Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg
bin übrigens morgen im Tierheim, wenn du magst, komm doch auch dorthin. Dann können wir uns noch mal mit Frau Doktor Fischer unterhalten, und du erzählst ihr ebenfalls, was du uns gerade gesagt hast.«
Das war eine gute Idee, und Rosmarie war damit einverstanden. Dann begann sie von Cecile zu erzählen. Es war ihr einfach ein Bedürfnis, über die Tochter ihres Mannes etwas Positives zu berichten. Rosmarie konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie sie anfangs über die arme Cecile hergezogen war.
*
Der Makler, den sie mit dem Verkauf ihres Hauses im Sonnenwinkel betraut hatten, hatte nicht zu viel versprochen.
Er schickte Fabian und Ricky schon nach einer Woche die Unterlagen der Leute, die er ausgesucht hatte und die allesamt ernsthaft das Haus erwerben wollten.
Sie hatten sich ja entschieden, nicht mehr zu vermieten, sondern zu verkaufen, weil sie selbst niemals mehr in den Sonnenwinkel ziehen würden. Aber jetzt, als es so weit war, fühlte es sich eigentümlich an. Es schwang eine ganze Menge Sentimentalität mit, schließlich hatte sie dort die erste Zeit ihres gemeinsamen Lebens verbracht. Dort hatten ihre beiden Großen die erste Zeit ihrer Kindheit verbracht.
Doktor Fabian Rückert hatte seine Frau bereits eine ganze Weile beobachtet, die mit ihren Gedanken irgendwo war, aber nicht bei den Unterlagen.
»Liebes, wir müssen nicht verkaufen«, sagte er, »noch ist nichts unterschrieben. Wir können alles rückgängig machen und weiterhin vermieten.«
Ricky riss sich zusammen, schüttelte entschieden den Kopf.
»Nein, Fabian, es bleibt dabei, und das ist auch vernünftig so. Und der Makler hat doch auch ein paar wirklich gute Leute gefunden, deren Bonität überprüft ist und die alle das Haus haben möchten. Es liegt jetzt bei uns, uns für einen Käufer zu entscheiden. Hast du bereits einen Favoriten?«
»Ehrlich gesagt nein, da ist der Versicherungsmakler, der im Haus nicht nur mit seiner Familie wohnen will, sondern auch sein Büro dort unterbringen will. Oder das Ehepaar, das seinen Lebensmittelpunkt in den Süden des Landes verlegen möchte.«
»Den Unternehmer aus Hamburg finde ich nicht so gut«, sagte Ricky. »Der will das Haus als Kapitalanlage erwerben und es vermieten. Wer weiß, wer dann ins Haus einzieht.«
»Wir hatten bislang doch auch vermietet, und da hat es keine Probleme gegeben.«
Ricky beugte sich noch einmal über die Unterlagen, blätterte sie durch.
»Ich glaube, ich würde am liebsten die alleinerziehende Mutter mit Tochter nehmen«, sagte sie. »Wir verabreden ein Treffen, und wenn die Frau sympathisch ist, dann gehen wir mit ihr zum Notar.«
»Na ja, das Geld für das Haus scheint sie auf jeden Fall zu haben, und darauf kommt es schließlich an, nicht darauf, ob sie sympathisch ist oder nicht. Wenn die Beurkundung erfolgt und das Geld auf unserem Konto ist, gehen wir eh getrennte Wege.«
Das war alles richtig, aber für Ricky fühlte es sich einfach gut an, und sie war froh, dass Fabian nichts dagegen hatte.
»Dann entscheiden wir uns also für die Frau?«, wollte Ricky wissen. »Wie heißt sie noch gleich? Ach ja, Gerda Schulz mit Tochter Leonie.«
»Wo wohl dieser Herr Schulz steckt«, sinnierte Ricky.
»Vielleicht hat es nie einen Herrn Schulz gegeben«, bemerkte Fabian. »Aber das geht uns auch nichts an. Rufst du morgen früh den Makler an, oder soll ich das tun?«
»Ich kann es machen, ehe ich nur Uni fahre«, sagte Ricky. »Das mit dem Studium habe ich mir leichter vorgestellt. Es ist ein ganz schönes Pensum, welches da zu bewältigen ist, und manchmal frage ich mich, ob es nicht ziemlich egoistisch von mir ist, so meine eigenen Bedürfnisse zu erfüllen.«
Irritiert blickte Fabian seine Frau an.
