.
Johnny fuhr an den Randstein, stellte den Motor ab und stellte das Bike auf den Seitenständer.
Ich zog den Helm ab. „Was wollen wir hier?“
Johnny sah mich über die Schulter an. „Ich dachte, wie gehen rein und lernen uns ein bisschen besser kennen.“
Sofort zog sich mein Magen ängstlich zusammen. Die Realität und Konsequenz meiner Entscheidung brachen über mir zusammen. Zwar fühlte ich mich von Johnny extrem angezogen, aber ich war auf keinen Fall bereit, mit ihm zu schlafen. Ich hätte wissen sollen, dass er für die Tour mehr verlangen würde. „Das ist echt keine gute Idee.“
„Warum nicht?“, fragte er erstaunt.
„Weil ich dich kaum kenne.“
„Dann gib mir die Gelegenheit, dich kennenzulernen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, du verstehst nicht. Ich gehe nicht gleich beim ersten Kennenlernen mit dem Kerl ins Bett.“
Mit einem sehr verführerischen Lächeln antwortete Johnny: „Vielleicht kann ich deine Meinung ändern.“
Ich schluckte die aufsteigende Angst hinunter und zwang mich, nicht in Panik zu geraten. „Hör zu, es tut mir leid, wenn ich dir falsche Hoffnungen gemacht habe, aber du solltest mich nur nach Hause fahren.“ Ich blickte über den einsamen Parkplatz und wünschte mir verzweifelt Menschen herbei. „Ich wäre dir also sehr dankbar, wenn du mich jetzt nach Hause bringen würdest.“
Johnnys dunkle Augen verengten sich. „Das kann ich leider nicht machen, Darling.“
„W-warum nicht?“ Ein Schauder lief mir den Rücken hinunter.
In diesem Moment öffnete sich die Tür zu dem Zimmer, vor dem wir standen. Drei muskulöse Männer erschienen. Alle trugen dieselben Kutten wie Johnny.
„Was hast du heute aufgerissen?“, fragte der eine mit taillenlangem dunklem Haar.
Ich sah zu Johnny. „Was geht hier vor?“ Im Hinterkopf hatte ich mir die furchtbare Antwort schon zusammengereimt. Ich musste weg von hier, an mein Handy gelangen und die Polizei anrufen.
„Sorry, Darling, aber an dir werde ich eine Menge Geld verdienen.“
Ich stieg vom Bike und rannte, so schnell ich konnte, von Johnny und seinen Kumpanen fort. Obwohl ich mit den hohen Absätzen schlecht rennen konnte, spornte meine Angst mich an. Fast war ich bereits am Büro des Motels, als mich starke Arme um die Taille packten. Ich wurde an Johnny gedrückt und sein Atem brannte an meinem Ohr.
„Denk gar nicht erst ans Wegrennen, Bitch!“
Ich öffnete den Mund zum Schreien, doch eine Nadel stach in meinen Hals und brachte mich zum Schweigen. Mein Kampfgeist trat gegen die Droge in meinem Blut an. Meine Lider wurden schwer, meine Füße hoben ab und ich begann zu schweben.
Mein Körper fühlte sich wie eine Boje an, die auf den Wellen schaukelte. Eben war ich noch draußen und sah zum Sternenhimmel auf und im nächsten Moment in einem Hotelzimmer. Ich wurde auf etwas Hartes gelegt. Meine Lider flatterten, aber egal, wie angestrengt ich es versuchte, ich konnte nicht wach bleiben.
Ich hörte eine Unterhaltung. Es fühlte sich an, wie im Koma zu liegen. Man hört alles, kann sich aber nicht bewegen.
„Das habe ich heute gut gemacht, oder, Jungs?“, fragte Johnny.
Allein der Klang seiner Stimme gruselte mich jetzt. Sämtliche Anziehung, die ich für ihn gefühlt hatte, war verschwunden. Stattdessen verabscheute ich ihn für das Monster, das er war. Ein wahrer Wolf im Schafspelz.
Eine Hand griff nach meinem Kiefer und drehte ihn grob hin und her. „Sie ist etwas älter als die normale Auswahl“, sagte ein anderer Kerl.
