VIETNAM BLACK. Brad Harmer-Barnes

VIETNAM BLACK - Brad Harmer-Barnes


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      »Nachdem sich der Rauch gelegt und der Staub gesetzt hatten, ist da dieser Kerl – Moore war sein Name – und er ist vollkommen blutüberströmt … doch kein einziger Tropfen davon war sein eigenes. Zu seinen Füßen liegen drei tote Vietcong, und er ist über und über mit Blut bedeckt.«

      »Scheiße.«

      »Das war noch nicht das Kränkste, Mann. Das Kränkste war, dass sein Messer sauber und sein Gewehr kalt waren.«

      Hanson spürte, wie sich die Härchen auf seinen Armen aufrichteten. »Sie meinen, er …«

      »Mit bloßen Händen, Mann. Und das war genau so 'n halbes Hemd wie unser Frischling.«

      »Kacke.«

      Reese schob sein Tablett beiseite, zündete sich eine Zigarette an und hielt Hanson das Päckchen hin, der sich dankbar eine nahm. »Wie schon gesagt, Corporal, man weiß nie, was in einem Mann steckt, bis es darauf ankommt. Ein Riesenkerl – ich meine, sogar noch größer als Walton – heult wie 'n Baby und ein Stecken wie der Neue reißen Männer mit ihren Fingernägeln auseinander. Der Krieg verändert die Menschen, und man weiß erst, welche Wirkung er auf die Leute hat, bis man es mit seinen eigenen zwei Augen sieht.«

      Hanson nickte und rieb sich die Lider. »Mann, ich bin immer noch so verflucht müde.«

      »Ich will, dass alle früh zu Bett gehen, okay? Ich werde eure jämmerlichen Ärsche jedenfalls nicht tragen, falls einer von euch beschließt, unterwegs ein Nickerchen zu machen.«

      Hanson gluckste. »Was immer Sie sagen, Sarge.«

      Falconer schreckte aus dem Schlaf auf und brauchte einen Moment, bis ihm einfiel, wo er war. Die Sonne berührte gerade den Horizont und durch und rings um die Vorhänge, die vor die Plexiglasfenster gezogen waren, sah man gerade noch so einen merkwürdigen orangefarbenen Lichtschimmer. Er schaute sich in der Baracke um und die Ereignisse des vergangenen Tages kamen ihm wieder in den Sinn. Bradley und Turner spielten immer noch Karten um Zigaretten. Winters – der Funker, der Science-Fiction mochte – schlief und schnarchte leise vor sich hin. Corporal Hanson, Sergeant Reese und der große Kerl, der gepennt hatte, als er angekommen war, waren fort. Schwankend kam er auf die Füße. Sein ganzer Körper fühlte sich vom Schweiß glitschig und klebrig an und er roch wie ranzige Kohlsuppe. Er fische ein Handtuch aus seinem Beutel und machte sich auf die Suche nach den Duschen.

      »Nach rechts, drei Zelte weiter«, sagte Bradley, ohne auch nur von seinem Pokerspiel aufzuschauen.

      »Danke.«

      »Immer gern, Frischling.«

      Auf der Basis war es ruhiger als bei seiner Ankunft, auch wenn nach wie vor einige Betriebsamkeit herrschte. Doch jetzt waren die Gespräche gedämpft, die Jeeps weniger zahlreich und keine Helikopter in Hörweite. Er stieß die Tür zu den Duschen auf und stellte fest, dass außer ihm nur noch ein anderer hier war – Walton, dieser große Typ. Zwar war Falconer bereits aufgefallen, dass der Bursche ziemlich groß war, doch darauf, wie riesig er tatsächlich war, war er nicht vorbereitet. Er war mindestens eins-fünfundneunzig groß und verdammt muskulös – nicht übertrieben wie ein Bodybuilder, sondern stark und kräftig. »Hey«, sagte er. »Du bist der Neue, richtig?«

      »Äh, ja. Walton?«

      »Richtig.« Der Mann streckte ihm über die brusthohe Wand, die die Duschen voneinander trennte, die Hand hin, und Falconer schüttelte sie dankbar. Es kam ihm vor, als würde er zum ersten Mal seit seiner Ankunft in Vietnam wie ein Mensch behandelt werden. »Ich bin der M60-Schütze. Das heißt, ich bin für die ganze Schlepperei und den schweren Beschuss zuständig.«

      »Ja, ich hab während der Grundausbildung mal versucht, mit einem dieser Dinger zu feuern. Sie sind echt ziemlich schwer, aber damit rumzuballern, macht ziemlich Laune.«

      »Da hast du wohl recht. Um ehrlich zu sein, macht's mir auch nichts aus, die Extrakilos zu wuchten. Aber, ja. Ich bin Walton. Martin Walton.«

      »Alex Falconer.«

      Falconer trat in die Duschkabine und zog an der Kette. Das Wasser war bloß lauwarm, doch um ehrlich zu sein, war das in seiner gegenwärtigen Umgebung genau richtig. Wer wollte schon in heißem Wasser baden, wenn die Luft ohnehin so dickflüssig wie Suppe war? Dann kam man verschwitzt rein und ging verschwitzt wieder raus.

