wir auf Patrouille. Halten die Augen nach Vietcong offen. Sorgen dafür, dass ihr mit euren großen Kanonen keinen unnötigen Ärger kriegen. Geben welchen?«
Nun war es an Reese, mit den Achseln zu zucken. Er zündete sich eine Zigarette an und hielt Trieu Loi die Packung hin. »Gewissermaßen. Wir sind vorhin auf eine Punji-Stockfalle gestoßen, ein gutes Stück weiter hinten. Allerdings kein direkter Feindkontakt. Und selbst?«
Loi nahm dankbar eine Zigarette und ein Streichholz entgegen. »Wir Anzeichen für Bewegung entdecken, aber auch kein Feindkontakt. Ausgetretene Pfade. Ein paar Fallgruben. Wir glauben, der Vietcong hier in der Gegend Tunnel haben.«
»Tunnel? Was für Tunnel?«
»Ein paar kleine Erdlöcher, um aus Hinterhalt anzugreifen. Ein paar größere Versorgungsnetzwerke. Einige der Tunnel, die der Vietcong gräbt, sind verrückt, du verstehen, Yankee? Welche davon verlaufen etliche Meilen unter der Erde, sein voller Männer, Essen und Kugeln. Ihr könntet direkt daran vorbeigehen und nicht mal merken, dass sie sind da.«
»Ja, davon hab ich schon gehört. Und du denkst, hier sind welche?«
Loi zögerte, dann nickte er. »Wir Hinweise dafür gesehen.«
Reese sah dem Mann an, dass er nervös war, und entfernte sich mit ihm ein paar Schritte von der Gruppe. Unterdessen hielten die übrigen Mitglieder seines Trupps Small Talk mit der Transporter-Besatzung, jedenfalls so gut, wie es ihnen möglich war. Winters und Hanson sprachen zwar ein wenig Vietnamesisch, doch als flüssig konnte man ihr Gestammel gewiss nicht bezeichnen. Vermutlich schafften sie es, sich ein Bier und eine Schale Nudeln zu bestellen, aber einen Job im südvietnamesischen Fernsehen würde man ihnen mit Sicherheit nicht anbieten.
Als sie drei, vier Meter von den anderen weg waren, blieb Reese stehen und wandte sich wieder an den Kommandanten. »Okay, sag mir, was du gesehen hast.«
»Ein paar kleine Sachen, wie ich schon sagen. Anzeichen von Truppenbewegung. Leere Rationspackungen. Der Vietcong ist gut, aber manchmal er machen Fehler.«
Reese musterte ihn und wusste instinktiv, dass der Kommandant ihm etwas verschwieg. »Komm schon, Mann. Wenn du mir erzählst, was du weißt, ist 'ne Packung Kippen für dich drin. Und ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß, dass du mehr weißt als das. Also komm zur Sache.«
»Kippen? Camel?«
»Ich hab Marlboro, Mann. Nimm sie oder lass es.«
Loi zuckte mit den Schultern und deutete beiläufig in die Richtung, aus der sie kamen. »Weiter hinten wir kommen an Bulldog vorbei.«
Reese stieß eine Rauchwolke aus. Bulldogs waren leichte Panzer, die die ARVN einsetzte, größtenteils dank der Großzügigkeit und Unterstützung der US-Streitkräfte. »Und?«
»Er war kaputt. Als wäre er explodiert. In Stücke gerissen.«
»Na, und? Die VCs hier in der Gegend haben RPG7er, oder? Eine gut gezielte Panzerfaustgranate macht mit einem leichten Panzer wie dem Bulldog kurzen Prozess. Nichts gegen deine großartige Nation, aber eure Panzer sind nicht unbedingt nach den gleichen Qualitätsstandards gefertigt, wie unsere Pattons.«
»Das sein ja das Seltsame, Yankee. Die Panzerung von Panzer an mehrere Stellen