Funkelsee – Im Tal der verlorenen Pferde (Band 5). Ina Krabbe

Funkelsee – Im Tal der verlorenen Pferde (Band 5) - Ina Krabbe


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Malu war froh gewesen, als Mutter und Tochter endlich abgereist waren.

      »Lenka hat extra geschrieben, wir sollen nichts von der Nachricht verraten«, wandte Lea ein. »Was, wenn sie dann durch uns in Gefahr gerät?«

      »Sie wird ja wohl nicht von ihrer Mutter bedroht werden, oder?«, sagte Edgar.

      »Aber irgendwie hat Lenka ein Problem mit ihrer Mut­ter, sie wollte die doch noch nicht mal sehen, als sie vor drei Wochen hier war«, erinnerte Malu sich. »Und sie wollte auch nicht mit ihr nach Spanien auf das Gestüt ihres Stief­­vaters ziehen. Obwohl so ein Gestüt doch eigentlich ganz nach ihrem Geschmack sein müsste. So etepetete, wie die sich immer gibt.«

      Lea sah sie strafend an.

      Malu zuckte mit den Schultern. »Wirklich, Lea, ist doch wahr. Wie oft hat sie damit angegeben, wie cool das Gestüt ist, auf dem ihre Mutter lebt, mit seinen edlen Pferden, dem türkisen Pool und Scharen von Bediensteten. Und dann will sie da nicht hinziehen? Ist doch komisch!«

      »Hat sie dir eigentlich mal Fotos davon geschickt?« Edgar rückte ein Stückchen näher an Lea heran.

      »Ein paar, allerdings eher von ihrem Hund Juri.« Lea wischte in ihre Foto-App und zeigte ihnen das Bild eines kleinen schwarz-weißen Terriermischlings.

      »Der ist ja süß.« Malu konnte gar nicht anders, als zu lächeln. Der kleine Hund sah wirklich zu putzig aus. »Ich wuss­­te gar nicht, dass Lenka einen Hund hat.«

      »Den hat sie von ihrer Mutter bekommen, zur Ankunft.« Lea suchte nach weiteren Fotos.

      »Das hast du mir ja gar nicht erzählt!«, sagte Malu beleidigt.

      »Vielleicht weil die Dame allein bei der Erwähnung des Namens Lenka immer direkt an die Decke geht?!«, antwortete ihre Freundin schnippisch.

      »Wahre Worte.« Edgar betrachtete seine Schwester (ge­­ra­­­de eher Halbschwester!) grinsend.

      Malu lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Mühsam versuchte sie die heiße Wut, die sich in ihrem Inneren breit machte, zu unterdrücken. Das Schlimms­­te war, dass die beiden recht hatten. Der Name ihrer Cousine war tatsächlich ein rotes Tuch für sie – immer noch! Sie würde ihr wahrscheinlich nie verzeihen, dass sie Papilopulus mit der Gerte geschlagen hatte, als er sie abgeworfen hatte, und dass sie mit ihrer Freundin Mari­­ella die giftigen Blumen in seinen Futtertrog gelegt hatte (ok, es war hauptsächlich Mariella gewesen – aber trotzdem!).

      Plötzlich wurde die Küchentür aufgerissen und Rebekka kam herein. Sie strahlte übers ganze Gesicht und wedelte mit ein paar Zetteln in der Hand.

      »Ihr seid ja vielleicht Glückskekse«, lachte sie. »Und ja, ihr dürft.«

      Die drei starrten Malus Mutter an, als wäre sie verrückt geworden (vielleicht war sie das ja auch?).

      »Alles ok mit dir, Mama?«, fragte Malu vorsichtig. »Willst du dich mal hinsetzen?«

      Rebekka musterte ihre Tochter, Edgar und Lea erstaunt. »Ihr wisst gar nicht, wovon ich rede, oder?«

      »Was meinst du? Nun sag schon«, drängelte Malu.

      »Ich dachte, Lenka hat euch geschrieben.« Rebekka zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu ihnen an den Tisch.

      Malu sah ihre Mutter verwirrt an. Sie konnte unmöglich von der Nachricht sprechen, die Lenka ihnen geschickt hat­te.

      Rebekka legte die Papiere auf den Tisch und klopfte da­­rauf. »Hier sind eure Flugtickets. Lenka hat euch nach Spanien eingeladen. Eine Woche Ferien auf einem spanischen Gestüt. Es ist alles schon gebucht und bezahlt, Arno hat mir gerade die Tickets gegeben. Was ist? Freut ihr euch gar nicht?« Jetzt war es an Rebekka, die drei Jugendlichen verwirrt anzugucken. Sie hatte wohl eher mit Jubelschreien gerechnet, als mit solch verdatterten Mienen.

