Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Kasten hier. Und wenn, meinetwegen können sie das alles hier oben haben. Man kann nichts mitnehmen, und ich habe zum Glück einen vermögenden Mann geheiratet, der ebenfalls nicht scharf auf das alles hier ist. Das hast du mir mehr als nur einmal gesagt.«

      Carlo aß bedächtig etwas von dem wirklich ganz wunderbaren Zitronenkuchen, dann sagte er: »Liebes, wir können über alles nachdenken. Es zählt allein, dass wir zwei zusammen sind und dass wir uns nicht nur miteinander, sondern auch in unserem Umfeld wohlfühlen. Es gibt so viele Optionen. Gut, dass du das jetzt angesprochen hast, ich merke, wie meine Lebensgeister wieder wach werden, und auch wenn ich international nicht mehr als Architekt arbeiten kann, etwas hier oben zu gestalten, das ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Du musst dir nur klar sein, dass du wirklich nicht hier oben leben willst.«

      Sie stand auf, ging zu ihm hinüber, setzte sich auf seine Sessellehne und schmiegte sich an ihn.

      Sie fühlte sich glücklich und geborgen. Sie war mit ihrem ersten Mann sehr glücklich gewesen. Doch Carlo, der war ihre Lebensliebe. Es war eine reife Liebe, und die war auf jeden Fall kostbarer als die ungestüme leidenschaftliche Liebe der Jugend.

      »Für mich zählt nur, dass wir beide zusammen sind und an einem Ort leben, der uns beiden gefällt. Mehr will ich nicht.« Carlo Heimberg küsste seine Frau.

      Sie war so stark, sie war so klug, und sie sah so wunderschön aus mit ihren graubraunen Haaren, ihren graublauen Augen. Marianne war eine gepflegte, damenhafte Erscheinung, die das gewisse Etwas hatte. So richtig konnte er eigentlich noch immer nicht begreifen, dass sie sich für ihn entschieden hatte.

      Seine Marianne hatte noch genug Chancen, das war ihm deutlich im Krankenhaus und in der Reha aufgefallen. Er war zwar krank, doch er war nicht blind. Es hatte seine Marianne so manch begehrlicher Blick getroffen.

      »Also überlegen wir uns ganz genau, was wir wollen, wohin wir wollen, was mit dem Herrenhaus geschehen soll. Und erst wenn wir uns ganz klar darüber sind, dann weihen wir Sandra und Felix ein. Einverstanden?«

      Sie lehnte sich enger an ihn.

      »Einverstanden«, sagte sie, dann aber stand sie ganz schnell auf, denn Fanny war hereingekommen, um sich zu erkundigen, ob die Herrschaften noch etwas wünschten.

      *

      Gerda Schulz ließ sich ihre Gefühle nicht anmerken, bis auf eine Ausnahme, und das war, wenn es um ihre Tochter ging, wenn sie mit ihr zusammen war.

      Leonie war ihr ganzes Glück, und sie würde all das wieder auf sich nehmen, was geschehen war.

      Leonie wollte unbedingt an einem festen Platz wohnen, dazu in Deutschland. Und Gerda hatte sich ein wenig schweren Herzens dem Wunsch ihrer Tochter gebeugt. Sie hätte noch weiter mit ihr im Ausland leben können. Es hatte doch wunderbar geklappt, und sie hatte Leonie unterrichtet, so gut, dass es jetzt keine Schwierigkeiten machte, sie auf einem regulärem Gymnasium anzumelden. Und das war geschehen, Leonie würde in Hohenborn aufs Gymnasium gehen.

      Gerda glaubte nicht an Vorbestimmung. Sie wusste, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen musste und dass man nicht zimperlich sein durfte, wenn es darum ging, sein Glück zu machen.

      Was allerdings den Sonnenwinkel betraf und dieses Haus: Das war schon merkwürdig. Leonie und sie hatten deutschlandweit im Internet gesurft, und Leonie war plötzlich beinahe aus dem Häuschen gewesen, als sie das Haus entdeckte und den Ort, an dem es stand.

      Sie war wie besessen gewesen, und sie wollte nur in dieses Haus ziehen. Gerda hatte sich gebeugt.

      Sie hätte das Haus gekauft, auch wenn es mit der Bank of Scotland Probleme gab, die nicht zu verstehen waren. Gerade dort hatte sie das meiste ihres Geldes deponiert.

      Aber es hatte wohl so sein müssen, denn nun musste sie das Haus nicht kaufen, es zu mieten war viel problemloser, besonders, wenn man im Hinterkopf hatte, dass es einmal sein könnte, plötzlich wegzumüssen. Es war einfacher, ein gemietetes Haus zurückzulassen. Aber so wollte sie nicht denken. Sie fühlte sich müde, und eigentlich freute sie sich jetzt auch darauf, ein wenig zur Ruhe zu kommen.

