Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

Märchen aus Frankreich, Band 1 - Группа авторов


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er so in frommen Gedanken befangen war, hörte er das Glöcklein eines Einsiedlers läuten und sprach: "Ich will in die Kapelle gehen, um meine gewohnten Gebete zu sprechen und wenn möglich eine Messe zu hören. Mein Geschäft ist nicht so dringend, und bald wird der Gottesdienst beendet sein." Er wandte sein Pferd nach rechts, ritt den Hügel, auf welchem die Klause des Eremiten stand, hinauf und betrat die Kapelle, während der heilige Mann die Messe sang. Als aber die Wandlung vollzogen wurde und der Jüngling unter Tränen an seine Brust schlug, siehe, da schwebte eine weiße Taube hernieder, welche einen Brief in ihrem Schnabel trug. Diesen ließ sie auf den Altar niederfallen. Nachdem der Einsiedler den Gottesdienst beendet hatte, küßte er das Schreiben dreimal und öffnete es sodann. Der Brief gebot dem Eremiten, er solle den Jüngling zurückhalten, bis die Mittagsstunde vorüber sei, denn Gott und die heilige Jungfrau, welche ihn in ihrer Hut hätten, wollten ihn aus Gefahr retten. Der Einsiedler trat auf den Jüngling, der schon sein Roß wieder besteigen wollte zu und bat ihn, bis Mittag bei ihm zu verweilen. Nach längerem Zögern willigte dieser ein und ließ sein Roß grasen; der heilige Mann jedoch hielt ihn mit freundlichen Worten so lange fest, bis die Sonne im Mittag stand.

      Der Lehrmeister, welcher nicht wußte, was aus dem Knaben geworden sei, begab sich unterdessen zum König, und dieser befahl ihm, unverzüglich in den Wald zu reiten und den Förster zu fragen, ob er des Königs Gebot erfüllt habe. Der Meister ritt in den Wald und sprach zum Förster: "Der König wünscht zu wissen, ob sein Wille geschehen ist." "Nein," versetzte jener, "noch nicht, aber gleich soll er geschehen." Mit diesen Worten packte der Förster den Schurken und warf ihn ins Feuer, wo er alsbald zu Asche verbrannte.

      Alsbald kam der Knabe zu dem Feuer; diesem rief der Förster von weitem entgegen: "Ich weiß wohl, was Ihr wollt! Geht, und sagt dem König, daß ich seinem Befehle nachgekommen bin." Sogleich wandte der junge Mann sein Roß, um dem König diese Botschaft zu überbringen. Als dieser die Wahrheit erfahren hatte, liebte er den Knaben noch inniger als früher und ließ ihn zu großen Ehren gelangen.

      Von der Königin, die ihren Seneschall tötete

      In Ägypten lebte einst ein König, der war jung, schön und reich. Gar sehr liebte er Hunde und Falken und trieb oft mit ihnen seine Lust. Eines Tages war er zum Jagen in den Wald gegangen; als er aber die Spur eines Hirsches verfolgte, brach ein furchtbares Unwetter los. Jeder suchte sich einen Unterschlupf, und der König blieb ganz allein; er ritt in ein Unterholz und verbarg sich dort so lange, bis das Wetter sich verzogen hatte. Der König ritt nun durch den Wald und suchte seine Begleiter, aber er hörte weder Horn noch Hund und wußte nicht, welchen Weg er nehmen sollte. Schon brach die Nacht herein, da fand er einen Pfad, der, wie er glaubte, ihn zu einer Herberge führen müsse. Und wirklich, wie er aus dem Walde trat, erblickte er einen Strom und ein Schloß darüber, und er dankte Gott, der ihm den Weg gewiesen hatte. Müde klopfte er an die Pforte der Burg, die Zugbrücke wurde herabgelassen, und der Schloßherr ging dem späten Gast, den er alsbald als seinen Lehnsherrn erkannte, entgegen, um ihn zu bewillkommnen. Im Saal begrüßten ihn die Gattin und die Tochter des Ritters, eine Jungfrau von außergewöhnlicher Anmut. Als der König die Maid erblickte, wurde sein Herz bewegt, und er hielt ihre Schönheit für wertvoller als alle seine Schätze. "Wenn sie meine Liebe nicht zurückweist," sagte er zu sich selber, "so werde ich sie zur Königin machen. So soll es sein! Ich will sie besitzen!" Das Abendessen wurde aufgetragen, und die Jungfrau, die den Funken der Liebe in ihres Herren Herzen entzündet hatte, saß dem König gegenüber. Nach einer schlaflosen Nacht trat der junge König vor den Schloßherrn und trug ihm seinen Wunsch vor. Dieser warf sich ihm zu Füßen und dankte ihm die Ehre unter Tränen; darauf wurde allsogleich die Verlobung gefeiert. Kaum war die Feier beendet, so drang das Gefolge des Königs, das ihn den ganzen Tag gesucht hatte, in das Schloß, und alle freuten sich, ihn gesund zu finden.

