Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
daß unser Grundstück groß genug ist, um noch ein Haus hineinzustellen, Jonathan«, sagte Sabine, denn Manfred hatte es für gut befunden, daß der Vorschlag von ihr kommen würde. »Wenn du einverstanden bist, kann ein Haus für dich und Harriet dort hineingebaut werden. Manfred war schon beim Amt und hat sich erkundigt. Es wird keine Schwierigkeiten geben. Wenn du einverstanden bist…« Sie kam gar nicht weiter, denn er sprang auf und umarmte sie.
»Wann wird es fertig sein können?« fragte er.
»Nächstes Jahr im Herbst, aber ihr dürft ruhig schon im Sommer kommen«, sagte Manfred. »Dann rücken wir für ein paar Wochen enger zusammen.«
»Ist das wirklich wahr?« fragte Tina bebend vor Freude.
»Es liegt nur an Jonathan«, sagte Sabine. »Vielleicht gibt es hier einen Architekten, der die Pläne machen kann.«
»Wir haben uns schon aus einem Katalog ein schönes Fertighaus ausgesucht«, sagte Tina. »Das geht ganz schnell, wenn man ein Grundstück hat, und das haben wir ja. Und dann wären wir immer beisammen. Jonathan kann seine Memoiren schreiben und Papi seine Bücher.«
»Und einen Verleger haben wir auch schon«, lachte Manfred. »Da kann ja nichts mehr passieren.«
Hoffentlich nicht, dachte Sabine, denn daß alles glattgehen könnte fortan in ihrem Leben, daran konnte sie noch gar nicht glauben.
Aber es ging glatt, wenngleich sie sich nun auch der Macht des Geldes bewußt werden sollten. Eine große Spende für den Kindergarten, der schon lange gebaut werden sollte, und für den die Mittel fehlten, trug dazu bei, wie auch eine weitere Spende für das Altersheim, und dann auch noch für einen Notarztwagen. Pingelig war man nicht auf der Gemeinde, als man geschnuppert hatte, daß die Mainhards viel für die Wohltätigkeit übrig hatten, viel mehr als jene, die in den prächtigen Villen wohnten. Aber es war ja Victors Geld, was sie dafür gaben. Es sollte Segen spenden, und auch Jonathan wollte sich nicht lumpen lassen. Er dachte jetzt nicht mehr so wehmütig an den Abschied, der immer näherrückte, er dachte schon vielmehr an das Wiedersehen im nächsten Jahr.
Mit Daniel Norden und Johannes Cornelius hatte er noch ein langes Gespräch geführt über die Operation, aber als Daniel sagte, daß man ihm hier nicht viel Ruhe gönnen würde, wenn es erst bekannt wurde, daß er seinen Wohnsitz bei München nehmen würde, schüttelte er den Kopf.
»Wenn man mich mal als Berater braucht, stehe ich in einem besonderen Fall schon zur Verfügung, aber das Skalpell nehme ich dann nicht mehr in die Hand. Nur noch den Federhalter. Da ist es nicht so schlimm, wenn man einmal zittert.«
*
Das Jahr ging dahin. Es wurde gebaut, und es gab viel Krach, aber der machte selbst Manfred nichts aus. Er schrieb bereits an seinem zweiten Roman und der erste, generös honoriert von Franz Burger, sollte dann auf den Markt kommen, wenn Jonathan und Harriet eintrafen. So richtig zur Begrüßung, wie Tina meinte, die lange Briefe an Jonathan schrieb, die mit langen Telefongesprächen beantwortet wurden.
Oft waren sie mit Evi beisammen, und wie es sich Jochen und Gundi Burger ersehnt hatten, war Tina die richtige Freundin für Evi geworden. Kind unter lieben Kindern zu sein, war für das kleine Mädchen die beste Lebenshilfe. Sie fand sich schnell zurecht in einer Welt, die so vielen anderen verschlossen blieb, denen nicht soviel Verständnis und Zuneigung entgegengebracht wurde. Sie war es, die dann ihren Eltern sagte, wie schön es doch wäre, wenn sie auch ein Geschwisterchen hätte. Sie wäre doch nun schon groß und könne vieles selbst tun. Und so überwand Gundi auch diesen Schatten, der so viele Jahre ihr Leben begleitet hatte. Evi war in eine größere, in eine liebevolle Welt hineingewachsen. Es schien auch fast, als hätten ihre Ärmchen sich gestreckt, weil sie viel beweglicher geworden waren. Sie lernte schreiben, sie konnte Gabel und Löffel selbst zum Mund führen, und es war kein Zufall mehr, wenn sie Bälle auffing.
