Übersetztes, Neueres, Neuestes. Ferdinand Freiligrath
Die Glocken von Shandon.
Die Brust durchzittern,
Im Herzen schüttern,
Oft noch die Glocken
Von Shandon mir,
Die mit wildem Läuten
In der Kindheit Zeiten
Ihre Zauber streuten
Um die Wiege mir.
Allzeit drum, bin ich
Auch ferne, sinn' ich
Und denk' ich innig
Zurück an sie:
An die Heimatglocken,
Die so stolz frohlocken
An den lustigen Wassern
Des Flusses Lee.
Viel Glockenspiele,
Erzglocken viele,
Hört' ich im Banne
Manch' fremden Schreins.
Das war ein Singen,
Ein Hallen und Klingen,
Doch keines klang mir,
Heimat, wie deins!
Denn das Herz, gehoben
Von dem freud'gen Toben
Auf dem Turm hoch oben, –
O, wie ließ es sie,
Deine lieben Glocken,
Doppelt frohlocken
An den lustigen Wassern
Des Flusses Lee!
O, das prächt'ge Rollen,
O, das Rollen und Grollen,
Das vom Vatikan her
Gedonnert kam!
Und das Zymbalstürmen
Hoch auf den Türmen
Durcheinanderhämmernd
Von Notre Dame!
Wohl trotzig steht er,
Dein Dom, Sankt Peter,
Doch Süßeres weht er
Zum Tiber nie,
Als der Heimat Glocken,
Die frohlockend locken
An den lustigen Wassern
Des Flusses Lee!
Tönt 'ne Glock' in Mosko,
Doch auf Turm und Kiosk, O!
Aufschwingt der Türk' sich
Nach dem Gesetz;
Treu dem Propheten
Ruft er laut zum Beten
Von den schlanken Pfeilern
Der Minarets.
Mag er's! Ich störe
Ihn nicht; ich höre
Ganz andre Chöre
So spät wie früh:
Meiner Heimat Glocken,
Die so stolz frohlocken
An den lustigen Wassern
Des Flusses Lee.
William Makepeace Thackeray
Am Kirchtor.
Nicht tret' ich durchs Portal –
Vor ihm doch manchesmal
Wandl' ich und steh' ich;
Nah der geweihten Tür
Sehnenden Auges Ihr
Entgegen späh' ich.
Weit schallt die Glock' hinaus
Über der Stadt Gebraus,
Rings füllt der Pfad sich.
Still nun wird's auf dem Turm,
Anschwillt der Orgel Sturm:
Sie naht sich, sie naht sich!
Schüchtern und sittiglich
Niederschau'nd naht sie sich,
Nichts hemmt den Schritt ihr;
Sie kommt, – sie ist da, – vorbei
Ist sie enteilt schon, – sei
Der Himmel mit ihr!
Knie', holde Heil'ge du,
Schütt' aus dein Herz in Ruh'
Mit der Gemeine.
Nicht komm' ich zu entweih'n
Mit wilden Wünschen dein
Gebet, das reine!
Doch laß, o laß mich hier,
Nah der verbotnen Tür
Zögern und sinnen!
Wie Geister, draußen vor
Des Himmels offnem Tor
Engel sehn drinnen!
William Shakespeare
Grablied aus Cymbeline
Fürchte nicht mehr der Sonne Glüh'n,
Noch ob grimm der Winter wüte;
Hast vollbracht dein irdisch Müh'n,
Gingest heim, nahmst deine Miete:
Gold'ne Jugend all' wird Staub!
Alle, wie Essenfeger, Staub!
Fürchte nicht mehr der Großen Zorn,
Bist entrückt des Wütrichs Streichen;
Sorge nicht mehr um Kleid und Korn;
Dir das Schilfrohr wie die Eiche:
Szepter, Wissen, Heilkunst Staub!
Alle dir nach und werden Staub!
Fürchte nicht mehr des Blitzes Loh'n,
Noch des Donnerkeiles Dröhnen;
Fürchte nicht Läst'rung mehr und Hohn,
Bist zu End mit Freud und Stöhnen:
Alles, was liebt und jung ist, Staub!
Dies das Ende! Alles Staub!
Kein Beschwörer kränk' dich!
Nie kein Bann bedräng' dich!
Störe kein Geist die Ruh' dir!
Böses nicht komm zu dir!
Ruhiges Verwesen hab'
Und gefeiert sei dein Grab!
Robert Browning
Tokayer
Sprang der Tokayer auf unsern Tisch,
Wie ein Zwergen-Schloßwart – klein, aber tüchtig;
Tüchtig und wacker, mutig und frisch;
Waffen und Zubehör, alles richtig!
Und grimm blickt' er nordwärts, dann südwärts im Nu;
Blies dem Durst durch sein Horn eine Fordrung zu;
Warf den Feder-Schlapphut schief auf die Ohren;
Drehte den Schnurrbart, fuchsig und lang;
Stieß aneinander