Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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du jetzt gehst, ist es aus«, zischte Francesco.

      Nadine zitterte am ganzen Körper, aber die Hand ließ sie nicht los.

      »Dann ist es eben aus!« stieß sie hervor.

      Francescos Gesicht verzerrte sich, aber seltsamerweise schien er vor Nadines Beschützer Respekt zu haben.

      »Sie kennen mich, Caretto«, sagte der. Francesco drehte sich um und ging zur Bar.

      Nadine hatte in der Stimme des Fremden einen drohenden Unterton vernommen. Sie ließ sich, ohne Widerstand zu leisten, hinausführen.

      Er brachte sie zu einem schnittigen Sportwagen. »Wo wohnen Sie?« fragte er ruhig.

      »Wollen Sie sich nicht erst mal vorstellen?« fragte Nadine trotzig.

      »Aber gern – wenn Sie Wert darauf legen«, erwiderte er sarkastisch. »Jonas Vestris. – Also, wo wohnt das gnädige Fräulein?«

      Der Spott traf sie tief. Aber sie nannte die Adresse. Einen kurzen Blick warf sie auf sein scharfgeschnittenes Profil. »Sie sind doch kein Student«, stellte sie etwas trotzig fest. »Sie passen gar nicht zu diesen Leuten.«

      »Verbindlichen Dank für diese Feststellung«, erwiderte er ironisch. »Denken Sie ernsthaft, daß Caretto Student ist?«

      Nadine zuckte zusammen. »Etwa nicht?« fragte sie kleinlaut. »Wenn er im Studentenheim wohnt…«

      »Da wohnt so mancher, der da nicht hingehört. Waren Sie schon bei ihm?«

      »Ja«, erwiderte sie leise, und plötzlich schämte sie sich fürchterlich.

      »Sie kommen doch aus einem sehr guten Haus, Nadine«, sagte er rauh.

      »Sie brauchen ja auch nicht gleich Schlimmes zu denken«, sagte sie bockig. »Es waren mehrere Leute dabei.«

      »Wie heißen Sie eigentlich mit Familiennamen?«

      »Schilling.«

      Sie merkte nicht, wie er den Atem verhielt. Sie war viel zu aufgeregt. Francescos Benehmen hatte sie tief getroffen.

      »Sie kennen Francesco«, sagte sie bebend. »Was wissen Sie über ihn?«

      »Nicht sehr viel bisher, aber so viel, daß ein Mädchen aus guter Familie sich nicht mit solchen Burschen einlassen sollte, nur weil er ein Adonis ist. Wo haben Sie ihn kennengelernt?«

      »In einer Disco.«

      »Gehören solche Besuche zu Ihrem Zeitvertreib?«

      Plötzlich schämte sie sich wieder. »Man geht eben ab und zu mal aus«, erwiderte sie.

      »Keine kulturellen Interessen?« fragte er.

      »Soll das ein Verhör sein?« begehrte sie auf.

      »Sagen wir Interesse. Ich bin Psychologe, außerdem Journalist.«

      »Und Sie bewegen sich auch in Kreisen, die Sie anscheinend ablehnen«, sagte sie trotzig.

      »Aus Neugierde. Ich bin ja kein kleines Mädchen, das sich auf schlüpfriges Pflaster begibt. Sicher haben Sie keine Ahnung, wie schlüpfrig es ist. Ich kann Sie also nur warnen. Francesco ist kein Student. Man könnte ihn als einen Gelegenheitsarbeiter bezeichnen.«

      »Er ist aber sehr gebildet«, widersprach sie.

      »Das eine schließt das andere nicht aus. Kennen Sie Spanien?«

      »Nein, ich bin in Amerika aufgewachsen. Wir haben lange dort gelebt.«

      »Dann will ich Ihnen mal ein bißchen über die spanische Mentalität erzählen. Wenn sich dort ein junges Mädchen verführen läßt, bekommt es keinen anständigen Mann mehr. Die Männer amüsieren sich mit Ausländerinnen, weil das unverbindlich ist.«

      »Aber er wollte mich heiraten«, sagte Nadine mit einem unterdrückten Schluchzen.

      »Du lieber Himmel, Sie sind aber vertrauensselig! Was wissen Sie denn von ihm? Haben sich Ihre Eltern auch von ihm einwickeln lassen?«

      »Sie kennen ihn doch gar nicht«, gab Nadine zu.