      »Hast du mit Lenka gesprochen? Oder mit ihrer Mut­ter?«, fragte Malu misstrauisch. Irgendetwas stimmte mit dieser Einladung nicht. Da konnte man doch dran fühlen! Sollte sie ihrer Mutter von Lenkas Nachricht erzählen? Aber Erwachsene nahmen so etwas nie ernst, damit hatte Malu schon leidvolle Erfahrungen gemacht.

      »Nein, wie gesagt, Arno kam eben zu mir in die Schloss­küche und hat mir alles erzählt. Der Telefonkontakt ist wohl schwierig, das Gestüt liegt ziemlich einsam. Und ich dachte, ihr springt vor Freude an die Decke.« Rebekka klang enttäuscht. »Wir konnten uns ewig keinen Urlaub leis­­­ten und du hattest dir doch so sehr die Ferien in dem Pfer­de­­camp gewünscht«, sagte sie zu Malu. »Und dann so eine Ein­­ladung – das ist doch toll!«

      »Ja, schon ...«, begann Malu, verstummte dann aber. Sie konnte ihrer Mutter ja unmöglich sagen, dass sie sich da­rauf gefreut hatte, dass Rebekka die nächsten zwei Wo­­chen so mit ihrem Hotelbetrieb beschäftigt sein würde, dass Malu ohne Aufsicht und Kontrolle mal machen konnte, was sie wollte: reiten, sonnen, mit Lea am See rumlümmeln, Eis im Muffins essen – Freiheit pur sozusagen!

      »Das ist supertoll«, platzte Lea übertrieben fröhlich da­­zwischen. »Keine Frage, natürlich fliegen wir zu Lenka.« Da­­­bei sah sie Malu eindringlich an, bis diese ergeben nickte.

      »Ja klar, fahren wir. Ich bin nur so ... überrascht, das ist alles.«

      »Na, da bin ich ja beruhigt.« Rebekka lachte. »Ich freu mich so für euch.«

      Malu stöhnte leise, es wurde langsam Zeit, dass Rebekka ihr schlechtes Gewissen überwand und wieder einigermaßen normale Reaktionen an den Tag legte. Hätte sie nicht so etwas sagen können wie: Oh Gott, ihr drei alleine nach Spanien? Ganz alleine im Flugzeug unterwegs? Ich weiß nicht, ob ich das erlauben kann. Das ist doch viel zu gefährlich. Gerade jetzt wäre Malu das ausnahmsweise mal recht gewesen.

      »... da kann ja nichts passieren«, sagte ihre Mutter stattdessen. »Ich fahr euch morgen früh zum Flughafen und Lenkas Mutter holt euch dann in Spanien ab.«

      So viel dazu!

      Edgar rutschte unbehaglich auf der Küchenbank hin und her. Er machte ein ganz unglückliches Gesicht.

      »Was ist mit dir, hast du etwa auch keine Lust auf Ferien in Spanien?«, fragte Rebekka.

      »Ich würde total gerne mitfliegen! Urlaub auf einem spanischen Gestüt, wie cool ist das denn«, seufzte Edgar. »Aber ich kann doch jetzt nicht weg. Roccos Huf ist noch nicht wieder in Ordnung und wer soll sich um die Gastpferde kümmern? Das kann Vincent unmöglich alleine schaffen, er kennt sich ja gar nicht mit Pferden aus.«

      »Oh, wie schade.« Rebekka sah ihn betroffen an. »Aber das stimmt natürlich. Dann müssen die Mädchen wohl alleine fliegen.«

      Die Tür flog ein zweites Mal auf und ein grinsender Vincent stürmte in die Küche. »Ihr glaubt nicht, was Kalle mir geschenkt hat!«

      »Ein Flugticken nach Spanien?«, riet Lea.

      Vincent schüttelte irritiert den Kopf. »Wie kommst du denn auf so was?« Er strich sich seine schwarzen Haare aus dem Gesicht. »Nein, das hier!«

      Mit großer Geste zog er ein nagelneues Handy aus der Hosentasche. Kalle hatte eindeutig ein noch schlechteres Gewissen als ihre Mutter, er hatte seinen Sohn doch tatsächlich des Diebstahls verdächtigt, als in der Schlossküche Geld verschwunden war.

      Vincent quetschte sich neben Edgar auf die Küchenbank und wischte glücklich auf seinem Smartphone herum. »Ich bin wieder mit der Welt verbunden. Ich gehöre wieder dazu. Der Wahnsinn«, murmelte er. »Ich liebe es jetzt schon!«

      Fehlte nur noch, dass er es küsste. Malu grinste.

      Es klopfte am Türrahmen und jetzt schob sich auch noch Vincents Vater in die Küche. Langsam wurde es eng in dem kleinen Raum – so mochte Malu es am liebsten.

      »Dat du aber nich die janze Zeit an dem Ding rumdaddelst«, brummte Kalle.

      »Nee, nee«, sagte Vincent, ohne den Blick von dem kleinen Bildschirm zu nehmen. »Aber jetzt erfahr ich endlich mal, wie es den anderen in Berlin geht. Man hört ja sonst


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