Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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auch keine zweite Ehe anraten.«

      »Ich habe kein Talent zur Ehefrau«, sagte Winnie. »Es würde dauernd Krach geben. Frauen wie mich akzeptiert man vielleicht als guten Kumpel, aber vor einer Bindung schreckt jeder zurück, wenn ich meinen Standpunkt klarlege.« Sie lächelte spöttisch. »Diese Erfahrung habe ich ja zweimal gemacht, und das langt.«

      »Du bist eben noch nicht dem richtigen Mann begegnet, Winnie.«

      »Wann weiß man das? Doch erst, wenn man unter einem Dach lebt, und selbst das habe ich schon erfolglos probiert. Ich habe keine Illusionen mehr.«

      »Ich auch nicht«, sagte Sandra.

      »Aber du hast ein Kind. Du weißt, wofür du lebst und arbeitest.«

      Diese Worte ließen Sandra aufhorchen. »Ein Kind möchtest du also schon haben«, sagte sie nachdenk-

      lich.

      »Schön wäre es schon«, sagte Winnie leise. »Vielleicht adoptiere ich mal eines.«

      Sandra wollte ihr jetzt nicht vorhalten, daß dies für eine alleinstehende Frau kein leichtes Unterfangen wäre. Mochte Winnie auch frei von Illusionen sein, Sehnsüchte trug sie doch in sich.

      *

      Dr. Norden erlebte am nächsten Tag die Überraschung, zu Helma Mosch gerufen zu werden. Folgte er diesem Ruf auch nur widerwillig, so konnte er sich doch nicht davor drücken.

      Sie spielte die Schwerkranke, klagte über Herzbeschwerden, Schwindelanfälle und Depressionen. Und er bekam gleich zu hören, daß sie von ihrer Schwiegertochter rücksichtslos behandelt und im Stich gelassen worden sei.

      »Da liegt man hilflos, und niemand kümmert sich um mich. Mein Sohn ist ja leider auf einer Geschäftsreise.«

      »Es liegen keine Anzeichen für eine ernstzunehmende Erkrankung vor«, erklärte Dr. Norden ruhig. »Der Blutdruck ist normal. Wahrscheinlich haben Sie zu starken Kaffee getrunken, der das Herz etwas schneller schlagen läßt, Frau Mosch.«

      »Der Kummer frißt mich auf, Herr Doktor«, klagte sie. »Es wäre alles gut, wenn meine Schwiegertochter mir das Leben nicht so schwer machen würde. Aber vielleicht dreht sie alles um, wenn sie mit Ihnen spricht.« Lauernd blickte sie den Arzt an.

      »Sie sagt nichts dergleichen«, erwiderte Dr. Norden ausweichend.

      »Sie ist weggefahren und hat Bettina mitgenommen. Jede Freude wird mir versagt. Wie harmonisch geht es in manchen anderen Familien zu.«

      »Das ist nur bei gegenseitiger Toleranz möglich. In eine junge Ehe sollte sich niemand einmischen, wenn ich das sagen darf, Frau Mosch. Ich weiß, daß die Ehe Ihres Sohnes bisher auch sehr harmonisch verlief.«

      »Ich kann doch nichts dafür, daß ich meinen Mann so früh verloren habe und so allein bin«, heulte sie los. »Ich habe doch niemanden als meinen Sohn, und wir hatten immer ein besonders gutes Verhältnis zueinander.«

      »Sie sind aber noch nicht so alt, um sich nicht einen neuen Lebenskreis und Abwechslung zu verschaffen. Finanziell geht es Ihnen doch nicht schlecht. Machen Sie ab und zu eine Reise. Zeigen Sie doch den jungen Leuten, daß Sie gern unabhängig bleiben wollen. Sie haben eine hübsche Wohnung. Schließen Sie Bekanntschaften und laden mal nette Leute ein.«

      »Ich kenne hier niemanden. Ich habe doch alle Verbindungen aufgeben, um in der Nähe meines Sohnes und meiner Enkeltochter zu sein.«

      »Aber Ihre Schwiegertochter haben Sie darin nicht einbezogen, wie ich Ihren Worten entnehme.«

      »Sie war immer dagegen, daß ich hierher ziehe«, stieß Helma Mosch hervor. »Es ist ihr ein Dorn im Auge, daß sie keine Mutter mehr hat und ich Bettinas einzige Großmutter bin. Das Kind hängt so sehr an mir, und Annette ist ja viel zu nervös, um sich mit der Kleinen zu beschäftigen. Ich hätte mein Kind doch nie in einen Kindergarten gegeben, wenn ich den ganzen Tag nichts zu tun habe. Da lernen sie doch nichts Gutes.«

