Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


Скачать книгу
Gerda Schulz und ihrer Leonie nur wünschen, dass sie sich sehr bald heimisch fühlen würden, und, ja, sie sollten glücklich werden.

      Und war es nicht schön zu wissen, dass sie dazu ein wenig beitragen konnte? Immerhin war es ihr Haus, in dem sie künftig wohnen und die Beschaulichkeit, die Idylle genießen würden.

      Ganz besonders für Leonie wünschte Ricky es sich, denn so ganz normal war es nicht, dass ein Kind sich aussuchte, wo es wohnen wollte. Wie groß musste die Sehnsucht des Mädchens sein, einen festen Platz im Leben zu bekommen.

      Auf ihrem Weg kreuz und quer durch Europa hatte die Kleine ganz bestimmt eine ganze Menge gelernt, was wichtig für das Leben war. Aber ein Gefühl für Heimat konnten fremde Menschen und fremde Sprachen nicht ersetzen.

      Gerda Schulz hatte sie jetzt schon zu sich eingeladen, und eines stand für Ricky fest: Sie würde hingehen, weil sie nämlich ganz gespannt auf Leonie war. Einen hübschen Namen, hatte sie auf jeden Fall, auch wenn der so häufige Nachname Schulz dazu nicht so richtig passte.

      Aber das war wirklich nichts, worüber man sich Gedanken machen musste. Wirklich nicht.

      *

      Als Ricky mit ihrem Fabian in ihrem Elternhaus ankam, fand sie dort nicht nur ihren Vater, ihre Mutter vor, nein, auch ihre Großeltern waren von nebenan gekommen, und gemeinsam tranken sie Kaffee.

      Das taten sie oft, und das Schöne war, dass es möglich war, wenn man so dicht beieinander wohnte. Da konnte man einfach mal nach nebenan gehen und musste nicht auf eine Einladung warten.

      »Und wo ist der Champagner?«, erkundigte Professor Auerbach sich launig, nachdem sie einander begrüßt hatten.

      »Champagner?«, erkundigte Ricky sich ein wenig irritiert. Der Professor lachte.

      »Nun, immerhin habt ihr ein Haus verkauft, und das muss doch gefeiert werden.«

      Fabian fiel in das Lachen seines Schwiegervaters ein. Er liebte die Auerbachs, und bei denen hatte er sich vom ersten Augenblick an heimisch gefühlt. So ganz anders als bei seinen eigenen Eltern, bei denen er sich stets wie ein Besucher vorkam, nicht unbedingt ein geliebter.

      »Von wegen verkaufen, lieber Werner«, sagte Fabian. »Du kennst doch deine kapriziöse Tochter, unsere Ricky hat sich im letzten Augenblick dafür entschieden, nicht zu verkaufen, sondern dieser Frau Schulz das Haus zu vermieten, weil die nicht rechtzeitig einen bankbestätigten Scheck von der Bank of Scotland bekommen hat.«

      Und dann erzählte er, was geschehen war.

      »Die Frau wollte eigentlich nur mieten«, versuchte Ricky sich zu verteidigen, »und sie zieht nur in den Sonnenwinkel und in unser Haus, weil ihre Tochter es so gern möchte. Ich finde, das muss man unterstützen, und ihr alle wart doch eh alle dagegen zu verkaufen.«

      »Es ist eure Entscheidung«, bemerkte der Professor, »und da halten wir uns heraus. Also gibt es keinen Champagner, aber gegen einen Kaffee habt ihr ja wohl nichts einzuwenden, oder?«

      Das hatten sie nicht, und Ricky war glücklich, dass zwischen ihren Eltern offensichtlich wieder alles in Ordnung war. Sie hatte schrecklich darunter gelitten, wie sehr die beiden sich gestritten hatten, weil jeder die Schuld bei dem anderen suchte, nachdem dummerweise in der Öffentlichkeit aufgeflogen war, dass Pamela, ihre Bambi, keine Auerbach war, sondern dass man sie adoptiert hatte. Es war dumm gelaufen, und im Grunde genommen hatte ausgerechnet ihr Jüngster, der Hannes, die Nerven behalten und hatte seine kleine Schwester, mit der er glücklich aufgewachsen war, nach Australien geholt, und damit hatte er Schlimmes verhindert, denn Pam wollte mit den Auerbachs nichts mehr zu tun haben, von denen sie sich verraten fühlte. Nun, zu verstehen war es ein wenig, denn ausgerechnet die Kleine hatte sich als eine besonders echte Auerbach gefühlt. Aber Hannes, auf den konnte man stolz sein, wenngleich noch niemand wusste, wohin sein Weg ihn führen würde. Nach dem Einserabitur hatte er eine Weltreise von fast einem Jahr gemacht, und jetzt jobbte er als Tauch- und Surflehrer in Australien. Hannes machte sein Ding, und da war er wirklich so ganz anders als seine Geschwister.

