VIETNAM BLACK. Brad Harmer-Barnes
ein Flüstern. Als sie aufschauten, sahen Sie Falconer vor sich stehen.
»Du mich auch«, sagte Turner. »Sind wir zu laut für dich?«
Der Frischling wirkte irgendwie verlegen und nervös. »Äh, nein. Das nicht. Ähm … ich hab' zufällig gehört, was ihr eben gesagt habt und … also, habt ihr Jungs irgendwelches Gras?«
Turner unterdrückte ein Lachen. »Da bist du genau bei den Richtigen gelandet, Neuer. Mr. Darterrius Bradley hier ist der Mann, der weiß, wie man hier an bestimmte Sachen rankommt.«
»Habt ihr gerade welches da? Ich kann nicht schlafen und früher hat's mir beim Einpennen geholfen.«
Bradley musterte ihn für einen Moment.
»Ich hab Geld«, fügte der Frischling ein bisschen zu eifrig hinzu. Jetzt klang er wie ein kleiner Highschool-Junge, der mit einem gefälschten Ausweis Bier kaufen will. »Wie viel willst du?«
»Wie viel willst du, Neuer?«, fragte Bradley.
»Ich … keine Ahnung, Mann. Ich hab noch nie selbst welches gekauft, okay? Ich bin einfach bloß ziemlich durch den Wind, das ist alles.«
Turner und Bradley tauschten einen Blick und brachen in gedämpftes Gelächter aus, bemüht, den Rest des Trupps nicht aufzuwecken.
»Hab ich irgendwas Komisches gesagt?«, fragte Falconer, der jetzt langsam wirklich verärgert war.
Bradley winkte ab und langte in seine Hemdtasche. »Nee, Mann. Alles bestens.« Er reichte ihm einen gerollten Joint. »Hier, nimm.«
»Danke. Wie viel schulde ich …«
»Schon okay, Neuer. Betrachte es als Geschenk.«
»Echt? Danke.«
»Nicht der Rede wert. Willkommen in Vietnam.«
Als Falconer seinen Joint aufgeraucht hatte und zurückkam, hatten Turner und Bradley sich schließlich zu Bett begeben. In dem Segeltuchbau war es stockfinster; das Einzige, was man hörte, waren Waltons Schnarchen und die Geräusche irgendwelcher fremdartigen Grillen und Echsen. Halb fallend und halb tastend, bahnte er sich den Weg zu seiner Pritsche; das Gras bescherte ihm ein hübsches, angenehmes Hochgefühl. Er legte sich vorsichtig auf seine Matratze und streckte sich aus und endlich begannen sich seine schmerzenden Muskeln zu entspannen.
»Gut gemacht, Frischling«, flüsterte Walton auf der Pritsche neben ihm. »Du hast einen Tag geschafft.«
»Danke, Mann.«
»Schlaf 'ne Runde. In sechs Stunden müssen wir wieder hoch. Und glaub' mir, viel mehr Ruhe werden wir nicht kriegen, bis wir diesen schlitzäugigen Kontaktmann gefunden haben.«
»Ist es dort draußen wirklich so schlimm?«
»Nein. Es ist noch schlimmer.«
KAPITEL 3
Pünktlich um acht Uhr am nächsten Morgen hatten sich alle sieben draußen vor der Baracke versammelt. Walton gähnte und Falconer rieb sich noch immer den Schlaf aus seinen roten, stechenden Augen. Sergeant Reese stand vorm Rest des Trupps und machte sie mit den Einzelheiten des bevorstehenden Einsatzes vertraut. »Okay, Männer, das sind die Fakten: Wir – damit meine ich das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika − haben in dem kleinen Dorf Hai Trang einen Kontaktmann, der für uns arbeitet, einen Mann namens Bo Xuan. Mr. Xuan hat uns das letzte Jahr mit Informationen über Charlies Bewegungen versorgt, bis er vor kurzem unvermittelt verstummt ist und nicht mehr sendet. Unsere Aufgabe besteht darin, uns nach Hai Trang zu begeben, um uns zu vergewissern, ob mit Mr. Xuan alles okay ist, und falls nicht, rauszufinden, was ihm zugestoßen ist, um anschließend Bericht zu erstatten. Wir rechnen nicht damit, auf Feindkontakt zu stoßen, aber wie die meisten von Ihnen wissen, ist das da draußen nicht bloß sprichwörtlich ein Dschungel, also seien Sie stets auf der Hut.« Die Antwort darauf war ein zustimmendes Murmeln. »Irgendwelche Fragen?«
Walton hob die Hand. »Wie groß ist dieses Dorf, Sarge?«
Reese zuckte mit den Schultern. »Ich habe zwar nicht viele Infos, aber allzu groß wird's nicht sein. Ich wäre überrascht, wenn es mehr als zehn, vielleicht zwanzig Behausungen wären. Sagen wir … fünfzig bis hundert Leute.«
»Dürfte schwierig zu finden sein. Haben wir wenigstens 'ne Karte?«
Lächelnd warf Reese ihm ein kunststoffumwickeltes Papierbündel zu. »Ja, haben wir; und Sie haben sich gerade freiwillig als Kartenleser gemeldet.«
»Ach, Kacke, Sarge.«
»Sonst noch was?«
»Wie steht's mit Luftunterstützung?«, fragte Falconer.