      »Sie lernen, sich in der Gesellschaft zu behaupten, bevor sie zur Schule kommen, sie lernen sich auch anzupassen und andere zu akzeptieren. Wir sind diesbezüglich ganz verschiedener Meinung, Frau Mosch. Gerade Einzelkinder brauchen Spielgefährten. Wenn Sie einen Rat annehmen wollen, so steigern Sie sich bitte nicht in ganz falsche Vorstellungen hinein. Schon gar nicht in imaginäre Krankheiten. Schauen Sie sich mal wirklich kranke Menschen an, und wie diese mit ihren Leiden fertig werden. Sie dürfen nicht von mir erwarten, daß ich Ihnen ein Leiden attestiere, das nicht vorhanden ist. Sie können jedoch gern andere Ärzte konsultieren.«

      »Ich weiß jedenfalls, was mich erwartet, wenn ich pflegebedürftig werden sollte«, begehrte sie auf.

      »Ich glaube nicht, daß Ihr Sohn dann den ganzen Tag Händchen halten kann. Er hat schließlich einen Beruf. Raffen Sie sich auf! Gehen Sie an die frische Luft, unternehmen Sie etwas! Ich muß jetzt Schwerkranke besuchen. Sollten Sie das Gefühl haben, daß meine Diagnose nicht zutrifft, würde ich Ihnen empfehlen, sich in klinische Behandlung zu begeben.«

      Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie ihm nach, doch kaum hatte er die Wohnung verlassen, stand sie auf und kleidete sich an. Wenn Heiner zurückkam, war es Zeit genug, wieder in die Rolle der Kranken zu schlüpfen. So meinte sie, doch diesmal sollte ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht werden, denn als sie gegen sechs Uhr von ihrem ausgiebigen Stadtbummel zurückkam, stand Heiner vor der Tür.

      Sie war so überrascht über sein vorzeitiges Kommen, daß sie nicht sogleich wieder ihre Trauermiene auf das Gesicht zaubern konnte.

      »Du bist schon da?« stotterte sie.

      »Wo ist Annette?« fragte er.

      »Wie soll ich das wissen? Komm erst mal herein. Mir ging es nämlich gar nicht gut. Ich war beim Arzt.«

      »Du siehst nicht krank aus, Mama«, sagte er. »Du warst beim Friseur, also kann es nicht schlimm gewesen sein.«

      »Jetzt fängst du auch schon an, an mir herumzunörgeln. Ja, ich war beim Friseur, weil ich mich morgen in der Klinik anmelden will zu einer Durchuntersuchung.«

      »Was läßt du dir jetzt wieder einfallen?« fragte er.

      »Annette hat mich maßlos aufgeregt, Heiner«, flüsterte sie entsagungsvoll. »Sie hat die Scheidung eingereicht.«

      Er starrte sie bestürzt an. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.

      »Das kann doch nicht wahr sein, Mama!« stöhnte er.

      »Wenn ich es dir sage! Und dann hat sie Bettina genommen und ist mit ihr weggefahren.«

      »Wohin?«

      »Das hat sie mir natürlich nicht gesagt. Ich habe sie inständig gebeten, doch hierzubleiben und erst mit dir zu sprechen, aber du kennst sie ja, wenn ich etwas sage, wird sie gleich fuchsteufelswild.«

      »Ja, ich kenne Annette«, sagte er tonlos und mit aller Selbstbeherrschung. »Du mußt mir alles genau erzählen, Mama.«

      Sie bekam Oberwasser. »Jetzt hast du wirklich ernsthafte Gründe, dich von ihr zu trennen, Heiner«, sagte sie. »Sie hat dich böswillig verlassen.«

      Was in ihm vorging, konnte sie nicht von seinem Gesicht ablesen. Worüber Heiner Mosch in der Zeit seiner Abwesenheit nachgedacht hatte, wußte sie auch nicht. Ebenso nicht, daß er mit einigen anderen Männern Gespräche geführt hatte, die ihn zum Nachdenken angeregt hatten. Und diesmal verhielt er sich ganz diplomatisch, weil er wußte, daß er von seiner Mutter nur die Wahrheit erfahren konnte, wenn er ihr Recht gab.

      »Ich mache dir gleich mal was zu essen«, sagte sie. »Ich habe natürlich für dich immer etwas da.«

      »Ich habe jetzt noch keinen Hunger, Mama. Hast du ein Bier?«

      »Aber freilich, mein Junge«, erwiderte sie. »Ich wußte doch, daß du vor verschlossener Tür stehen würdest.«

      Er starrte zu Boden. »Nun, dann werden wir mal reinen Tisch machen«, sagte er, und das stimmte sie noch zuversichtlicher. Und zum erstenmal bemerkte


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