Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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und ein lustiges Haus, wie sie später feststellte. Er hatte sie bestürzt gemustert. Ja, bestürzt, so als wollte er sagen, wie kommst du denn zu dem trockenen Intellektuellen.

      Holger hatte seinen Bruder einen Abenteurer genannt, einen Hallodri. Jürgen war dann nach Australien gegangen und hatte nur selten mal was von sich hören lassen.

      So verschieden wie diese Brüder sind auch meine Töchter, dachte Georgia. Und dann wanderten ihre Gedanken weiter, die Jahre ihrer Ehe hindurch, diese Jahre, in denen sie sich immer mehr in sich selbst zurückgezogen hatte. Was hatten sie sich denn schon zu sagen. Sie hatten völlig gegensätzliche Interessen. Aber sie hatte die Kinder.

      Und nun waren auch die erwachsen geworden. Erwachsen? War sie denn mit zwanzig Jahren schon erwachsen gewesen? Man hatte ihr doch keine Zeit gelassen, sich richtig zu entwickeln. Zuerst war der Vater der Herr im Hause gewesen, dann Holger. Sie hatte getan, was der Vater für richtig gehalten hatte, und sie tat, was Holger für richtig hielt.

      Sie hatte vor allem lernen müssen, zu repräsentieren. Ja, das hatte sie gelernt. In Amerika war das auch einfach gewesen. Da gab man sich leger.

      Hier, in der Heimat wurde dann ein anderer Stil gepflegt. Da gab man ab und zu mal ein Essen in einem Hotel. Auf freundschaftliche Kontakte legte Holger keinen Wert. Als Erklärung gab er dafür an, daß die heranwachsenden Töchter möglichst reserviert gehalten werden sollten. Er wolle sie nicht auf dem Präsentierteller herumgereicht wissen, wie das früher üblich gewesen wäre.

      War das nicht schon eine Spitze gegen sie gewesen? Hatte er nicht oft genug angedeutet, daß man ihn zu dieser Heirat regelrecht animiert hätte?

      Und bei all diesen Gedanken fielen Georgia dann doch die Augen zu. Alles war ausgelöscht, was sie bewegt hätte. Sie sank am hellichten Morgen in tiefen, traumlosen Schlaf.

      *

      Jessica hatte das Telefon leise gestellt, aber sie lauschte immer zu ihm hinüber, und dann summte es tatsächlich.

      »Jessica Schilling«, meldete sie sich.

      »Hallo, Jessica«, tönte die Stimme von Markus an ihr Ohr. »Kann ich dich abholen?«

      »Es geht nicht, Markus. Mein Vater ist heute morgen in die Klinik gebracht worden und Mami ist ziemlich fertig.«

      »Kann ich irgendwie behilflich sein?« fragte er betroffen.

      »Ich weiß nicht wie.«

      »In welcher Klinik liegt er?«

      »In der Behnisch-Klinik. Ich weiß nicht, was ihm fehlt, aber es scheint ziemlich schlimm zu sein.«

      »Ich erkundige mich, Jessi. Wenn du Zeit findest, ruf mich an. Ich bin morgen auch noch hier.«

      »Du wolltest doch segeln gehen«, sagte sie leise.

      »Jetzt macht es mir keinen Spaß mehr. Außerdem bewölkt es sich.«

      Als ob ihm das etwas ausmachen würde! Aber irgendwie war Jessica in allem Kummer glücklich, daß er so reagiert hatte.

      »Na, hat Jessica dir einen Korb gegeben?« fragte Kai anzüglich, als Markus sich wieder an den Tisch setzte und sich noch eine Tasse Kaffee einschenkte.

      »Dr. Schilling mußte in die Klinik gebracht werden«, erwiderte Markus geistesabwesend.

      »Ich bin ihm neulich im Institut begegnet«, bemerkte Dr. Röding, seines Zeichens ebenfalls Professor auf technischem Gebiet. »Nur Haut und Knochen, aber die flotte Sigrid immer zur Seite.«

      »Wer ist die flotte Sigrid?« fragte Inge Röding aufhorchend.

      »Brauchst nicht gleich zu eifern, Ingelein«, lachte Theo Röding, »für Emanzen habe ich nichts übrig, vor allem nicht für solche, die wunder wie selbstherrlich tun und doch immer nach Mannsbildern schielen. Aber was hier geredet wird, bleibt unter uns.«

      »Georgia Schilling ist eine attraktive Frau«, sagte Inge, »und nicht so mollig wie ich.«

      »Ich liebe jedes Pfund an dir«, scherzte Theo Röding.

