Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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hielt sich die Ohren zu.

      Heinz Rückert stand auf.

      Er musste wirklich los, weil in­ seinem Notariat gleich die erste Beurkundung vorgenommen werden musste. Heinz Rückert war ein bekannter Notar, vor allem große Firmen nahmen seine Dienste gern in Anspruch, und da ging es um große Posten, die viel Geld in seine Kasse spülten. Deswegen konnten die Rückerts sich ja auch einen so aufwändigen Lebensstil erlauben.

      Heinz Rückert liebte seine Frau, sie waren ein gutes Team, und im Prinzip hatte er auch nichts gegen einen Hund einzuwenden. Er war es schließlich damals gewesen, der durchgesetzt hatte, dass Fabian seine Collies haben durfte. Wäre es nach Rosmarie gegangen, hätte es im Haus niemals Hunde gegeben.

      Und nun dieser Wandel.

      Er überlegte einen kurzen Augenblick, dann sagte er: »Rosmarie, ich mache dir einen Vorschlag. Heute Nachmittag treffen wir ja mit Fabian, Stella und Cecile zusammen, um bei einem Kollegen beurkunden zu lassen, dass Cecile auf eigenen Wunsch von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Sie will verzichten und das notariell beurkundet wissen. Rede doch mal mit den Kindern, was die von deiner Idee halten.«

      War das nun ein guter Gedanke oder nicht? Da war Rosmarie sich nicht sicher. Wenn sie ehrlich war, kannte sie kaum die Bedürfnisse ihrer Kinder, und die wussten nur wenig über sie und das, was sie wollte.

      Sie waren sich niemals nahe gewesen, und jetzt hatte sie die Quittung dafür, dass sie Stella und Fabian stets Kinderfrauen überlassen hatte, weil es ihr wichtiger gewesen war, ihr eigenes Leben zu leben, das sich nach außen abspielte.

      Wollte Heinz sie jetzt in eine Falle laufen lassen?

      »Und was soll das bringen?«, wollte sie wissen. »Ich muss doch meine Kinder nicht fragen, ob ich mir einen Hund anschaffen darf oder nicht.«

      »Rosmarie, darum geht es nicht. Natürlich kannst du darüber selbst entscheiden. Mich interessiert lediglich, was sie von dieser Idee halten.«

      Rosmarie gab nach.

      »Meinetwegen«, sagte sie.

      Heinz war zufrieden und beeilte sich, das Haus zu verlassen, und Rosmarie fragte sich, ob es richtig gewesen war, sich auf so etwas einzulassen.

      Ihre Kinder und sie, das war ein Kapitel für sich. Sie gingen wie Erwachsene miteinander um, aber das war es auch schon. Wäre sie in Not, da war sie sich sicher, dass sie auf Fabian und Stella zählen könne, aber sonst …

      Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken.

      Was sollte sie jetzt tun?

      Ins Tierheim gehen, Beauty zu einem Ausflug abholen?

      Sie wollte sich lieber auf den Nachmittag vorbereiten. Es würde sich alles in Wohlgefallen auflösen, dabei hatte sie eine solche Angst gehabt, die uneheliche Tochter ihres Mannes könne sich als Erbschleicherin erweisen. Wie dumm sie doch gewesen war, so etwas zu glauben. Cecile Raymont stammte aus einer so reichen Familie, dass das, was die Rückerts besaßen, für diese Leute nichts als Peanuts waren.

      Es war nobel von Cecile und ihr hoch anzurechnen, dass sie ihren Verzicht auf den ihr zustehenden Anteil des Rückertschen Vermögens beurkundet haben wollte.

      Ja, sie war etwas Besonderes, seine Tochter, von der er keine Ahnung gehabt hatte. Durch Cecile hatte sie sich auch verändert, durch sie war ihr bewusst geworden, dass man sein Vermögen nicht allen präsentieren musste. Cecile wirkte nett und bescheiden, und wenn man sie sah, dann entdeckte man eine attraktive junge Frau, käme aber niemals auf den Gedanken, wie reich sie war.

      Auch wenn es anfangs überhaupt nicht so ausgesehen hatte, jetzt hatte Rosmarie die junge Frau so richtig gern, und das schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Und das erstaunte Rosmarie, weil sie Cecile schließlich eine ganze Menge angetan hatte, worüber sie jetzt lieber nicht mehr nachdenken wollte.

      *

      Die Beurkundung von Ceciles Verzicht hätte Heinz ebenfalls vornehmen können, schließlich war er Notar. Doch er bestand darauf, einen neutralen Kollegen zu wählen. Alles sollte sauber sein, vor allem sollte der Kollege noch einmal eindringlich mit Cecile reden, um sie von dem Verzicht abzuhalten. Mittlerweile wollten sie eigentlich alle, dass Cecile irgendwann das bekam, was ihr zustand.