      Ricky und Fabian bekamen nicht nur ihren Kaffee, sondern auch etwas von dem herrlichen Kuchen, den die Großmutter Teresa von Roth mitgebracht hatte.

      Sie unterhielten sich ein wenig über Gerda Schulz und deren Tochter, doch da war das Interesse schnell erloschen. Die Auerbachs und die von Roths waren nicht neugierig, sie interessierte viel mehr, was bei Ricky, Fabian und deren Kindern los war, und da gab es wirklich eine ganze Menge zu berichten.

      Ricky merkte, dass es ihr nicht gelang, so unbefangen wie früher über die Kinder zu berichten, denn seit sie studierte, hatte sich einiges verändert. Die Kinder waren anders geworden, und sie hatte den engen Kontakt zu ihnen doch ein wenig verloren. Und das erschreckte sie. So deutlich wie jetzt war es ihr noch nie bewusst gewesen.

      »Und das Studium, mein Kind?«, wollte Magnus von Roth wissen. »Macht es dir noch immer so viel Spaß?«

      Das machte es, das konnte Ricky bestätigen, doch sie wusste selbst nicht, was auf einmal mit ihr los war. Sie hatte hier und da flüchtig daran gedacht, weil sie sich ihren Mann und ihren Kindern gegenüber schlecht fühlte. Aber konkret war es niemals gewesen.

      Auf einmal wusste sie, was zu tun war. Und wahrscheinlich war das jetzt der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen. Sie hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Eltern und ihren Großeltern, und mit denen sprach sie immer ganz offen über alles, was sie bewegte.

      Und das jetzt!

      Das war ein Vulkan, der in ihr brodelte, und sie musste alles tun, den Ausbruch zu verhindern.

      Sie stellte ihre Tasse ab und merkte, wie sehr ihre Hand dabei zitterte, dann nahm sie gedankenverloren den Löffel in die Hand, spielte damit.

      »Fabian weiß es auch noch nicht«, begann sie, »aber ich werde mein Studium abbrechen.«

      Eine Bombe hätte keine einschlagendere Wirkung haben können. Alle hier im Raum wussten, wie wichtig das Studium für Ricky war, wie glücklich sie darüber gewesen war, damit beginnen zu können. Und alle hatten sie unterstützt. Die Großeltern hatten ihr sogar ein Auto gekauft, damit sie flexibler war.

      Nach diesen Worten sagte zunächst niemand etwas, doch dann schwirrten die Fragen nur so durcheinander, nur Fabian sagte nichts. Er musste sich von dieser Eröffnung seiner Frau erst einmal erholen, weil er am allerbesten wusste, wie sehr Ricky ihr Studium genoss. Und nun das?

      Er war in der Familie der Besonnene, sie die Spontane, doch das, was sie jetzt eröffnet hatte, machte ihn einfach nur sprachlos.

      »Bitte haltet mich nicht für verrückt«, versuchte Ricky zu erklären. »Ich liebe mein Studium über alles. Aber ich liebe auch Fabian und unsere so lieben Kinder, und ich spüre, wie die auf der Strecke bleiben. Sie verändern sich, verändern ihr Verhalten, und das sind Notsignale, die ich aber nicht sehen wollte. Man kann sich nicht auf Kosten anderer Menschen verwirklichen. Das ist egoistisch, und ich möchte nicht irgendwann einen akademischen Titel haben, dafür ist aber das, was ich am meisten liebe, auf der Strecke geblieben. Ich weiß nicht, ich glaube, diese Frau Schulz hat mich zur Umkehr bewegt. Sie sieht nicht aus wie jemand, der den Sonnenwinkel als seinen Lebensmittelpunkt wählen würde. Sie tut es dennoch, weil ihre Tochter es möchte. Und ich denke, Kinder haben ein Recht darauf, auch gefragt zu werden, und die darf man nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellen. Klar fanden sie es zunächst cool, eine Mutter zu haben, die studiert. Aber sie haben nicht das Ausmaß dessen begriffen, was es bedeutet. Ich muss keine berufliche Karriere machen, warum soll ich also nicht später noch einmal studieren, wenn die Kinder aus dem Gröbsten sind, wenn sie mich nicht mehr brauchen? Kinder werden so schnell groß, und ich möchte das miterleben. Das war immer mein Wunsch und das war immer mein Ziel. Ich möchte nicht nur am Rande etwas mitbekommen.« Ricky wandte sich an ihren Mann. »Fabian, du hast mich immer unterstützt und dabei so manch eigene Wünsche zurückgestellt. Dafür danke ich dir. Aber ich möchte, dass es wieder so wird, wie wir es immer wollten …, die Kinder und wir.«

      Zunächst einmal war es still, dann setzte eine lebhafte Diskussion ein, die letztlich darin endete, dass man Ricky Hochachtung für ihre Entscheidung


Скачать книгу