Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
Du und dein Bruder Ed.«
»Ich?!« brüllte Ed verstört, »wieso ich? Ich habe ihn nicht niedergeknallt.«
»Nein, aber du warst dabei.«
»Ich konnte nichts machen. Ich stand in der Tür, als Hal…«
»Du sollst das Maul halten«, unterbrach ihn sein Bruder. »Was willst du denn. Wozu regst du dich auf. Er kann doch gar nichts mehr machen. In einer Minute liegt er hier tot vor uns im Sand, und wir verscharren ihn.«
Ed schluckte. »Tot vor uns im Sand«, stammelte er.
»Ja, was denn, was hast du denn gedacht?«
Die alte Frau, die am Brunnen gestanden hatte, kam schlurfend mit dem Eimer heran. Als sie an dem Marshal vorbeikam, lachte sie blöde.
»Soll ich rüberkommen, Hal?« rief Clay Scott von drüben.
»Nein, du bleibst, wo du bist.«
Also auch ihm, dem Mörder, war keineswegs so geheuer, wie er tat. Auch er hatte noch großen Respekt vor dem Mann, der da vor ihm stand.
Er lehnte sich gegen die Wand, behielt den Revolver in der Hand und sah den Marshal nachdenklich an.
»Mich würde nur interessieren, wie Sie den Hof hier gefunden haben.«
»Das war nicht sehr schwer, Hal. Ein Mörder hinterläßt immer eine deutliche Fährte.«
Da stieß sich der Bandit von der Holzwand ab, beinerne Blässe hatte sein Gesicht überzogen. Er schob den Revolver vor – die Beine gespreizt und die Hacken nach außen gestellt – und mit gefletschten Zähnen zischte er: »Du wirst sterben, Sternschlepper.«
»Ja, natürlich, Hal, ich muß sterben – und du, jeder. Es ist nur gut, daß man meistens nicht weiß, wann und wo man stirbt. Von dir weiß ich es. Du stirbst am Galgen.«
Ed griff sich an die Kehle. »Ich…«, stammelte er. »Ich… habe eigentlich nichts damit zu tun, Mr. Earp.«
Da riß Hal mit der ausgestreckten linken Hand einen Backhander zur Seite, der den Bruder klatschend ins Gesicht traf. Der Schlag zog Blut aus der Nase Edwards.
Wyatt blickte von einem zum anderen.
»Wirklich eine feine Familie, die Flanagans.«
Hal fauchte ihn an: »Diese Bemerkung können Sie sich sparen, Earp. Ich habe Ihnen gesagt, daß Sie jetzt sterben werden.«
»Ja, Hal, das hast du gesagt.«
»Sie glauben es wohl nicht?«
»Weißt du, ich denke daran, daß mich neulich in Nogales ein Mann gefragt hat, ob ich nicht nach Texas kommen wolle, um bei den Ölbohrungen zu arbeiten.«
Über Hals Gesicht lief ein teuflisches Grinsen.
»Den Job hättest du annehmen sollen, Earp. Vielleicht wärst du dabei älter geworden.«
Da meldete sich wieder die schrille Stimme Clay Scotts von der anderen Hofseite her.
»Worauf wartet ihr eigentlich, macht endlich Schluß! Jede Minute, die der Kerl länger lebt, ist für uns doch nur gefährlich.«
»Ja, Scott, du hast recht. Für einen Feigling ist jede Minute gefährlich!«
»Ich bin kein Feigling!« krächzte der Cowboy.
»Und ob du einer bist. Stehst hinten in meinem Rücken und hast dich hinter einer Tür versteckt. Du elender Feigling.«
»Ich habe es nicht nötig, mich zu verstecken.«
Irgendwo im Rücken des Marshals ging eine Tür.
Wyatt drehte sich auch jetzt nicht um. Aber er wußte, daß auch Scott jetzt in den Hof gekommen war. Fünf Yard vor sich hatte er die beiden Flanagans.
Hal stand links und war sicher doppelt so gefährlich wie sein Bruder Edward. Und in seinem Rücken war Scott. Eine mörderische Situation. Und zumindest Hal und Scott waren zum Mord entschlossen.