      »Nun schmust ganz schön«, sagte Kai und verzog sich.

      »Er macht eine empfindsame Phase durch«, stellte Markus fest. »Die flotte Nadine hat ihn enttäuscht.«

      »Jessica ist mir lieber«, sagte sein Vater.

      »Mir auch, Paps«, erwiderte Markus. Und auch er entschwand.

      »Hoppla, er wird sich doch nicht verliebt haben«, sagte Inge.

      »Warum denn nicht? Jessica ist ein süßes Mädchen, keineswegs so oberflächlich wie Nadine, aber die hat wohl Feuer im Blut.«

      »Das kannst du wohl besser beurteilen als ich«, meinte Inge anzüglich.

      »Ich habe immer den gleichen Typ bevorzugt«, erwiderte er neckend. »Seit fast dreißig Jahren nur eine gewisse Inge. Aber Jessica ist auch so ein Typ.«

      »Darf ich meinen Schatz daran erinnern, daß wir erst sechsundzwanzig Jahre verheiratet sind und ich gerade meinen fünfundvierzigsten Geburtstag gefeiert habe?« fragte sie schelmisch, »und daß diese Hochzeit in aller Stille begangen wurde, weil ein gewisser Markus sich bereits angekündigt hatte?«

      »Ich habe es nicht vergessen und nie bereut, Ingelein. Worauf willst du hinaus?«

      »Daß Markus dir sehr ähnlich und Jessica erst achtzehn ist – und noch zur Schule geht.«

      »Man muß das Leben eben nehmen, wie das Leben eben kommt, Schätzchen«, lachte er. »Und jetzt lassen wir uns den Tag nicht verderben und fahren an den See. Dann machen wir eben das Boot flott. Unsere Söhne wollen wir doch nicht an die Kette legen.«

      »Meinst du wirklich, daß Schilling ein Verhältnis mit dieser Sigrid hat?« fragte sie nachdenklich.

      »Ist mir egal. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Ich mag ihn nicht, wenn du es genau wissen willst.«

      »Warum nicht?«

      »Weil Typen wie er meinen, die ganze Welt beherrschen zu können. Und Gnade uns Gott, wenn ihnen diese Macht wirklich in die Hände gelegt wird. Dann macht es einmal Puff, und alles ist ausradiert.«

      »Mach mir nicht Angst, Theo«, sagte sie erschrocken.

      »Zurück zur Natur lautet die Devise, Inge. Ziehen wir uns dorthin zurück.«

      *

      Dr. Behnisch war von Schwester Martha zu Dr. Schilling gerufen worden. Zu seiner maßlosen Überraschung war der Patient bei Bewußtsein.

      »Wieso bin ich hier?« fragte er schleppend.

      »Es war erforderlich«, wiederholte Dr. Behnisch ruhig.

      »Meine Frau wollte es.« Die Stimme wurde schon wieder schwächer.

      »Nein, Dr. Norden ordnete es an.«

      »Sie steckt mit ihm unter einer Decke.« Die Hälfte konnte man nur ahnen, aber Dr. Behnisch brauchte nichts mehr zu sagen. Holger Schillings Bewußtsein war schon wieder geschwunden. Jedoch war sich Dr. Behnisch bewußt, daß er es mit einem sehr schwierigen Patienten zu tun hatte, bei dem man auf alles gefaßt sein mußte. Nur nicht darauf, daß er diese Krankheit überleben würde! Darüber war sich der Chefarzt der Behnisch-Klinik bereits klar.

      »Wieviel Zeit gibst du ihm noch, Dieter?« wurde er von seiner Frau Jenny gefragt. Er zuckte die Schultern. »Ich wage keine Prognose. Er besteht ohnehin nur noch aus Hirn, aber das ist noch in Funktion. Es könnte durchaus sein, daß er sich vorübergehend erholt.«

      »Aber du bist sicher, daß er Strahlungen ausgesetzt war.«

      »Es fragt sich nur wann und wo, Jenny.«

      »Wir müssen seinem Institut davon Mitteilung machen«, serklärte sie.

      »Ja, das müssen wir wohl, und dann wird man ihn von hier rausholen. Das kann mir nur recht sein.«

      »Ich habe


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