»Negativ. Hai Trang liegt tief im Dschungel und ist entsprechend geschützt. Unmöglich, dass man da aus der Luft irgendwas sieht. Jedenfalls nicht mit einem akzeptablen Maß an Zielgenauigkeit. Doch ich wiederhole, ich rechne nicht damit, dass uns auf dieser Mission schwere Gefechte erwarten. Suchen und aufklären ist das Motto, nicht finden und vernichten. Gibt's noch weitere Fragen?« Der Trupp schwieg. »Okay. Dann lasst uns abrücken.«
Reese steuerte auf den Hauptausgang der Basis zu und Hanson folgte ihm auf dem Fuße; der Rest des Trupps wiederum marschierte hinter ihm her. Sobald sie den Stützpunkt verlassen hatten und sich über eine vierhundert Fuß große Lichtung, die als provisorischer Landeplatz für die drei Hueys der Basis diente, dem Dschungel näherten, joggte Hanson ein Stück vorwärts, um neben dem Sergeant herzugehen. »Reese, kommt Ihnen irgendwas an diesem Auftrag merkwürdig vor?«
»Hanson, seit ich aus dem Vogel gestiegen bin, kommt mir an diesem Ort alles merkwürdig vor. Da müssen Sie schon etwas genauer sein.«
Hanson steckte sich eine Zigarette an. »Ich meine, ich für meinen Teil halte die Wahrscheinlichkeit für ziemlich groß, dass dieser alte Mann längst tot ist. Was macht es da überhaupt für einen Sinn, uns loszuschicken?«
Reese lachte. »Selbst, nachdem Sie schon so lange hier sind, stellen Sie noch immer unsere Befehle infrage? Es bringt nichts, sich wegen irgendwas von diesem Scheiß den Kopf zu zerbrechen, Hanson. Tun Sie einfach, was man Ihnen sagt, halten Sie den Kopf unten und fliegen Sie am Ende Ihrer Dienstzeit nach Hause. Das kriegen Sie doch hin, oder?«
»Ja, Sarge. Ja, das kriege ich hin.«
Die M16 lag schwer in Falconers Händen. Den Großteil der Grundausbildung über hatten sie mit einem Klammerverschlussgewehr trainiert, das eigentlich noch schwerer gewesen war, doch seine übrige Ausrüstung und die drückende Hitze sorgten dafür, dass ihm die Erschöpfung bereits in die Knochen kroch, bevor sie auch nur den Dschungel erreicht hatten. Sein Blick schweifte zu Walton, und er fragte sich, wie um alles in der Welt der Bursche es bei dieser Wärme schaffte, sein riesiges M60 zu schleppen?
Walton sah ihn an und lächelte. »Ich weiß, was du denkst. Keine Sorge, du gewöhnst dich dran. Wart's ab. Im Handumdrehen rennst du in voller Montur wie 'n Karnickel durch die Gegend.«
Winters bildete die Nachhut, schaute sich aufmerksam um und überprüfte ständig das Gelände. Bradley ließ sich zurückfallen und bedachte ihn mit einem Lächeln. »Hey, Winters. Wie läuft's so?«
»Alles paletti, danke der Nachfrage.«
Bradley gluckste; seine schrille Stimme ging praktisch jedem durch Mark und Bein, der sie hörte. Bloß Winters schien sie nichts auszumachen. »Und? Freust du dich drauf, wieder in den Dschungel zu kommen? Vielleicht ein paar Schlitzaugen wegzupusten?«
Winters sondierte weiterhin die Umgebung und rückte das Funkgerät auf seinem Rücken zurecht. »Nicht besonders, nein.«
Bradley gehörte zu denen, die nur selten zuließen, dass eine Unterhaltung zum Erliegen kam, doch mit Winters zu reden, fiel ihm seit jeher unglaublich schwer. »Also, Mann, wo kommst du eigentlich her? Wartet zuhause irgendwer auf dich?«
»Iowa. Meine Mom und mein Dad. Du?«
»Ich