Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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dass sie absolut verschwiegen war und dass man sich darauf verlassen konnte, dass sie mit niemandem darüber reden würde, was man ihr anvertraute.

      Für Rosmarie waren die Auerbachs stets das gewesen, was man unter einer heilen Welt verstand, und wie sehr hatte sie sie beneidet. Dass es auch nur Menschen waren, hatte sich gezeigt, als herausgekommen war, dass Bambi, die Jüngste, die sich nur noch Pam oder Pamela nennen wollte, nicht das eigene Kind der Auerbachs war, sondern von ihnen adoptiert worden war. Niemand hatte es gewusst, sie hatten es vor Bambi geheim gehalten, und das arme Kind hatte es dann zufällig in einer Eisdiele von Fremden erfahren. Da war ein tiefer Riss durch die Familie gegangen, die Kleine wollte nichts mehr mit den Auerbachs zu tun haben. Und wer weiß, was nicht noch alles passiert wäre, hätte Hannes, ihr jüngster leiblicher Sohn, die Kleine nicht kurz entschlossen mit sich nach Australien genommen. Er war extra hergekommen, um sie zu holen. Er war schon ein ganz erstaunlicher Bursche, der Hannes. Machte ein Einser-Abitur, ging beinahe ein Jahr auf Weltreise, um sich dann zu entschließen, erst einmal nicht zu studieren, sondern als Surf- und Tauchlehrer zusammen mit einem Kumpel in Australien zu jobben. Damit hatte der Herr Professor Auerbach nicht gerechnet, doch es war ihm und Inge hoch anzurechnen, dass sie sich ihrem jüngsten Sohn nicht in den Weg gestellt hatten, sondern sie hatten ihn seines Weges ziehen lassen. Die Auerbach-Kinder hatten eigentlich alle tun und lassen dürfen was sie wollten. Jörg war noch den geradesten Weg gegangen, er hatte studiert, sich eine Weile im Ausland den Wind um die Nase wehen lassen, und dann hatte er Stella geheiratet. Ihrer Tochter hätte nichts Besseres passieren können. Jörg war der ideale Partner, und sie waren glücklich mit ihren Kindern. Henrike, die immer von allen nur Ricky genannt wurde, die hatte so ihren eigenen Kopf. Sie hatte sich in ihren Lehrer verliebt, hatte Abitur gemacht, Fabian geheiratet und dann ihre gemeinsamen Wunschkinder bekommen. Und weil das nicht alles gewesen sein konnte, hatte Ricky jetzt begonnen zu studieren. Rosmarie wusste nicht, was sie davon halten sollte, aber Ricky zog ihr Ding durch, und Fabian war ganz auf ihrer Seite. Wenn man so wollte, dann waren die Auerbachs sehr tolerant, und sie standen immer hinter ­ihren Kindern. Also, von denen konnte sie sich schon eine Scheibe abschneiden, auch wenn nicht alles so perfekt war, wie es immer ausgesehen hatte.

      Rosmarie hielt mit ihrem Wagen vor dem Grundstück der Auerbachs. Sie hatten noch eines der ersten Häuser, das schon hier stand, ehe die Siedlung durch den Architekten Carlo Heimberg gebaut worden war. Ein wahres Schmuckstück und mit vielen Preisen ausgezeichnet.

      Aber die Villa der Auerbachs war etwas Besonderes.

      Rosmarie stieg aus, lief auf das Haus zu und klingelte, und es dauerte nicht lange, da wurde ihr geöffnet.

      Inge Auerbach blickte ihre Besucherin überrascht an.

      »Hallo, Rosmarie, sind wir miteinander verabredet?«, erkundigte Inge sich. Seit das mit Pam geschehen war, war Inge noch immer ziemlich durcheinander, wenngleich sie sich auf einem guten Weg befand.

      »Nein, bitte entschuldige, dass ich dich überfalle, Inge. Ich bin spontan verbeigekommen, weil ich deinen Rat brauche.«

      Dass das überhaupt noch der Fall war, kam Inge beinahe wie ein Wunder vor. Sie selbst hielt sich inzwischen für die totale Versagerin.

      »Komm rein. Ich hoffe, es stört dich nicht, dass auch gerade meine Mutter bei mir ist.«

      Rosmarie zögerte nur einen kurzen Augenblick. Vielleicht war es ja gar nicht so schlecht, dass Teresa da war, die hatte sie ja mit ins Tierheim genommen, und Teresa hatte es Rosmarie zu verdanken, dass sie überhaupt mit Beauty in Kontakt gekommen war.

      »Wenn ich euch nicht störe«, sagte Rosmarie.

      Inge lachte.

      »Wie kannst du denn stören, Rosmarie. Du bist doch schließlich Familie.«

      Sie führte Rosmarie in ihre gemütliche Wohnküche, die der Lebensmittelpunkt der Auerbachs war. Welch heiße Diskussionen es schon an dem großen Familientisch gegeben hatte!