      »Alle werden dich bloß Frischling nennen.«

      »Ja, ist mir auch schon aufgefallen. Zuerst dachte ich deshalb, ich wär' irgendwem auf die Zehen getreten.«

      Walton massierte Shampoo in seinen rappelkurzen Bürstenschnitt. Er hatte sich viel zu viel von dem Zeug in die Hand gespritzt, sodass sein Schopf jetzt unter einem Berg aus Schaum verschwand. »Nee, Mann. Das ist nichts Persönliches. Es ist nur … versprichst du mir, dass du nicht sauer wirst, wenn ich's dir sage?«

      Falconer war sich darüber im Klaren, dass das eine leere Versprechung war, zuckte aber dennoch mit den Schultern, weil man das in solchen Situationen eben so machte. »Ähm, klar. Raus damit.«

      »Sie glauben nicht, dass es sich lohnt, deinen Namen zu kennen, weil sie nicht denken, dass du hier allzu lange durchhalten wirst.«

      Falconer wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte. Er erstarrte einige Sekunden lang, bevor er murmelte: »W-was?«

      »Wie schon gesagt, das ist nichts Persönliches. Da mussten wir alle durch. Solange du nicht ein paar Wochen hier warst – mindestens –, werden die Leute sich nicht die Mühe machen, sich deinen Namen zu merken.«

      Bei diesen Worten wurde Falconer innerlich ganz kalt. »Scheiße. Wie übel ist es da draußen, Mann?«

      Walton zuckte die Achseln und spülte mit geschlossenen Augen sein Haar aus. »So übel, dass die meisten keine zwei Wochen überleben. So ist das nun mal als Frischling.«

      »Okay.«

      Walton trat aus der Dusche, schlang ein Handtuch um sich und nahm seinen Beutel auf. »Sehen wir uns in der Baracke?«

      »Ja. Klar. Ähm, Walton?«

      »Ja?«

      »Sind Frischlinge nicht eigentlich junge Wildschweine?«

      »Genau. Junge Wildschweine, die sich leicht abknallen lassen.« Walton grinste. »Also, bis später.«

      »Ähm … ja. Bis später.«

      Gegen neun kehrten Hanson und Reese in die Baracke zurück. Der Corporal schnippte Turner scherzhaft gegen ein Ohr. »Turner, warum spielt ihr zwei immer noch Karten? Ihr seid jetzt schon seit sechs Stunden dabei. Müsst ihr nicht mal was essen oder schlafen oder kacken oder so was?«

      »Hey, Mann«, entgegnete Turner in seinem lakonischen Bariton. »Wenn man so einen Lauf hat wie ich gerade, steht man nicht einfach grundlos vom Tisch auf. Abgesehen davon, was soll ich 'n sonst machen? Waltons Geschnarche lauschen oder in dieser verfluchten Kantine irgendwelchen gebratenen Reis-Mist runterwürgen? Nee, wenn's euch nichts ausmacht, bleibe ich lieber hier sitzen.«

      »Mann, so toll ist dein Lauf nun auch wieder nicht«, sagte Bradley, sein schrilles Wimmern ein krasser Kontrast zur Stimme seines Gegenübers. »Du bist einfach bloß froh, dass ich dich ausnahmsweise mal nicht in die Tasche stecke.«

      »Du hast mich zweimal in die Tasche gesteckt, Mann, und das wird nicht noch mal passieren. Abgesehen davon stinkt's da drin tierisch nach Gras.«

      Hanson hob eine Hand, um sie zu unterbrechen. »Hey, ich bin nicht eure Mutter, okay? Ich gebe euch bloß den guten Rat, euch heute Nacht eine ordentliche Mütze Schlaf zu gönnen. Der Sarge und ich wollen, dass morgen alle wach und wachsam sind.«

      »Ja, Sarge«, erwiderten alle beide.

      Hanson und Reese ließen sich auf ihre Pritschen fallen und Turner und Bradley setzten ihr Pokerspiel im Flüsterton fort.

      »Ich wette, du hast 'n Scheißdreck«, raunte Bradley. »Ich bring' deine fünf und erhöhe um drei.«

      »Pass


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