      »Nun, ich hätte es mir denken können. Sie hatten sich bestimmt nach ihm erkundigt. Aber das können Sie auch, es würde allerdings etwas länger dauern. Francesco Caretto ist verheiratet, junge Dame, Wohnsitz Valencia. Und seien Sie vorsichtig, wenn er sich wieder an Sie heranmacht. Das ist ein guter Rat. Manche Leute rennen ja blind in ihr Unglück. So, wir wären angelangt. Strengen Sie Ihr hübsches Köpfchen mal an. Hier ist meine Karte. Wenn Sie Hilfe brauchen sollten, rufen Sie mich an. Ich hindere allerdings keinen Menschen, seine eigenen Erfahrungen zu machen.«

      »Und warum waren Sie so hilfsbereit?« fragte Nadine.

      »Ich hatte mal eine ganz reizende Schwester«, erwiderte er heiser. »Sie ist durch solch einen Kerl vor die Hunde gegangen. Schlafen Sie gut, wenn Sie es können.«

      Nadine schob die Unterlippe vor. »Sie denken jetzt wohl, daß ich ein leichtes Mädchen bin«, sagte sie bebend.

      »Nein, das denke ich nicht, aber Sie könnten es werden, wenn Sie Ihren Verstand nicht gebrauchen. Sie ahnen gar nicht, wie schnell das geht.«

      »Danke, daß Sie mir geholfen haben«, sagte sie.

      »Gern geschehen. Vielleicht treffen wir uns mal wieder. Hoffentlich unter erfreulichen Umständen.«

      Und da stand sie, und er fuhr davon. In diesem Augenblick kamen Jessica und Markus Röding. Er hatte sie nach Hause begleitet, da Kai etwas zuviel Sekt getrunken hatte.

      »Hallo«, sagte Nadine leise.

      »Fein, das du da bist«, sagte Jessica.

      »Hallo, Nadine«, sagte Markus. »Du hattest etwas Besseres vor?« Seine Stimme klang so spöttisch wie die jenes Jonas Vestris.

      »Es kommt darauf an, wie man es nimmt«, erwiderte sie.

      Markus hatte seine Hand auf Jessicas Schulter gelegt. »Wir sehen uns morgen, Jessi?« fragte er.

      Es kam für Jessica so überraschend, daß ihr der Mund offenstehen blieb.

      »Morgen ist Samstag, und wenn schönes Wetter ist, müssen wir es doch ausnützen. Wir machen mein Boot flott«, sagte Markus. »Wenn du willst, frage ich deine Eltern um Erlaubnis.«

      »Ja, bitte«, stammelte Jessica. »Es war sehr nett.«

      »Das fand ich auch. Bis morgen.«

      Er nickte Nadine nur ganz leicht zu, und die hatte das Gefühl, der Erdboden müsse sich unter ihr auftun.

      *

      Georgia geisterte im Hausmantel durch das Haus. Ihre Miene entspannte sich, als die Mädchen eintraten.

      »Papa geht es nicht gut«, flüsterte sie. »Seid bitte leise.«

      Nadines Blick fiel auf die Uhr. Zehn Minuten vor eins war es.

      »Was fehlt ihm denn?« fragte sie.

      »Anscheinend eine Grippe. Er hat Fieber. Wenn es morgen nicht besser ist, rufe ich Dr. Norden. War es nett?« fragte sie dann geistesabwesend.

      »Ja, sehr nett«, erwiderte Jessica rasch. »Kann ich dir noch etwas helfen, Mami?«

      »Nein, danke, ich habe nur noch einen Tee gebrüht.«

      »Ich könnte ja bei Papa wachen«, sagte Jessica leise.

      »Nein, er will ja nicht krank sein. Es genügt, wenn er mich anfaucht«, erwiderte Georgia. »Er will am Montag in die Staaten fliegen.«

      Nadine lehnte an der Wand. Sie starrte ihre Mutter an. »Wie du das aushältst«, sagte sie zitternd. »Er ist doch ein krasser Egoist.«

      »Er ist euer Vater«, erwiderte Georgia. »Geht jetzt zu Bett.«

      Die beiden Mädchen bewohnten die ausgebaute Mansarde des Bungalows. Sie hatten ihr wunderhübsches eigenes


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