Redemption Road: Vergebung. Katie Ashley

Redemption Road: Vergebung - Katie Ashley


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hatte ihn gebeten, dich zu holen, oder?“

      Er nickte. „Und ich kam auch zu dir.“

      „Ja“, murmelte ich und erinnerte mich vage, dass er in der Tür gestanden hatte, bevor ich wieder ohnmächtig geworden war.

      „Ich war die ganze Zeit bei dir, während du dich erholt hast. Wahrscheinlich ist es gut, dass wir in Mexiko sind, denn ein amerikanisches Krankenhaus hätte das bestimmt nicht erlaubt.“

      Ich verstand nicht, weshalb ich mich so zu ihm hingezogen fühlte oder warum ich ihn bei der OP hatte dabeihaben wollen. Schließlich war er ein Fremder. Natürlich hatte er seine Nettigkeit bewiesen, indem er mich aus den Tiefen der Hölle gerettet hatte, trotzdem wusste ich nichts über ihn. War Rev wirklich ein Ritter in schimmernder Rüstung oder hatte ich etwa schon wieder einen Wolf im Schafspelz vor mir?

      Als ich die ablenkenden Gedanken beiseitegeschoben hatte, sah Rev mich an. Seit der Entführung war mir meine äußere Erscheinung egal gewesen. Obwohl ich gezwungen worden war, für Mendoza gut auszusehen, war mir seine Meinung einerlei gewesen. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund machte ich mir jetzt jedoch Gedanken, was Rev von mir hielt. Ich hob die Hand, in der eine Infusionsnadel steckte, an mein Haar. „Ich muss furchtbar aussehen.“

      „Gar nicht. Ich finde, du siehst nach der OP schon wieder viel besser aus. Ich hatte Angst um dich, als ich dich gefunden habe.“

      „Ich habe dich für Jesus gehalten“, murmelte ich und spielte auf meine Worte im Camp an.

      „Ich bin immer noch nur Rev“, scherzte er.

      Darüber musste ich lächeln. Es fühlte sich gut an, wieder lächeln zu können und mit jemandem herumzualbern. Es erinnerte mich an vorher, bevor das mit Mendoza passiert war. „Was ist denn Rev für ein seltsamer Name?“

      „Ein Straßenname.“

      Ich entriss ihm meine Hand. Nein, das durfte nicht wahr sein. Auf keinen Fall konnte jemand so Nettes wie Rev so sein wie Johnny und seine Kumpane.

      Als ich ihn entsetzt anstarrte, sagte er: „Es ist nicht so, wie du denkst.“

      „Aber du bist ein Biker, oder? Was gibt es da anderes zu denken?“

      „Ich bin ein Hells Raider. Wir sind überhaupt nicht wie die Diablos.“

      „Ganz sicher nicht?“, widersprach ich, ehe ich mich bremsen konnte.

      Trotz glomm in seinen Augen auf. „Ich habe noch nie eine Frau angefasst, die nicht damit einverstanden war. Und auf keinen Fall habe ich je eine geschlagen. Und wenn ich es gewollt hätte, hätte mich mein Club rausgeschmissen und mir meine Kutte genommen. Eine unserer Regeln lautet, niemals seine Old Lady oder eine andere Frau zu misshandeln.“

      „Wirklich?“

      Er nickte. „Das war ein Hochzeitsgeschenk, das einer unserer früheren Präsidenten seiner Frau gemacht hat. Sie hatte ein schweres Leben. Viele Männer hatten sie über die Jahre missbraucht.“

      Auch wenn ich sie nicht persönlich kannte, spürte ich eine starke Verbundenheit zu dieser Frau. Wir waren beide an einen Club geraten, dem wir niemals hätten beitreten wollen. „Das klingt, als wäre er ein guter Mann.“

      Rev verzog kummervoll das Gesicht. „Das war er.“

      „War?“

      „Er wurde vor ein paar Monaten umgebracht.“

      „Das tut mir leid“, antwortete ich. Ich hatte Mitleid mit Rev, denn er strahlte seine Trauer aus.

