Gedichte. Gustav Schwab
In meinem Ohr ja hallen noch die Klänge,
Die mich an sie, wie Priestersegen, binden.
Ich bin mit ihr vor Gottes Stuhl getreten,
Und mir war klar: erhöret sei mein Beten.
Vermächtniß
An die Freunde.1
Es kommt die Zeit, da ich nicht mehr zu sagen,
Was dieses Lied euch deuten soll, vermag;
Da dieser Mund auf eure Grüß' und Fragen
Tief schweigen wird, und nun mein letzter Tag
Mir ohne Sang und Lust wird nächtlich tagen:
Drum eh' dies Leben hemmt der jähe Schlag,
So lang' es noch beim Frohen bleibt und Alten,
Hört, wie ich's ewig wissen will gehalten.
Soll ich der Erste sein, der von euch scheidet,
Sollt ihr mich starr und stille liegen sehn,
So soll der Anblick, dran der Schmerz sich weidet,
Vor eurer Seele schnell vorübergehn;
Nie soll das Bild des Freundes, wie er leidet,
Und wie er stumm im Tode muß vergehn,
Sein bleiches Antlitz nie, wann ihr in Freuden
Den Bund erneut, euch Wein und Lied verleiden.
Nein! wie ihm Lust und Liebe stets gelungen,
Wie er, lebendig steh'nd im Brüderkreis,
Hoch den Pokal in fester Hand geschwungen
Zu der versammelten Gemeine Preis;
Bei schönen Namen festlich angeklungen,
Die Wangen glühend und die Blicke heiß;
Und mit Gesang zur brüderlichen Flechte
Euch rings geboten seine deutsche Rechte:
So soll er Allen vor der Seele stehen,
Als führt' er noch ein Leben unter euch,
Als könntet ihr ihn hören noch und sehen,
Als wär' er froh und allen Andern gleich.
Ihr müßt nicht glauben, daß aus euren Nähen
Er lang entschwunden, fern vom Freudenreich,
Nur unterm Boden, den ihr fröhlich tretet,
Sein Lager tief und stille sich gebettet.
So bleibe denn bei euren Bundesfesten
Kein Sitz noch Glas zu seiner Ehre leer;
Noch eine Lück' auch in dem treuen, festen,
Verschlungnen Kranz der Brüderhände mehr.
Denkt nur, wie er den theuren Kreis am besten
Beherrschen kann vom blauen Himmel her,
Und wie er blickt auf die verbundnen Rechten,
Ein Bundesglied, aus sternenhellen Nächten.
Fußnoten
1 Durch einen Traum veranlaßt.
An einen Freund ins Stammbuch
An Schwabens treu vereinigende Weine,
Bei denen wir manch frohes Fest begangen:
An Schwabens Mädchen, und vielleicht an Eine,
Die unter schwäb'schen Tänzen dich befangen:
An Schwabens Freunde, die getreu, wie keine,
An Brüdern fest, wie an Geliebten, hangen:
An diese drei soll dich mit süßem Ahnen
Mein vaterländ'scher Name stets gemahnen.
Und wirst du deß in nord'scher Heimat inne,
Wird dann ein sanft Gefühl zurück dich ziehen;
Kommt dir der liebe Frühling vor die Sinne,
Wie der im fernen Schwabenland mag blühen;
Denkst du an schwäb'schen Wein und schwäb'sche Minne,
Und wie für dich dort alte Freunde glühen;
So denk' auch mein, und bei viel theuren Bildern
Laß mein Bild auch dir deine Sehnsucht mildern.
Tischgebet
Du hast uns aufgesetzet
Von deinem guten Wein:
Wenn wir uns dran geletzet,
Laß, Herr, es uns gedeihn!
Du lässest es nicht fehlen
An Liedern hell und gut,
So gieb uns frische Kehlen,
Und frohen Liedermut!
Und wem du zu den Reben
Und zu dem lust'gen Sang
Ein Liebchen wolltest geben,
Dem laß es noch recht lang!
In Züchten und in Ehren
Bewahr' ihm ihren Kranz;
Und wenn du's kannst gewähren,
So gieb sie bald ihm ganz!
Und nun, zu allen Liedern,
Zu Lebens Ernst und Scherz,
Gieb uns verbundnen Brüdern
Ein immer reines Herz!
Gieb uns ein deutsches Leben,
Und kommt die letzte Not,
So wollest du uns geben
Auch einen deutschen Tod! –
Einzug
Da bin ich nun, ihr Berge blau,
Du fremdes Dorf, du neues Gau!
Ich hab' das Alte gar vergessen,
Mir ist, als hätt' ich's nie besessen.
Empfangt mich freundlich, Wald und Feld,
Als käm' ich eben erst zur Welt.
Tief hinter mir in Duft und Schaum
Liegt die vergangne Zeit als Traum;
Der Sommer fällt mir kaum noch ein
Mit seinem lieben Sonnenschein:
Damit ich ihn nicht sollt' vermissen,
Verschied er unter Regengüssen;
Der