Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
»lassen wir es doch bei der Omi. Mich kann es nur freuen.«
»Siehst du, Mami, der Onkel Doktor hat es gesagt, daß sie lieb ist, aber so schön, wie es hier ist, hat er nicht gesagt.«
»Dr. Norden war ja leider noch nicht hier«, sagte Lotte.
»Er hat so viel zu tun«, erklärte Danny sofort. »Er ist dauernd unterwegs.«
»Läßt du uns auch mal zu Wort kommen, Sohnemann?« fragte Martin. »Wir möchten Frau Rimmel doch sagen, daß wir uns sehr freuen, hier unseren ersten gemeinsamen Urlaub verbringen zu können.«
»Den ersten gemeinsamen Urlaub«, wiederholte Lotte nachdenklich, »nun, dann kann ich wirklich nur hoffen, daß der Wettergott das gehört hat.«
»Darauf kommt es nicht an«, sagte Claudia. »Dr. Norden sagte uns, daß wir uns hier auch betätigen können. Mein Mann wird es mit Begeisterung tun.«
Lotte Rimmel schnappte gleich nach Luft. »Sie sollen sich doch erholen«, sagte sie fassungslos.
»Was aber nicht gleichbedeutend mit faulenzen sein muß«, warf Martin ein. »Ich bin das ganze Jahr ein Bürohocker.«
»Aber jetzt zeige ich Ihnen erst mal die Zimmer«, sagte Lotte Rimmel.
Und da fühlten sie sich gleich heimisch. Danny war natürlich ganz begeistert, daß er solch ein hübsches großes Zimmer neben dem seiner Eltern hatte, und gleich mußte er auch feststellen, daß man vom Fenster aus die Berge sehen konnte.
»Zum See ist es auch nicht weit«, erklärte Lotte, »aber heute wirst du wohl lieber in der Badewanne planschen.«
»Ist denn eine da?« fragte er.
»Aber freilich«, erwiderte Lotte lachend und öffnete die nächste Tür.
»Oh, Mami, ein ganz tolles Bad«, rief Danny begeistert aus.
»Das ist ja alles wunderhübsch«, sagte Claudia. Und für diesen Preis, dachte sie dann weiter. Anderswo hätten sie das drei- oder gar vierfache dafür zahlen müssen, was sie sich freilich nicht leisten konnten.
»Ich hoffe, Sie werden sich wohl fühlen und dann auch gern wiederkommen«, sagte Lotte.
»Das wird uns leichtfallen«, sagte Claudia herzlich.
»Du bist lieb«, sagte Danny zu Lotte. »Ich möchte dir ein Bussi geben.«
Darüber konnten nun wieder seine Eltern staunen, denn er war sonst sehr scheu. Doch Lottes Augen leuchteten auf, und sie hob ihn empor. »Wir werden uns bestimmt gut verstehen, Danny. Ich freue mich, daß endlich ein Kind im Haus ist.«
»Und wie darf ich zu dir sagen?« fragte Danny.
»Einfach Tante Lotte«, erwiderte sie. »In einer halben Stunde gibt es Mittag-essen.«
»Kann ich helfen?« fragte Claudia.
»Die Liesl ist ja da. Sie sollen sich erholen.«
*
Und wie schmeckte das Essen, das in der behaglichen Bauernstube eingenommen wurde. Saftige Schnitzel mit frischen Salaten gab es als Begrüßungsessen, und vorher eine Suppe mit Grießnockerln, wie Danny sie besonders gern mochte. Sie fühlten sich wie im Schlaraffenland. Lotte bekam noch ein paar Bussis von Danny, als sie sagte, daß er wünschen könne, was er am liebsten äße. Da zählte er gleich unbefangen auf. »Suppe und Pfannkuchen und Kartoffelbrei und Soße, und Tomaten mag ich auch und Äpfel.«
Und Milch bekam er, wie er sie noch nie getrunken hatte. Dann führte Lotte sie durch den Obstgarten, und er konnte Erdbeeren selbst pflücken.
»Wenn es so schön bleibt, werden die Kirschen auch bald reif«, sagte Lotte.
»Es bleibt schön, ich bin doch brav«, erklärte Danny.
»Ja, du bist sehr brav«, sagte Lotte.
»Papi braucht nicht zu schümpfen«, meinte Danny verschmitzt.
Aber Martin war jetzt schon ein völlig anderer Mensch. Alle Gereiztheit war von ihm abgefallen.
»Und nun möchte ich die Pferdchen und die Kühe sehen, Tante Lotte«, bat Danny.