Als der Frühling kam, stellte sich bei den Fiebigs Nachwuchs ein, und das war für Lotte Rimmel ein Grund, wieder einmal in die Stadt zu fahren und auch Dr. Norden aufzusuchen. Sie brachte ihm eine wunderschöne holzgeschnitzte Madonna, die sehr kostbar und schon dreihundert Jahre im Besitz ihrer Familie war.
»Ich weiß, daß Sie so etwas mögen«, sagte sie, »und ich habe dafür lebendiges Glück geschenkt bekommen. Martin hat seine Versetzung durchgedrückt, und er klettert sogar eine Stufe hinauf. Die Kinder können bei mir wohnen, viel weiter hat er es auch nicht zur Kreisstadt, als hier bis zum Amt. Und er kann sein Hobby pflegen. Jetzt brauch’ ich keine Feriengäste mehr, lieber Dr. Norden, aber ein herzliches Vergelt’s Gott möcht’ ich doch sagen, daß Sie mir dazu verholfen haben.« Und dann hatte sie es schrecklich eilig, in die Leitner-Klinik zu kommen, wo sie schon von Martin und Danny erwartet wurde. Und bald darauf konnten sie auch die kleine Charlotte anschauen, die lauthals ihr Erdendasein ankündigte.
»So ein Püppchen, so ein liebes Püppchen«, stammelte Tante Lotte, als sie das Baby im Arm halten durfte, und Tränen der Freude rannen über ihre Wangen.
*
Viel Liebe, viel Glück, das galt auch für die Mainhards an jenem Augusttag, als sie am Flughafen standen und voller Ungeduld auf die Ankunft der Maschine warteten, die Jonathan und Harriet bringen sollte.
»Jonathan wird mächtig staunen, daß das Haus schon fertig ist«, sagte Axel.
»Da hat Papi aber auch Dampf gemacht«, meinte Kathrin.
Tina sagte nichts. Ihre Daumen drückten sich fest in die Handflächen, wie damals vor der Operation. Und sie lösten sich erst, als die Maschine gelandet war. Zu einem bildhübschen Teenager mauserte sie sich jetzt, aber als dann Jonathan sichtbar wurde, war sie wieder das überglückliche kleine Mädchen, das sich ungestüm den Weg bahnte, um ihm an den Hals zu fliegen.
»Endlich«, sagte er nur heiser und drückte sie an sich.
»Es ist überstanden«, sagte Harriet trocken, als sie Axel und Kathrin in die Arme nahm. »Der Jonathan hat mich bald geschafft, bis wir endlich Boden unter den Füßen hatten. Ich muß schon sagen, das war das längste Jahr, seit ich ihn kenne, aber meinetwegen können die Jahre jetzt vierundzwanzig Monate haben.«
Die Zeit würde sich nicht aufhalten lassen. Die Uhren würden ihre Zeiger drehen wie eh und je, aber nun waren sie beisammen, und es gab keinen Abschied mehr.
»Ich spiel jetzt sogar Tennis, Jona-than«, sagte Tina, »und es macht mir gar nichts aus.«
»Na, dann fange ich auch noch mal an«, meinte er.
»Und Maschinenschreiben kann ich auch schon ganz gut, damit ich deine Memoiren abtippen kann«, sage Tina.
»Den Sommer wollen wir aber erst genießen«, meinte er verschmitzt. »Hier sind doch jetzt Ferien. Ich hab’ es nicht vergessen. – Und was sehe ich da?« rief er aus und steuerte auf den Bücherstand zu. Ganz weit waren seine Augen geworden, als er den Buchtitel las. Unser Jonathan, lautete der.
»Von Manfred Mainhard«, raunte ihm Tina zu.
»Das muß ich mir kaufen«, brummte Jonathan.
»Du bekommst eins geschenkt, Jonathan«, meinte Manfred.
»Das könnte dir so passen. Wenn man mir schon zu Lebzeiten ein Denkmal setzt, gebe ich mein Scherflein auch dazu.«
»Du weißt ja gar nicht, was drin steht«, meinte Manfred hintergründig.
»Mich kennt hier ja keiner«, lachte Jonathan. »Und wer weiß, ob ein Buch gekauft wird. Wer schaut denn schon auf so einen Titel. Da hätte ich mir was anderes ausgedacht. Aber eins hast du wenigstens verkauft, Manfred. Und ich werde es sogar gleich lesen.«
»Zuerst schaust du dir aber dein Haus an, Jonathan«, sagte Sabine.
Das war dann die nächste Überraschung für ihn und Harriet, denn es wartete schon, geschmackvoll eingerichtet und mit Blumensträußen in jedem Zimmer. Eine Blumengirlande hatten die Kinder geflochten. Willkommen zu Hause stand darin.
»Was sagst du nun, Harriet?« brummte Jonathan gerührt.
»Jetzt wissen wir, wohin