      Cecile war sich absolut sicher, nichts zu wollen, und so war der eigentliche Akt sehr schnell erledigt. Nun wollten sie zusammen ein Café besuchen, sich unterhalten.

      Es war nicht zu übersehen, wie gut sich die Halbgeschwister verstanden. Und darauf war es Cecile ja auch angekommen, eine Familie zu haben, nachdem ihre Mutter gestorben war und sie von ihrem Vater erfahren hatte.

      Sie hatten sich von Anfang an gemocht, und es gab eine rege Verbindung zwischen Frankreich und Deutschland.

      In dem Café fanden sie einen ein wenig abseits stehenden Tisch, an dem sie sich ungestört unterhalten konnten. Und wenig später waren auch schon ihre Wünsche erfüllt worden, und es standen Kaffee oder Tee und köstlicher Kuchen vor ihnen, für den dieses Café bekannt war.

      Cecile erzählte, wie gern sie doch deutschen Kuchen aß, und bald schon war ein munteres Gespräch zwischen ihnen im Gange. Es war nicht zu übersehen, wie gut sie sich untereinander verstanden.

      Das Gespräch bekam eine andere Wendung, als Heinz Rückert unvermittelt sagte: »Eure Mutter will sich einen Hund anschaffen.«

      Stella setzte ihre Tasse ab, aus der sie gerade trinken wollte und erkundigte sich: »Mama will bitte was?«

      Heinz wiederholte es, und Stella sagte: »Das ist doch eine Schnapsidee. Mama und ein Hund, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.«

      »Ich schon«, wandte Fabian ironisch ein. »Wahrscheinlich handelt es sich um einen gerade angesagten Hund, den man ­haben muss, um dazuzuge­hören, und selbstverständlich bekommt das Tier dann auch erst einmal ein diamantbesetztes Halsband verpasst.«

      Nach diesen Worten war es still.

      Rosmarie schluckte. Eigentlich wunderte es sie nicht, dass ihr Sohn eine solche Meinung von ihr hatte.

      »Es ist ein Beagle …, aus dem Tierheim«, sagte Rosmarie.

      »Noch schlimmer«, bemerkte Fabian, »diese Tiere sind meistens traumatisiert, sie brauchen besonders viel Zuwendung, außerdem ist ein Beagle ein sehr bewegungsfreudiger Hund, den kann man nicht einsperren, der braucht Auslauf … Stella hat recht, es ist eine Schnapsidee.«

      Es war Cecile, die das Wort ergriff: »Das finde ich überhaupt nicht. Ihr seid aus dem Haus, wohnt zwar in der Nähe, aber doch weit genug, um nicht eben mal ganz kurz bei den Eltern vorbeizuschauen. Papa hat in seinem Notariat zu tun, und Rosmarie ist allein. Sie kann nicht den ganzen Tag über shoppen gehen, und Rosmarie ist auch keine Frau, die zu irgendwelchen Treffen älterer Frauen geht. Ein Hund ist ganz wunderbar, mit dem muss man sich beschäftigen, das ist eine Herausforderung. Und ein Beagle ist ein kluges, schönes Tier, das sehr auf sein Frauchen oder Herrchen bezogen ist. Nochmal, ich finde die Idee großartig. Wie schade, dass ich heute noch meinen Flug nach Paris nehmen muss, sonst würde ich zusammen mit Rosmarie ins Tierheim gehen.«

      Rosmarie hätte Cecile am liebsten umarmt, ihre Worten bewirkten zumindest, dass nun auch Stella und Fabian nicht mehr ganz so ablehnend waren.

      Stella sagte: »Mama muss wissen, was sie tut. Sollte es mit dem Hund nicht klappen, dann sage ich jetzt schon mal, dass wir das Tier nicht nehmen werden, wenn Mama seiner überdrüssig ist. Ein Hund ist nicht so etwas wie diese Gartenmöbelgarnitur, die sie loswerden wollte, kaum stand sie bei ihr auf der Terrasse.«

      Rosmarie hätte sehr gern widersprochen. Es ging nicht, weil es stimmte. Die Gartenmöbel, die Stella da ansprach, hatte sie um jeden Preis haben wollen. Kaum auf ihrer Terrasse hatten sie ihr nicht mehr gefallen, und sie war froh gewesen, sie Stella andrehen zu können, um kein schlechtes Gewissen haben zu müssen, weil sie sonst alles irgendwo hätte verschwinden lassen. Es der eigenen Tochter zu schenken, war auf jeden Fall die bessere Lösung gewesen.

      »Und wir nehmen den Hund auch nicht. Als ich jung war,


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