Wenn uns die Fälle davonschwimmen. Eva Male
jedes überflüssige Wort extra kostete – wäre das nicht ein idealer Schutz vor unnötigem Gequassel anderer? Und eine gute Übung für einen selbst? Man kann ja zum Beispiel auch beim Versenden von SMS trainieren, minimalistisch zu schreiben – je weniger Buchstaben, desto weniger anstrengend für die flinken Finger. Oder wenn man online Artikel aus Zeitungen verschickt und für den Begleittext nur 200 Anschläge zur Verfügung hat. Da heißt es manchmal ganz schön tüfteln.
Auch andere rufen die Devise aus: „Kasse dich furz!“ Dieser Aufruf steht auf einem Betonpoller auf dem Karlsplatz in Wien. Handgeschrieben, von einem kreativen Geist. Ganz in unserem Sinne. Der Schreiber hat geschüttelt – und wir sind gerührt.
„Kasse dich furz“ stammt übrigens aus dem Buch „Der Fönig“ von Walter Moers. Dieses lässt sich an wie ein Kinderbuch, aber Vorsicht: nicht jugendfrei! Sprachspiele und andere Schweinereien.
Bei aller Verkürzungstendenz sieht man die Dinge heute aber doch nicht ganz so locker: Da wurde jüngst in einem Film eine Jobsuchende abgewiesen, weil sie auf ihrem Bewerbungskuvert „Straße“ nicht ausgeschrieben, sondern „Str.“ abgekürzt hatte.
„Wenn Sie sogar dazu zu faul sind …“, hieß es. War wohl eher im Spaß gemeint, aber Vorsicht ist dennoch geboten. Auch Bewerbungs-Schimmelbriefe aus dem Computer, mit einem alten Datum ausgedruckt, machen nicht gerade den besten Eindruck.
Anders ist es bei Urlaubspost. Laut einer amerikanischen Studie machen Ansichtskarten den Empfänger auch dann glücklich, wenn die Botschaft nur wenige Zeilen lang ist. Da private Post vor allem dazu da ist, um Beziehungen in der Familie und unter Freunden zu pflegen, erfüllen wenige Zeilen den Zweck genauso gut wie seitenlange Briefe. Heißt es.
Sich kurz zu fassen ist aber in jedem Fall oberstes Gebot beim Versenden von SMS. Mit welchem Verb bezeichnet man diese Tätigkeit eigentlich? Simsen, wie uns der jüngste Duden aufklärt. Will man uns da ein I für ein U vormachen? Wir sprachen bisher immer von sumsen. In Reminiszenz an die Aufschrift auf dem einstigen Jugend-T-Shirt: „Sumsen ist buper“ – haha, witzig. Sozusagen ein immanenter Schüttelreim, à la „Kasse dich furz“. Sumsen für das Versenden von SMS – da summt das Handy geradezu lautmalerisch mit. Oder wie wär’s überhaupt ohne Selbstlaut? Smsen.
Telefonieren ist nicht immer einfach. Da wählt man eine Nummer, und auf dem Display heißt es: Bündel besetzt. Welches Bündel? Es hilft nichts. Ein bisschen Geduld – und später nochmal probieren. Ein andermal landet man bei einer portierten Rufnummer. Heiliger Bimbam! Das hätte sich Alexander Graham Bell, der Erfinder des Telefons, wohl nicht träumen lassen. Da hat einfach jemand seinen Handybetreiber gewechselt und lässt die eingehenden Anrufe umleiten.
Dann gibt es jene Schlaumeier, die auf ihren Visitkarten und Briefköpfen – vermeintlich international? – Phone und Phax angeben. Wo sich das Fax doch von „fac simile“ herleitet – wörtlich: „Mach es ähnlich“. Am F ist also nicht zu rütteln.
Auffällig ist auch der Briefkopf der „Deutschen Burschenschaft“, die uns neuerdings mit Post beehrt: Sie nennt die Nummer des „Fernsprechers“ und jene der „Fernlichtpause“. Da denkt unsereins freilich eher ans zeitweilige Abblenden bei nächtlichen Autofahrten.
Abrobo wie get es dir? Hast du fiel Abeit?
Wenn der Fehlerteufel zuschlägt. Recht- und Schlechtschreibung in der Praxis
„Abrobo wie get es dir? Hast du fiel Abeit?“, schreibt meine Nichte. Nicht per E-Mail, sondern in einem handgeschriebenen Brief. Neue Rechtschreibung? Mitnichten (und Neffen auch). Mütter im Verwandten- und Bekanntenkreis klären mich auf, dass man in diesem Alter (vierte Klasse Volksschule) noch nicht rechtschreiben kann. Das sei auch in unserer Kindheit so gewesen. Zur Zeit der alten Rechtschreibung und der altmodischen Pädagogik …
Ohnehin will ich nicht klagen, sondern finde die Schreibweise durchaus putzig. Ähnlich drolligen Kinderaussprüchen. Außerdem: Wenn Kinder heute noch richtige Briefe schreiben, muss man mehr als dankbar sein! Den Sinn versteht man ohnehin problemlos.