»Du hättest im Jail bleiben sollen, Ed«, wandte er sich an den jüngeren Flanagan. »Shibell und Jimmy King sind auch wieder da.«
»Shibell?« stieß Ed hervor.
»Ja, Shibell.«
»Hat er verraten, daß Hal Hucksley erschossen hat?«
»Nein, er hat kein Wort gesagt. Das stand ohnehin für mich fest.«
»Ich bringe ihn um«, stieß Halman durch die Zähne. »Aber erst stirbst du, verdammter Sternschlepper.«
»Macht endlich ein Ende!« schrie Scott von hinten.
Die alte Frau war mit dem Wassereimer in die Küche gegangen und warf zufällig einen Blick durch das Fenster hinaus in die Savanne. Da sah sie hinten von der Overlandstraße einen Reiter in gestrecktem Galopp auf das Gehöft zukommen.
Es war ein Mann, der auf einem schwarzen Pferd saß.
Die geistesschwache Frau schüttelte den Kopf, wandte sich um und kam hinaus in den Hof. Sie schob Ed zur Seite und meinte: »Der Teufel kommt, ja, ja, der Teufel.«
»Schaff mir die Alte aus den Augen«, krächzte Hal.
Ed stand auf zitternden Beinen neben der Tür.
»Du weißt, daß sie manchmal Ahnungen hat, Hal.«
»Ja, sie hat sogar untrügerische Ahnungen. Der Teufel ist nämlich schon da. Sieh ihn dir an, da steht er vor dir und hat einen Stern. Und sein Name ist Earp!«
»Auf einem schwarzen Pferd!« plapperte die Alte und ging an Wyatt vorbei in den Hof.
»Die Alte macht mich verrückt. Ich habe dir gesagt, du sollst sie mir aus den Augen schaffen«, brüllte Hal.
Da trat Scott weiter vom Scheunentor weg und kam an den Brunnen heran. Er kehrte jetzt dem Ranchtor den Rücken und hob den linken Arm.
»Hör zu, Hal, wenn du zu feige bist, anzufangen, dann werde ich das machen!«
Da biß der Mörder Halman Flanagan die Zähne zusammen und hob den Revolver an.
In diesem Augenblick peitschte vom Hoftor her ein brüllender Schuß über den Hof und stieß dem Cowboy Clayson Scott den Hut vom Kopf.
Clay fuhr herum und starrte entgeistert auf den Mann, der etwa zwölf Schritt von ihm entfernt in der Mitte des offenen Ranchtores stand.
Er war groß, schlank, sehnig, hatte ein aristokratisch geschnittenes blaßbraunes Gesicht, das von einem eisblauen Augenpaar beherrscht wurde. Zu seinem nach der neuesten Mode geschnittenen schwarzen Anzug trug er ein weißes Rüschenhemd und eine schwarze Samtschleife.
Sein schwarzer Stetson saß ihm tief in der Stirn.
»Doc Holliday!« Der Schrei brach aus drei Kehlen gleichzeitig.
Hal Flanagan faßte sich zuerst. Er spannte den Colt und gab einen Schuß auf den Marshal ab. Aber nicht schnell genug.
Wyatt hatte einen Sekundenbruchteil früher mit einem hämmernden Schuß seinen rechten Arm getroffen. Der Revolver entglitt dem Mörder.
Er griff mit der Linken nach seinem zweiten Colt.
Da aber spannte der eigene Bruder beide Hände um seinen Arm.
»Nicht, Hal!«
Der Kopf des Mörders sank auf die Brust herunter. Er war erledigt.
Die drei Banditen wurden gefesselt und auf ihre Pferde gesetzt.
Wyatt Earp und Doc Holliday zogen sich in die Sättel und verließen das Räubernest der sechzehn Bäume.
Als sie auf der Overlandstreet waren, fragte der Marshal den Freund: »Wie sind Sie bloß auf den Gedanken gekommen, hier auf diesen Hof zu reiten?«
»Wahrscheinlich so, wie Sie darauf gekommen sind. Ich war auf