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wenige Monate später konnten sie den Erfolg von Manfreds Buch feiern. Da waren sie in Jonathans Haus versammelt, die Burgers, die Nordens und die Mainhards.

      »Wenn ich wirklich so wäre, wie Manfred mich geschildert hat, müßte ich mit einem Heiligenschein einherwandeln«, brummte Jonathan.

      »Der begleitet so manchen unsichtbar«, sagte Daniel voller Wärme.

      »Dann lassen wir mal die Gläser klingen auf unseren Jonathan«, sagte Sabine.

      »Aber bitte auch auf unsere Tina und euch alle«, sagte Jonathan. »Aber eigentlich ist es doch üblich, daß der Autor geehrt wird.«

      »Der ist nichts ohne Inspiration«, wehrte Manfred ab. Er nahm Sabine in den Arm. »Wir haben allen zu danken, die hier versammelt sind.«

      »Wir aber auch«, sagten Jochen und Gundi Burger wie aus einem Mund. »Das nächste große Fest findet bei uns statt, anläßlich der Taufe unseres zweiten Kindes.«

      Die wurde sechs Monate später gefeiert, und Evis kerngesundes Brüderchen wurde auf den Namen Jochen Jonathan Franz getauft.

      »Ich sag’ einfach Jojo zu ihm«, meinte Evi tiefsinnig. »Meinst du, Tina, daß ich ihn auch mal in die Arme nehmen kann?«

      »Du kannst es bestimmt, Evi«, sagte Tina. »Man kann alles, was man von Herzen will. Aber die Hauptsache ist, daß du ihn liebhast.«

Nur ein Mann für gute Tage?

      Annedore Diehl blieb vor der Tür zu Dr. Nordens Praxis stehen und zögerte, auf die Klingel zu drücken.

      Was soll es überhaupt, dachte sie, in diesem Fall kann er doch auch nicht helfen. Er wird mich nur für die böse Schwiegermutter halten, die dauernd etwas an ihrem Schwiegersohn auszusetzen hat.

      Aber dann tat sich die Tür von selbst auf, und eine junge Frau kam heraus. Hinter ihr war Loni, Dr. Nordens Helferin erschienen.

      »Guten Tag, Frau Diehl«, sagte sie freundlich, »kommen Sie nur herein. Heute haben Sie es ganz gut erraten. Es macht sich bemerkbar, daß Ferienzeit ist.«

      Nun trat Annedore doch ein. Sie war eine schlanke, gutaussehende Frau von achtundvierzig Jahren, sehr gepflegt und apart gekleidet, und nur der bekümmerte Ausdruck in ihren schönen braunen Augen verriet, daß sie einen Kummer mit sich herumtrug. Loni wußte von diesem Kummer. Annedore Diehl war bereits seit vier Jahren Dr. Nordens Patientin, und vorher war ihr Mann von Dr. Norden betreut worden. Der Rechtsanwalt Dr. Diehl war vor vier Jahren an Magenkrebs gestorben. Zu spät hatte er sich in ärztliche Behandlung begeben, wie so manch anderer, der ersten Anzeichen keine Beachtung schenkte.

      Es war ein schwerer Schlag für Annedore und ihre Tochter Sandra gewesen, und Loni meinte, daß Annedore Diehl den Verlust ihres Mannes noch immer nicht verwunden hatte. So war es wohl auch, denn oft dachte Annedore, daß manches doch wohl anders gekommen wäre, wenn ihr Mann noch leben würde.

      Dr. Norden wußte allerdings sehr gut, was Annedore Diehl quälte. Zuerst hatte er allerdings tatsächlich angenommen, daß sie durch die starke innere Bindung an ihre einzige Tochter zu ungerechter Beurteilung ihres Schwiegersohnes neigte.

      An diesem Tag war sie die letzte Patientin, und so konnte er sich Zeit nehmen für sie, wissend, daß sie keine Medizin sondern seelischen Zuspruch brauchte.

      »Was bedrückt Sie, Frau Diehl?« fragte er freundlich.

      Ein Zucken lief über ihr Gesicht. »Ulrich ist wieder in München«, erwiderte sie bebend. »Er verlangt Nico zu sehen.«

      Da war guter Rat nun wirklich teuer, denn Dr. Norden wußte sehr gut, daß auch geschiedene Väter das Recht hatten, ihre Kinder zu sehen, wenn es ihnen bei der Scheidung zugebilligt worden war.

      Und so sagte er jetzt: »Ihre Tochter ist inzwischen eine selbständige, tüchtige Frau geworden, Frau Diehl. Bereiten Sie sich selbst doch nicht wieder schlaflose Nächte.«

      »Ich fürchte wirklich, daß er alles tun wird, um Nico gegen Sandra zu beeinflussen. Ich habe so sehr gehofft, daß meine Tochter jetzt in Dr. Arnim den richtigen Partner gefunden hat.«

      Es wurde noch mehr zwischen ihnen erörtert, während dieser Dr. Arnim, von dem die Rede gewesen war, sich mit den gleichen Problemen befaßte, die auch Annedore Diehl beschäftigten.