      Rosmarie begrüßte nun auch Teresa, und die sagte sofort »Ich habe von Frau Doktor Fischer gehört, dass du nicht nur fast schon ein ständiger Gast im Tierheim bist, sondern dass du es finanziell auch ganz großzügig unterstützt. Das ist toll, Rosmarie. Dort kann man wirklich jeden Cent gebrauchen. Komm, setz dich, und erzähle mir, wie es mit Beauty und dir weitergeht. Es war von Anfang an nicht zu übersehen, dass es zwischen euch eine Verbindung gibt. Wirst du die kleine Hundedame zu dir nehmen, Rosmarie?«

      Seit Rosmarie zum ersten Male mit Teresa ins Tierheim gegangen war, hatte sich zwischen den beiden Frauen etwas verändert. Und es gefiel Rosmarie Rückert ausnehmend gut, von Teresa von Roth, die sie über alles schätzte und auch bewunderte, nicht mehr als Modepuppe wahrgenommen zu werden, die sich für nichts anderes als Klamotten interessierte.

      Rosmarie überlegte einen kurzen Augenblick, dann sprach sie ganz offen über das, was sie bewegte, sie erzählte aber auch, welche Meinung ihre Kinder zu diesem Thema hatten.

      »Sie halten es beide für eine Schnapsidee und haben mich so richtig niedergemacht, und ich weiß nicht einmal, ob sie vielleicht sogar recht haben. Schließlich fehlt mir jegliche Erfahrung im Umgang mit Tieren, und leider bin ich manchmal ziemlich wankelmütig und ändere rasch meine Meinung. Ich wollte, ich könnte es anders sehen.«

      Inge Auerbach brachte ihrer Besucherin unaufgefordert einen Kaffee, und Teresa sagte: »Frau Doktor Fischer ist da aber ganz anderer Meinung. Sie beobachtet dich und Beauty ja schon eine ganze Weile, und sie ist der Meinung, dass es mit dir und dem kleinen Beagle gut gehen wird. Also, sie hat nichts dagegen, den Hund an dich abzugeben. Das hat sie mir gesagt, als wir das letzte Mal miteinander telefonierten.«

      Rosmarie merkte, wie sie errötete, und das vor Freude und Verlegenheit zugleich. Wie gut taten solche Worte, nachdem man ihr zuvor so überhaupt nichts zugetraut hatte.

      »Und du, Teresa«, wollte Rosmarie wissen, »was ist deine Meinung dazu?« Das interessierte Rosmarie wirklich, Teresas Meinung war ihr wichtig.

      Teresa von Roth ließ sich Zeit mit ihrer Antwort.

      »Hättest du mir diese Frage vor ein paar Wochen gestellt, dann hätte ich vor lauter Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Es wäre für mich undenkbar gewesen.«

      So war sie, Teresa konnte schonungslos offen sein, doch Rosmarie hatte keine Zeit, sich um diese Worte Gedanken zu machen, denn Teresa fuhr fort: »Du hast dich sehr zu deinem Vorteil verändert. Man kennt dich kaum wieder. Ich bin der Meinung, Beauty wird dir guttun. Es ist schön, ein Tier im Haus zu haben, für es sorgen zu können. Die kleine Luna, die, wie du weißt, ja auch aus dem Tierheim kommt, macht uns sehr viel Freude. Sie gehört zwar Bamb…, äh … Pamela, aber wir haben alle unsere Freude an ihr. Und Magnus dreht grade mit ihr eine Runde um den See.«

      Diese Worte waren eindeutig, und Rosmarie wollte einfach nicht mehr auf andere hören, sondern auf sich. Und die Stimme in ihr sagte, es sei richtig, Beauty aus dem Heim zu holen.

      Über das Thema war also alles gesagt, und da Teresa es angesprochen hatte, wollte Rosmarie wissen, wie es Pamela im fernen Australien ging.

      »Hannes schreibt fleißig, und es scheint alles in Ordnung zu sein, und wenn man so will, hätte es uns schlimmer treffen können«, sagte Inge. »Werner und ich versuchen gerade einen Neuanfang. Es war schrecklich, wie wir uns zerfleischt haben und versuchten, uns gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Dabei haben wir doch beide versagt. Wir hätten offen mit der Adoption umgehen müssen.«

      Rosmarie seufzte.

      »Dass ihr überhaupt einen Fehler macht, hätte ich niemals für möglich gehalten. Ihr kamt mir immer so perfekt vor, ich habe euch bewundert und beneidet.«

      »Es gibt keine perfekten Menschen, und es gibt auch nicht den Idealzustand. Ich glaube, man wünscht sich das, was man selbst nicht hat«, bemerkte Teresa. »Aber zum Glück kann man nicht nur jederzeit aus seinen Fehlern lernen, sondern man kann neue Wege beschreiten.«

      »Ach, wenn das so einfach wäre«, rief Rosmarie.

      Teresa lachte.

      »Du bist doch auf dem besten Weg dazu, deinem


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