»Wie kommst du denn jetzt darauf?«, wollte er wissen. »Wir haben es uns mit unserer Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Und es funktioniert. Du kümmerst dich, so weit es dir möglich ist, wir haben Oma Holper, und ich bin doch auch noch da. Und wenn alle Stricke reißen, dann hilft Stella uns. Und das haben wir bislang noch nicht in Anspruch nehmen müssen. Was ist auf einmal los mit dir, Ricky?«
Ricky zuckte die Achseln.
»Es gibt nichts Konkretes, aber ich mache mir eben viele Gedanken wegen der Kinder. Ich möchte schließlich allem gerecht werden.«
Es war herrlich zu studieren, sie fühlte sich jung und frei, und Deutsch und Biologie auf Lehramt zu studieren, machte Sinn. Deutsch und Bio waren schon in der Schule ihre Lieblingsfächer gewesen, und als liebevolle Mutter wusste sie mit Kindern umzugehen.
Was war eigentlich los mit ihr?
Es lief doch alles gut, und wenn das Haus erst einmal weg war, hatten sie einen Klotz weniger am Bein.
»Also bleibt es bei dieser Frau Schulz?«, wollte Ricky wissen.
Fabian hatte nichts dagegen, und so würde Ricky sich kümmern. Da Fabians Vater Notar war, hätten sie die Beurkundung bei ihm machen lassen können, doch das wollte Fabian nicht. Er wollte Privates nicht mit dem Verkauf des Hauses verquicken, alles sollte ganz neutral sein. Also würden sie bei dem Notar beurkunden lassen, mit dem der Makler zusammenarbeitete.
Es wurde also ernst, das Haus würde seinen Besitzer wechseln. Ricky wusste nicht, wie sie das Gefühl beschreiben sollte, das sie auf einmal beschlich.
War es Sentimentalität?
War es eine Vorahnung?
Sie hätte gern mit Fabian darüber gesprochen, aber bei allem Verständnis, das er immer für sie hatte, das würde ihn überfordern.
»Trinken wir ein Glas Wein miteinander?«, drang seine Stimme in ihre Gedanken hinein. »Schließlich haben wir doch einen Grund zu feiern. Und ich finde, wenn das Geld auf unserem Konto ist, sollten wir mit den Kindern einen Wochenendausflug machen. Paris Disneyland finden sie bestimmt ganz toll, und vielleicht können wir sie ja auch dazu bewegen, mit uns wenigstens in den Louvre zu gehen. Ich finde, ein kleines Kulturprogramm muss sein und gehört einfach dazu.«
Ricky blickte ihren Mann an.
Wie sehr sie ihren Mann doch liebte, und welches Glück sie mit ihm hatte. Er war nicht nur klug und sah fantastisch aus, nein, er war ein ausgesprochener Familienmensch und würde nie etwas ohne sie und die Kinder machen.
»Paris ist wunderbar«, sagte sie, dann blickte sie ihm nach, wie er aufstand, um Gläser und den Wein zu holen.
*
Nikola Beck, Nicki, wünschte, aus einem bösen Traum zu erwachen. Leider war es kein Traum, sondern bittere Wirklichkeit. Und sie wusste nicht, wie sie damit fertig werden sollte, dass ihr jeder Weg zu Roberto Andoni für immer versperrt war.
Er war verheiratet …
Er und seine Frau erwarteten ein Kind.
Wenn sie diese Susanne wenigstens hassen könnte, nicht einmal das gelang ihr, weil die Frau sympathisch wirkte. Und sie konnte nichts dafür, dass es ihr, Nicki, auf einmal wieder in den Sinn gekommen war, Roberto wieder für sich zu gewinnen, nachdem es mit Malcolm so sehr danebengegangen war.
Wieder für sich gewinnen war nicht einmal richtig. Sie war in ihrer Vermessenheit davon ausgegangen, dass Roberto die ganze Zeit über auf sie gewartet hatte und froh sein durfte, sie mit offenen Armen aufnehmen zu dürfen.
Wie vermessen sie doch gewesen war.
Was hatte sie sich da bloß gedacht!
Nachdem sie aus ihrer Schockstarre erwacht war, hatte Nicki sich entschlossen, nach Hause zurückzufahren und sich in die Arbeit zu stürzen, um alles zu vergessen.
Roberto hatte eine andere!
Es tat ja so weh, daran zu denken, und sie brach beinahe unter dem Gedanken zusammen, dass es allein ihre Schuld war, dass es so gekommen war. Sie hatte mit seinen Gefühlen gespielt, und sie war sich sehr sicher gewesen. Und