      Der Sonnenwinkel war ein Stück heile Welt, und das brauchte sie eigentlich jetzt auch. Ganz besonders Leonie brauchte es. Sie musste Gleichaltrige kennenlernen, es war nicht gut, dass sie immer nur mit ihr zusammenhockte.

      Allerdings würde sie schon ein Auge darauf haben, wen ihre Tochter mit anbrachte.

      So richtig konnte Gerda es noch nicht glauben, dass sich ihr Leben verändern würde. Es würde in ruhigen Bahnen verlaufen, und vielleicht würde auch sie hier zur Ruhe kommen. Das wünschte sie sich so sehr.

      Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Leonie sagte: »Mami, ich kann es noch immer nicht fassen, dass wir dieses wunderschöne Haus bekommen haben, und ich freue mich ja so sehr darauf, dass ich meine eigenen Möbel bekomme, die ich mir selbst aussuchen darf. Alles in dem Haus können wir so machen, wie wir es wollen. Manchmal haben wir ja schön gewohnt, aber die meisten Wohnungen oder Häuser haben mir nicht gefallen. Da waren so olle Sachen drin.«

      Gerda strich ihrer Tochter über das Haar.

      Leonie war ein wunderschönes Mädchen, und mit ihren roten Locken und den grünen Augen sah sie ganz besonders aus, auch wegen ihrer sehr hellen Haut.

      Als sie in Irland und Schottland lebten, hatte man Leonie für eine Irin oder Schottin gehalten.

      Und als das nicht so war, vermutete man zumindest, dass sie ihrem Vater glich, der ein Ire oder Schotte sein musste.

      Gerda ließ die Leute in ihrem Glauben, nicht einmal Leonie wusste, wer ihr Vater war, und das war auch gut so. Sie hatte schon lange nicht gefragt, und Gerda wünschte sich von ganzem Herzen, dass ihre Tochter das Thema nicht mehr aufgreifen würde.

      Wie einfach und unkompliziert war es doch gewesen als Leonie noch klein war. Kleine Kinder konnte man schnell zufriedenstellen, und noch schneller konnte man sie ablenken.

      Es wurde immer schwieriger, und ihre Fragen wurden immer dringender.

      Vielleicht war es wirklich gut, dass sie nun sesshaft wurden. Dann war Leonie abgelenkt und würde nicht mehr so viele Fragen stellen.

      Gerda hoffte nur, dass die Menschen im Sonnenwinkel nicht allzu neugierig waren. Neugierige Fragen mochte sie überhaupt nicht.

      Sie hielt vor dem Haus, das nun ihr Zuhause sein würde, das Auto stand noch nicht einmal richtig, als Leonie auch schon heraussprang.

      »Mami, darf ich aufschließen?«, erkundigte sie sich ganz aufgeregt.

      Gerda reichte ihrer Tochter die Schlüssel, und Leonie rannte durch den Vorgarten auf die Haustür zu.

      Gerda bemerkte, wie ein Junge auf einem Fahrrad anhielt und ihnen neugierig zuschaute.

      Er machte einen sehr netten Eindruck, und sie antwortete auf sein freundliches »Guten Tag« knapp, ehe sie Leonie folgte.

      Leonie war vorausgelaufen, rannte bereits durch die Räume, während Gerda noch zögerte, ins Haus zu gehen.

      Sie war plötzlich angespannt, und sie merkte, wie sie am ganzen Körper zitterte.

      War es richtig gewesen, das Haus zu mieten?

      War es richtig gewesen, sich Leonies Wünschen zu beugen? Sie war ein Kind, wenn hier jemand Entscheidungen zu treffen hatte, dann doch sie!

      Gerda versuchte, sich zu beruhigen. In all den Jahren war sie egoistisch gewesen, war in die Länder gefahren, die ihr als geeignet erschienen. Es war nun wirklich an der Zeit, die Wünsche ihres Kindes zu berücksichtigen.

      Der Sonnenwinkel, eine verschlafene heile Welt irgendwo im Nirgendwo. Das war doch genau richtig.

      Leonie brauchte soziale Kontakte, und sie musste auch einen ordentlichen Schulabschluss haben. Denn eines stand fest, sie musste studieren! Und das würde sie auch, weil sie unglaublich klug war.

      Ja, sie war etwas Besonderes, ihre Leonie, und sie war das Einzige, was sie so richtig glücklich machte …, zumindest meistens.

      Wenn


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