Johnny knurrte. „Tja, sie war nun mal im Pacey’s, wie alle anderen Mädchen. Ich nehme mir nicht die verfickte Zeit, zu fragen, ob sie achtzehn sind. Ich wähle sie nach dem Aussehen und der Persönlichkeit aus, und sie sieht besser aus als alle, die ich in den letzten Monaten gefunden habe.“
Ein grausames Lachen ertönte links von mir. „Da hast du recht. Mendoza wird einer abgehen, wenn er sie sieht. Genau sein Typ. Wird sie bestimmt für sich behalten.“
„Dann schlage ich vor, wir holen uns unseren Anteil, solange wir noch die Chance dazu haben“, hörte ich Johnny sagen.
In diesem Moment verließ ich meinen Körper.
Selbstschutz?
Es war, wie auf Schienen zu stehen und den entgegenkommenden Zug anzustarren. Ich steckte mit einem Fuß fest und versuchte mit dem anderen, mich zu befreien, konnte jedoch nichts weiter tun, als meinem Untergang entgegenzusehen.
Grobe Hände überall auf mir. Sie zogen mir die Kleidung aus, begrapschten mich an den intimsten Stellen, was Tränen der Erniedrigung in meine Augen trieb. Unglaubliche Schmerzen verdrängten schnell die Scham, als sie mich vergewaltigten. Es schien kein Ende zu nehmen, ich war in einem fremden alternativen Universum der Entwürdigung und Gewalt gefangen.
Und dort, in einem schäbigen Hotelzimmer, wurde ich immer wieder von fremden Männern vergewaltigt, und die alte Annabel starb in einem Albtraum, den sie sich nie hätte vorstellen können. Ihre gebrochene Seele schwebte davon, allein und hilflos, während ihr geschundener Körper in eine schreckliche Welt gezwungen wurde.
Kapitel 4
Rev
Der Van schüttelte und rüttelte uns durch, als wir über das unebene Gelände ins Niemandsland fuhren. Ich sah aus dem Fenster in die mondlose Nacht und die dunkle Isolation von der Zivilisation.
Es schien unwirklich, dass ich noch vor weniger als achtundvierzig Stunden im Rising Phoenix am Tisch gesessen und mir den Plan der El Paso Raiders angehört hatte. Obwohl ich erst skeptisch gewesen war, dass sie die Ressourcen hatten, es mit einem Kartelllieutenant aufzunehmen, hatten sie mich schnell überzeugt. Ich glaubte jetzt an diese Mission und war sicher, dass Breakneck bald mit seiner Tochter wiedervereint sein würde.
Ich warf einen Blick über die Schulter in die dritte Reihe, wo Breakneck neben Bishop saß. Er war gestern eingeflogen, um an der Rettungsmission teilzunehmen. Zunächst hatte Ghost ihn nicht dabeihaben wollen.
„Er ist emotional zu sehr involviert. Er wird es versauen.“
Doch Breakneck war ihm gegenübergetreten und hatte sein Veto eingelegt, im Club zu bleiben. Schließlich wussten wir nicht, in welcher körperlichen Verfassung Sarah war, also machte es Sinn, den Arzt dabeizuhaben.
Wir konnten nicht einfach halbherzig das Kartell stürmen. Es hatte einen ganzen Tag weiterer Planung gedauert, bis wir bereit waren. Glücklicherweise hatten die El Paso Raiders bereits alle Hebel in Bewegung gesetzt, als Bishop und ich noch unterwegs zu ihnen gewesen waren. Sie hatten eine Menge Verbündete, die uns mit Informationen versorgten. Ihr Besprechungszimmer wirkte mehr wie ein Kriegsstrategieraum im Pentagon, als wir über Landkarten hingen, Fotos der Gegend studierten und Ausdrucke von Google Earth. Wir lernten daraus, dass Mendoza einen relativ kleinen Handel aufzog. Nie hatte er mehr als fünf oder sechs Mädchen im Lager. Deswegen hatte er weniger als zehn Mann auf dem Gelände stationiert. Mit unserer Gruppe aus neun Leuten war das Verhältnis recht ausgeglichen.
Der Standort von Mendozas Sklavencamp lag ungefähr fünfzig Meilen von jeglicher Zivilisation entfernt.
Die Schotterstraße, auf der wir uns befanden, schien sich ewig in die endlose Wüste zu erstrecken. Direkt hinter uns folgten uns noch zwei identische, schwarz verkleidete Vans. In dem einen waren die restlichen Teammitglieder und in dem anderen genug Sprengstoff, um das verkabelte Stahltor von Mendozas Camp in die Luft zu jagen.
„Fuck! Ich würde mir am liebsten die Haut runterkratzen. Ich glaube, ich bin allergisch gegen diese scheiß Tarnfarbe!“, maulte