      Er stand vor Sandras Schreibtisch. »Sollten wir uns nicht in aller Ruhe unterhalten, Sandra?« fragte er. »Warum willst du die Flucht ergreifen?«

      »Ich ergreife nicht die Flucht«, widersprach sie heftig. »Es sind Ferien. Ich werde mit Nico wegfahren. Es ist sowieso Sauregurkenzeit. Du wirst ja wohl allein zurechtkommen.«

      Es ging ihm nahe, daß sie so aggressiv war, aber er ließ es sich nicht anmerken. »Wohin wollt ihr fahren?« fragte er.

      »Irgendwohin, ich weiß es noch nicht.«

      »Fährt deine Mutter mit?«

      »Nein, ich habe ihr geraten, eine Kur auf der Insel der Hoffnung zu machen. Sie ist heute bei Dr. Norden und wird das mit ihm besprechen. Ich will nicht, daß Nico hin und her gezogen wird.«

      Oder sie will Ulrich nicht treffen, dachte Holger Arnim. Sie scheint doch noch an ihm zu hängen. Und das schmerzte ihn noch mehr als ihre Aggressivität.

      »Du wirst ihm nicht immer ausweichen können«, sagte er ruhig.

      »Ich will ihm nicht ausweichen. Ich möchte Nico in aller Ruhe erklären, warum es zu der Trennung kam, damit er sich nicht von Ulrich beeinflussen läßt, wenn diese Treffen nicht zu vermeiden sind. Ich muß ihn jetzt vom Kindergarten abholen, Holger. Entschuldige, bitte.«

      Sie war aufgesprungen, nickte ihm zu und verschwand.

      Holger ging an seinen Schreibtisch und ließ sich dort mit einem schweren Seufzer nieder.

      Er wußte, wie es zu dieser Ehe zwischen Ulrich Harrer und Sandra gekommen war, und er wußte auch, warum es dann zur Scheidung kam.

      Er rief sich alles noch einmal in die Erinnerung zurück.

      Sandra war gerade zwanzig Jahre und studierte im dritten Semester Jura, als sie Ulrich Harrer, den Juniorchef einer Elektrofirma, kennenlernte. Der gutaussehende junge Mann aus bester Familie konnte sich des Wohlwollens von Sandras Vater erfreuen. Dr. Diehl hatte nichts gegen die baldige Heirat einzuwenden, da Sandra dennoch ihr Studium beenden wollte. Aber schon bald machte sich seine Krankheit bemerkbar. Holger Arnim trat als Sozius in die Kanzlei ein, da Dr. Diehl diese nicht mehr allein weiterführen konnte. Und Sandra brachte Nicolas zur Welt.

      Er bekam diesen Namen, weil er am Nikolaustag geboren wurde. Dr. Diehl konnte sich über die Geburt seines Enkels noch freuen, aber schon bald verschlechterte sich sein Zustand zusehends. Zwei Operationen brachten ihm auch keine Genesung mehr, und er erfuhr auch nicht mehr, daß es schon bald nach der Geburt des Kindes in Sandras Ehe zu kriseln begann.

      Ulrich fühlte sich vernachlässigt, weil Sandra sich angeblich dem Kind und auch dem kranken Vater zuviel widmete. Und ganz schlimm wurde es, als Dr. Diehl gestorben war und San-dra oft bei ihrer Mutter weilte.

      Für Ulrich waren das gute Ausflüchte, um seinen eigenen Lebenswandel zu vertuschen. Er beschloß, die Niederlassung der väterlichen Firma in Norddeutschland zu übernehmen. Er wußte genau, daß Sandra ihm dorthin nicht folgen würde, nicht so kurz nach ihres Vaters Tod, und sie hatte auch beschlossen, ihr Studium wieder aufzunehmen, da ihre Mutter ja das Kind beaufsichtigen konnte.

      Ulrichs Vater war in zweiter Ehe mit einer jungen Frau verheiratet. Sie zeigten kein Interesse an dem Kind, und Werner Harrer ließ seinem Sohn alle Freiheiten, damit der ihm nicht in seine Ehe hineinredete.

      Es war dann tatsächlich Annedore gewesen, die ihrer Tochter zuredete, nicht auf sie so viel Rücksicht zu nehmen und doch zu ihrem Mann zu gehen. Sandra entschloß sich, Ulrich zu besuchen, bereit, sich mit ihm zu einigen. Und da fand sie in seiner Wohnung ein junges Mädchen vor, eine neunzehnjährige bildhübsche Schauspielschülerin, die ihr sehr selbstbewußt erklärte,


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