      Der König hatte einen Seneschall, der alle seine Geschäfte besorgte, aber der war ein habgieriger Mann und von niedriger Gesinnung. Sein Herr, der ihm in allem vertraute, erzählte ihm seine Verlobung mit der Tochter des Ritters. Er ließ seine Braut rufen, und als der Seneschall sie erblickte, erstaunte er über ihre Anmut und lobte gar sehr den Entschluß seines Herrn. Bald darauf nahm der König Urlaub, nachdem er zuvor seiner Liebsten versprochen hatte, er wolle über drei Tage wiederkommen, doch nur im geheimen und unter vier Augen. Da beging die Jungfrau eine Torheit, die sie viel Tränen kosten sollte, sie zeigte nämlich ihrem Geliebten, wie er heimlich in ihr Gemach gelangen könne und gab ihm den Schlüssel zu einer verborgenen Pforte. Während des Heimrittes gestand der König seinem Seneschall, was er vorhabe. Dieser tadelte ihn, daß er sich und die Jungfrau der Schande aussetzen wolle und drang so lange in ihn, bis er versprach, die Sache auf sich beruhen zu lassen und den Schlüssel seinem Seneschall überantwortete. Als der Treulose das Schlüsselein in der Hand hielt, keimte in ihm der verbrecherische Gedanke, er wolle zugreifen und das seltene Glück, das sich ihm biete, genießen. Er begab sich also zur verabredeten Zeit, geschützt vom Dunkel der Nacht, in das Schlafgemach der Ritterstochter und bestieg mit dieser, die nichts Böses ahnte, das Lager. In dieser Nacht verlor sie ihre Jungfrauschaft. Dann schlief der Schurke ein und begann zu stöhnen wie ein alter Mann. Da wunderte sich die Maid und sagte sich, daß der König ein junger Mann sei, während sie diesen groß und plump fand. Leise erhob sie sich vom Bett und entzündete eine Kerze, da erkannte sie den Schläfer und sprach: "Ich habe hier einen schlechten Freund, so will ich ihm auch eine schlechte Geliebte sein, er soll sich nicht rühmen, bei mir gelegen zu sein." Sie ergriff das Schwert des Seneschalls und schnitt ihm damit das Herz entzwei. Alsdann holte sie ihre Base, und die beiden schleppten die Leiche hinaus und warfen sie in einen wasserlosen Brunnen, in welchen sie Erde und Schutt häuften, so daß niemand ahnen konnte, was die Tiefe barg. Der König ließ im ganzen Lande seinen Seneschall suchen, aber nichts verlautete von ihm, und schließlich wurde der Tote vergessen, wie denn das Leben den Lebenden gehört.

      Einer Versammlung seiner Barone und Bischöfe trug der König seinen Heiratsplan vor, und es wurde beschlossen, daß die Hochzeit bald darauf im Schlosse des Königs stattfinden solle. An diesem Tage bat die junge Königin ihre Base, sie möchte in der ersten Nacht bei dem Könige ruhen, damit dieser den Verlust ihrer Jungfrauschaft nicht bemerken solle. Diese war damit einverstanden, und als es Nacht geworden war, bestieg sie mit dem König das Brautbett. Um Mitternacht entschlummerten beide, da trat die Königin an das Bett, zupfte ihre Base an den Zehen und wollte sie wecken, um den Platz wieder mit ihr zu tauschen, aber die Treulose sprach: "Ich werde mich nicht von der Stelle rühren. Ich will den König zum Gatten haben, denn ich habe diese Ehre wohl verdient." Die junge Königin wurde von Verzweiflung ergriffen und legte Feuer an die Bettstatt, nachdem sie zuvor ihre Base mit einem Schleier gefesselt hatte. Das Feuer fand reiche Nahrung am Stroh und verbreitete sich rasch. Sobald der König fühlte, wie die Flammen an seinen Fersen leckten, sprang er vom Lager und trachtete so sehr danach, sich zu retten, daß er seine Frau vergaß. Als er die Königin draußen gesund fand, freute er sich sehr, die andere aber verbrannte in ihrem Bett, so daß keine Spur von ihr zurückblieb.

      Während der Hochzeitsfeierlichkeiten blieb die Königin still und traurig, denn in ihrem Herzen trug sie die Erinnerung an die Mordtaten, die sie begangen. Um ihre Schuld zu sühnen, ließ sie zu Ehren der Gottesmutter ein Münster bauen und setzte einen Kaplan dorthin, der der Allerseligsten Tag und Nacht dienen sollte. Gar oft hörte sie selbst unter Gebeten und Reuetränen die heilige Messe und lobte die heilige Jungfrau. Zwei Jahre lang schleppte sie ihr Geheimnis mit sich herum, endlich aber entschloß sie sich, es zu beichten. Der Kaplan war ein scheinheiliger Heuchler; als sie ihr Geständnis beendet hatte, sprach er zu ihr: "Für diese Tat habt Ihr den Tod verdient; wenn der König davon erfährt, wird er Euch verbrennen lassen. Ich will Euch aber das Leben retten, wenn Ihr Euch mir hingeben wollt." Die Frau erschrak und antwortete: "Falscher Priester! Ich suchte Buße und Trost bei dir, und du verlangst eine größere Übeltat von mir, als die ist, die ich begangen habe. Ich will lieber im Feuer verbrennen, als den Eid brechen, der mich an meinen Herren bindet." Darauf ging der Kaplan zum König und erzählte ihm, was die Königin gebeichtet hatte. Der König ließ sogleich in dem Brunnen nachforschen, und da die Leiche des Seneschalls gefunden wurde, war auch ihr zweites Verbrechen erwiesen. Eine Versammlung der Großen des Landes trat zusammen und verurteilte die Königin zum Tod auf dem Scheiterhaufen.


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