Denn dazu ist bloß notwendig, dass der erste und der letzte Buchstabe eines Wortes auf dem richtigen Fleck sind. Alles andere ist Luxus. (Ein angenehmer freilich!) Sollen wir es beweisen? Lesen Sie los:
Aoccdrnig to a rscheearch at Cmabrigde Uinervtisy, it deosn’t mttaer in waht oredr the ltteers in a wrod are, the olny iprmoatnt tihng is taht the frist and lsat ltteer be at the rghit pclae. The rset can be a total mses and you can sitll raed it wouthit porbelm. Tihs is bcuseae the huamn mind deos not raed ervey lteter by istlef, but the wrod as a wlohe. Amzanig huh?
So, jetzt haben wir Sie wohl ein bisschen verwirrt – aber verstanden haben Sie ihn, den Text, der im Internet kursierte, nicht wahr?
Kaum ein Text ist fehlerfrei, und man sollte wohl nicht allzu streng sein. Nobody is perfect. Wie schwer es uns jedoch rein sprachlich fällt, einen Fehler einfach zuzugeben und auf die eigene Kappe zu nehmen! Bestenfalls spricht man noch von einem Tipp- oder einem Flüchtigkeitsfehler – die Finger waren also schuld oder der Stress, äußerste Extremitäten und äußere Umstände. Fehler „passieren“, aber man „macht“ sie lieber nicht aktiv, jedenfalls in grammatikalischer Hinsicht.
„Entschuldigen Sie bitte, in unsere letzte Aussendung hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen.“ Tja, so ist es mit Fehlern. Sie scheinen überall zu lauern und auf günstige Gelegenheiten für den „Angriff“ zu warten. Psychologisch interessant an den üblichen Entschuldigungs- und Korrekturformeln ist – siehe oben –, dass die Fehler als Täter hingestellt werden, während die wahren „Übeltäter“, nämlich die Texter, gern im Hintergrund bleiben. Der Fehler „schleicht sich ein“, er „unterläuft“ – Letzteres immerhin einer Person. Wenn nicht gar der sogenannte „Fehlerteufel“ zuschlägt.
Dafür ein paar nette Beispiele: etwa der 1. Grazer Nacktwürstelstand. Ein aktiver Fehlerteufel alias Spaßvogel hat hier – zum großen Amüsement der Passanten – aus dem H ein K gemacht. Der Feinkotladen ums Eck dürfte das S indes wohl eher zufällig verloren haben.
„Alle Spiridosen um 2 Euro!“ Mit dieser Aufschrift wollte im achten Wiener Bezirk ein Schild auf dem Gehsteig die Passanten in ein neues Lokal locken. Wer durch die Lange Gasse schlenderte, wurde freilich kurz stutzig: Spiridosen? Werden die Getränke etwa in Dosen serviert – oder hat man hier bloß die übliche Rechtschreibung von Spirituosen recycled? Wäre jedenfalls schade, wenn die geistigen Getränke ihren Spirit(us) verlören.
Auf einen schmalen Grad der „Ordografie“ begab sich auch der Texter eines Kochrezepts: „Den Fisch auf jeder Seite in Rückgradnähe quer einschneiden.“ Da wurde das Rückgrat sprachlich doch etwas verkrümmt!
Und dann die „guten“ alten das(s)-Fehler: „Das Comeback von Roy, dass in seinem Haus in Las Vegas gedreht wurde …“ – „Ein Ziel, dass ihn im teilweise sehr anstrengenden Reha-Alltag motiviert.“ Gleich zwei dass-Fehler in einem Absatz (in der „Bunten“). Diese scheinen schwer auszumerzen zu sein. Im Gegenteil: Seit man dass nicht mehr mit scharfem ß schreibt, scheint die Versuchung, dem das ein zweites s zu verpassen, sogar noch größer geworden zu sein.
Die „neue“, bereits mehrmals reformierte Rechtschreibung hat es uns aber in gewisser Weise leichter gemacht. Die allgemeine Verwirrung und Verunsicherung ist so groß, dass häufig niemand mehr weiß, was denn nun richtig und was falsch ist.
An vieles, was uns die Reform gebracht hat, kann man sich gewöhnen. Aufwändig mit Ä zu schreiben zum Beispiel, oder auch an die Gämse mit Umlaut. Ohnehin schreibt die Durchschnittsredakteurin, ja der Normalverbraucher überhaupt, höchst selten von Gemsen, Pardon, Gämsen. Bestenfalls auf einer Urlaubskarte.
Aber Thunfisch ohne H – das geht zu weit. Das bringe ich einfach nicht über die Tasten, weil es gar so blöd aussieht: Tunfisch. Mögen es andere tun – wir lassen’s lieber. Lassenfisch!
Und