Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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er nichts davon verstand. Aber die sollten sie erst zu Hause bekommen. Für ihn war es der erste weite Flug seit zwanzig Jahren, und ihm wäre es schon ein bißchen unheimlich gewesen, wenn er nicht neben Tina gesessen wäre. Er hielt ihre Hand und fing einen aufmunternden Blick auf.

      »Fliegen ist schön, Jonathan«, sagte sie. »Schau doch hinaus, diesmal sind keine Wolken unter uns. Man kann den Ozean sehen.«

      »Ich fühle mich wohler, wenn ich Boden unter den Füßen habe«, brummte er.

      Sie lachte schelmisch. »Den hast du doch, der bricht nicht durch.«

      »Ich bin wirklich sehr vorsichtig«, gab er zurück. »Ich mache lieber die Augen zu.«

      »Du hast ja auch noch so viel gearbeitet, da muß man müde sein«, sagte sie. »Schlaf gut.«

      »Sie hat ja jetzt schon mütterliche Instinkte«, raunte Manfred Sabine zu. Sie blinzelte zu ihm hinüber. »Da kann man schon von vertauschten Rollen reden, aber es scheint ja auch ihm zu gefallen.«

      »Er nimmt Tina ernst, Sabine, viel ernster, als wir sie genommen haben. Für uns war sie doch immer das hilfsbedürftige Kind.«

      Sie hatten die Rücklehnen zurückgestellt. Axel und Kathrin waren schon eingeschlafen, obgleich sie doch beteuert hatten, den Flug noch richtig genießen zu wollen.

      Und auch Tina war eingeschlafen, den Kopf an Jonathans Schulter gelehnt. Er hatte die Augen geschlossen, aber er schlief nicht. Er hatte nur gewollt, daß Tina schlafen solle. Und das hatte er erreicht. So würde sie den Flug am besten überstehen. Er fühlte unausgesetzt ihren Puls und lauschte auf ihren Atem, immer gegenwärtig, den Kreislauf zu unterstützen, wenn es notwendig sein sollte.

      Aber sie schlief ganz ruhig, und ein Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Sie wachte tatsächlich erst auf, als das Flugzeug in Frankfurt zur Landung ansetzte.

      Verwirrt blickte sie Jonathan an. »Gibt es gar kein Essen?« fragte sie.

      »Das haben wir verschlafen«, erwiderte er, »aber wir werden nach der Landung gleich unseren Hunger stillen können.«

      »Ich habe die ganze Zeit geschlafen?« staunte sie. »Und du hast mich nicht geweckt?«

      »Du hast nichts versäumt, Kleines. Es waren nur schwarzen Wolken unter uns«, sagte Jonathan.

      »Und jetzt regnet es wer weiß wie«, sagte Axel unwillig. »Was ist denn eigentlich mit dem Gepäck, wenn wir umsteigen müssen, Papi?«

      »Es wird in die andere Maschine verladen«, erwiderte Manfred.

      »Hoffentlich geht nichts verloren«, seufzte Sabine.

      »Na, das wollen wir doch nicht annehmen«, sagte Jonathan. »Geht es denn gleich weiter? Ich dachte, wir könnten noch essen. Tina hat Hunger.«

      »Wir sind schon vor ein Uhr in München. Dort können wir essen«, meinte Manfred. »Da weiß ich besser Bescheid. Hältst du es noch so lange aus, Tina?«

      »Ich habe die Lunchpakete einkassiert«, erklärte Axel verschmitzt. »Da sind ganz gute Sachen drin. Ihr habt ja alle geschlafen.«

      Eine ganze Tasche voll hatte ihm die Stewardeß eingepackt. Sabine war es richtig peinlich.

      »Was hast du denn, Mami, das wird dann sowieso weggeschmissen, und was wir nicht essen, nehme ich meinen Schulfreunden mit, damit sie auch was von der weiten Welt schnuppern.« Ein pfiffiger forscher Junge war er geworden in diesen Wochen, und auch Kathrin war lange nicht mehr so schüchtern.

      »Es hat ihnen gut getan«, sagte Sabine nachdenklich, als sie ihre Kinder betrachtete.

      »Nun sind wir bald zu Hause«, flüsterte sie. »Ob es Jonathan wohl bei uns gefällt?«

      Manfred lächelte. »Sei unbesorgt.«

      »Ich muß Ordnung schaffen«, sagte sie. »Alles wird verstaubt sein.«

      »Liebe Güte, wir waren ja auch über fünf Wochen weg. Das bißchen Staub wird ihm bestimmt nichts ausmachen. Und übermorgen fahren sie ja gleich zur Insel.«

      »Bringen wir sie nicht hin?« fragte Sabine.