Pferde gab es drei, den Maxi, die Mädi und das Fohlen Mucki, das dem kleinen Danny natürlich besonders gut gefiel. Die sechs Kühe hatten auch Namen, die leicht zu merken waren. Fanny, Kitty, Sissi, Milli, Stasi und Wally hießen sie.
»Und sie haben keinen Mann?« fragte Danny. »Die Pferdeln sind eine Familie wie wir, Papi, Mami und Kind. Hast du keinen Mann und keine Kinder, Tante Lotte?«
»Leider habe ich keine Kinder, und mein Mann lebt nicht mehr, Danny.«
Er sah sie an und schmiegte seine Wange dann an ihre Hand. »Jetzt habe ich dich lieb, Tante Lotte«, raunte er ihr zu.
So waren an diesem Tag wieder vier Menschen glücklich und zufrieden, und selbst Liesl, die es mit den Fremden eigentlich gar nicht hatte, zeigte ihr freundlichstes Gesicht. Sie war auch nicht mehr die Jüngste und so allein wie Lotte. Sie war froh gewesen, hier auf dem Hof ihr Leben verbringen zu können. Mit diesen Gästen war aber auch sie einverstanden, und Lotte wünschte, daß jetzt die Zeit nicht gar so schnell vergehen würde. Ein fröhliches Leben begann auf Lottes Hof. Martin bewies, daß er Talent zum Bauern hatte. Claudia ließ es sich nicht ausreden, sich in Haus und Garten zu betätigen, und für Danny brachte jeder Tag neue Wunder. Er durfte schon in der Frühe noch nestwarme Eier aus dem Hühnerstall holen, er schaute beim Melken zu, das Martin auch mit großem Geschick vollbrachte, er fütterte die Pferde mit Mohrrüben und Äpfeln, die extra für sie eingekellert worden waren, und dann kehrte auch der schöne Hirtenhund Troll auf den Hof zurück, der eine Woche bei einem Züchter verbracht hatte. Warum wohl, das wollte Danny auch wissen.
»Damit er sich eine nette Gefährtin aussuchen konnte«, erklärte Lotte schmunzelnd.
»Und warum hat er sie nicht mitgebracht?« wollte Danny wissen.
»Sie wird nun kleine Hündchen bekommen«, erwiderte Lotte.
»Aber die wird er doch auch sehen wollen. Er ist aber gar nicht traurig.«
»Er freut sich, daß er wieder zu Hause ist«, sagte Lotte. »Bei Hunden ist das anders als bei Menschen, wenn sie nicht immer beisammen sind.«
So manches gab es doch, was Danny nicht verstehen konnte, noch nicht, aber ihm gefiel es sehr, wenn Troll neben ihm hertrottete oder wenn er mit ihm Ball spielen konnte, oder wenn er mit ihnen zum See ging und dort munter herumschwamm. Da packte Danny der Ehrgeiz. Er wollte auch schwimmen lernen. Er begriff es schnell, allerdings paddelte er auch so wie Troll. Ein Tag war so schön wie der andere, kamen auch mal Wolken und manchmal auch ein Gewitter. Dann saßen sie in der Bauernstube, und wenn es abends kühl wurde, prasselte im Kamin ein lustiges Feuer, und immer gab es noch was Leckeres zum Schlecken oder Knabbern, es war verständlich, daß da gar kein Heimweh aufkommen konnte.
*
Sabine war dagegen nicht gefeit. Sie freute sich am meisten auf den Tag, an dem sie die Heimreise antreten konnten. Ärztliche Bedenken gegen den langen Flug hatte nun auch Jonathan nicht mehr, doch für Manfred und Sabine war es ein beruhigender Gedanke, daß er sie begleiten würde.
Der Abschied von Harriet ging nicht ohne Rührung ab, aber sie hielt tapfer die Tränen zurück und meinte, daß sie sich bestimmt wiedersehen würden.
»Sie sind uns immer herzlich willkommen, Harriet«, sagte Sabine.
»Paß gut auf dich auf, Harriet«, sagte Jonathan.
Tina umarmte sie. »Ein Jahr vergeht schnell, Harriet«, raunte er ihr ins Ohr und küßte sie auf beide Wangen.
»Hättest ruhig mitkommen können«, sagten Axel und Kathrin wie aus einem Mund.
Dann saßen sie wieder in dem riesigen Flugzeug, dicht beieinander, doch diesmal zu sechst und mit anderen Gefühlen als auf dem Herflug. Für Tina hatten sie neue Kleidung kaufen müssen, da ihr alles zu klein geworden