      „Danke.“

      Ich verzog das Gesicht und drückte mich im Bett hoch. „Und ich entschuldige mich dafür, dich für so einen Mann gehalten zu haben wie die … die mich verletzt haben.“

      „Schon okay. Du kannst nichts gegen deine Gefühle machen. Und ich weiß, was du durchgemacht hast.“

      Ich neigte den Kopf zur Seite. „Wovon ist Rev die Abkürzung?“

      „Reverend.“

      Meine Brauen schossen nach oben bei der Vorstellung, dass Rev eine religiöse Berufung haben sollte. „Du bist ein Pastor?“

      „Nein, aber mein Vater war einer.“ Ich musste weiterhin ahnungslos ausgesehen haben. Er holte tief Luft. „Als mein Bruder und ich Vaters Club beigetreten sind, nahmen wir Namen an, die uns mit der Familie verbunden haben, und sein früheres Lebens als Pastor ehrten.“

      „Seines früheren Lebens?“

      Neuer Kummer zeichnete Revs Gesicht. Er antwortete nicht sofort. Dann blickte er auf seine Hände. „Als ich elf war, verließ er die Kirche und kam zurück in die Bikerwelt. Meine zwei Brüder und ich sind ihm gefolgt, sehr zur Enttäuschung unserer Mutter.“

      Ich fühlte mich schuldig, seinen alten Schmerz hochgeholt zu haben. „Das tut mir leid. Anscheinend habe ich heute ein besonderes Geschick, dich zu quälen.“

      Er schenkte mir ein kleines Lächeln. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wo wir gerade von Vätern reden … du möchtest doch sicher deine Familie benachrichtigen. Zwar haben wir herausgefunden, wer du bist, fanden es aber besser, wenn du sie selbst kontaktierst.“

      Ich schämte mich dafür, dass Rev das Thema aufgebracht hatte und nicht ich. Allerdings hatte ich mir selbst verboten, an sie zu denken. In den ersten Wochen bei Mendoza hatte ich viel an meine Eltern gedacht. Ich fragte mich, was sie taten und wie sie auf meine Entführung reagiert hatten. Ich hatte darüber fantasiert, dass sie alle Hebel in Bewegung setzten und eine Spezialeinheit schickten, die jede Minute zu meiner Rettung eilen würde. Doch als die Zeit verstrich, aus Wochen zwei Monate wurden und niemand kam, musste ich aufhören, an sie zu denken. Ich musste gestehen, dass ich keine Spuren hinterlassen hatte, denen sie folgen könnten.

      „Du weißt, wer ich bin?“, fragte ich.

      Er nickte. „Annabel Lee Percy aus Virginia, wohnhaft in Texas.“

      Ich war erstaunt. „Und das hast du alles rausgefunden nur anhand meines Vornamens?“

      Rev lächelte. „Die Raiders haben viele Talente. Allerdings war es auch nicht wirklich kompliziert, die Liste der Vermissten nach einer Annabel zu durchsuchen.“

      „Verstehe.“

      Rev griff in seine hintere Hosentasche und holte ein Handy hervor. „Möchtest du sie jetzt anrufen?“

      „Nein. Nicht jetzt.“

      Bei der Panik in meiner Stimme runzelte Rev die Stirn. Doch im Moment hatte ich nicht die Energie, ihm meine komplizierten Familienverhältnisse zu erklären. Mit Sicherheit fand er es seltsam, dass ich ihm nicht das Handy aus der Hand riss, um mit meiner Familie eine tränenreiche Wiedervereinigung zu feiern. Ich versuchte, meine Reaktion abzumildern. „Ich bin zu müde dafür. Vielleicht morgen Früh, wenn ich etwas ausgeruhter bin.“

      Zwar nickte er, doch ich sah ihm an, dass er es nicht verstand. Glücklicherweise wurden wir an dieser Stelle durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Dr. Edgeway erschien.

      Er lächelte. „Oh, du bist wach.“

      Ich nickte und er kam näher. „Darf ich mal sehen, wie es dir geht?“

      „Gern.“

      Rev erhob sich. „Ich gehe dann mal raus.“

      Obwohl mir klar war, dass ich für die Untersuchung allein sein sollte, spürte ich Bedauern, dass er ging.

      Er musste meine Gefühle geahnt haben. „Ich bin gleich hier draußen, falls du mich brauchst.“

      „Danke.“

      Als wir allein waren, trat Dr. Edgeway näher. Anstatt mich zu untersuchen,


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