      »Mit dem alten Klapperkasten? Da haben wir doch gar nicht alle Platz.«

      »Du kannst dir doch von Pollmer einen Wagen leihen. Das können wir schon noch abzweigen, Manni.«

      »Nur nicht leichtsinnig werden. Du weißt, was wir uns vorgenommen haben. Aber die Welt wird ein Leihwagen nicht kosten.«

      *

      Dann waren sie endlich daheim. Unterwegs hatten sie gut gegessen, und zur Freude aller hatte auch Tina einen guten Appetit entwickelt.

      »Herrgott ist es hier schön«, sagte Jonathan tief aufatmend, als er aus dem Taxi stieg. Zum Glück hatten sie einen freundlichen Taxifahrer erwischt, der nicht über die sechs Personen und das Gepäck gestöhnt hatte. Die Kinder würden ja für einen zählen, hatte er gemeint. Aber froh waren sie doch, als sie aussteigen konnten, denn hier war es warm. Es regnete nicht. Die Sonne lugte zwischen den Wolken hervor. Die Kletterrosen am Haus standen schon in voller Blüte.

      »So schön waren sie noch nie«, sagte Sabine innig.

      »Und ohne gießen«, brummte Axel.

      »Es wird schon genug geregnet haben«, meinte Manfred.

      »Gehen wir gleich in den Garten, Jonathan?« fragte Kathrin. »Da wird es ziemlich schlimm aussehen, vor allem im Gemüsegarten«, sagte Sabine rasch, »aber ich werde erst mal das Haus durchlüften, sonst macht Jonathan gleich wieder kehrt.«

      Der dachte gar nicht daran. Was störten ihn schon Staub und muffige Luft. Das war alles schnell zu beheben. Er hatte jetzt erst mal so richtig das Gefühl, daß man ihn zur Familie zählte, hier, in heimlichen Gefilden, und das genoß er.

      Und so arg sah es nirgends aus, wie sie gefürchtet hatten. Im Gemüsegarten hatten sich anscheinend die Hasen gütlich getan am Kohl, aber das taten sie sonst auch, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Dicke rote Kirschen hingen am Baum, und die Pflaumen waren auch schon teilweise reif.

      »Verderbt euch nicht gleich den Magen«, rief Sabine aus dem Wohnzimmer, als Manfred schon eine Leiter herbeischleppte.

      »Da können wir nachher gleich noch Zwetschenpfannkuchen machen«, sagte Axel genüßlich.

      »Was ist das?« fragte Jonathan interessiert.

      »Das wirst du schon sehen«, sagte Tina. »Es wird dir ganz bestimmt schmecken.«

      »Kennst du Palatschinken, Jona-than?« fragte Kathrin.

      »Was ist das für ein Schinken?« fragte er.

      Kathrin kicherte. »Das ist gar kein Schinken, das nennt man bloß so. Das sind ganz dünne Eierkuchen. Ich mag sie am liebsten mit ganz viel Schokolade.«

      »Das klingt wirklich nicht nach Schinken«, lachte Jonathan, »aber ihr könnt einem schon die Mund wäßrig machen.Was ich auf meine alten Tage alles noch so kennenlerne!«

      »Du sollst nicht sagen, daß du alt bist«, sagte Tina ernst. »Ich will das nicht hören.«

      Er nahm alle drei in die Arme. »Ihr sorgt schon dafür, daß ich noch mal jung werde«, sagte er. Sabine sah und hörte es, ebenso wie Manfred, und sie sahen sich an.

      »Ich habe so eine Ahnung«, sagte Manfred.

      »Was für eine? Meinst du auch, daß er herkommen wird für immer?«

      Er nickte. »Er wird sich nach einem Haus umschauen. Ich habe gehört, wie er das zu Harriet sagte. Und er wird sie dann mitbringen.«

      »Dann rede du mal mit ihm, und sage ihm, daß wir uns freuen würden, wenn er ein Haus in der Nähe finden würde. Wir könnten ihm ja behilflich sein.«

      »Danke, Sabine«, sagte er leise, »du hast deinen Schatten übersprungen. Er nimmt uns Tina nicht weg. Wir haben alle einen sehr guten Freund hinzugewonnen.«


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