Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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sie.

      »Wieso?«

      »Er nimmt alles nur scheinbar leicht. Man muß zwischen den Zeilen lesen.«

      »Was du dir immer einbildest«, sagte Nadine. »Ich nehme überhaupt nichts leicht.«

      »Aber du redest so. Du stößt jeden vor den Kopf. Was war mit Francesco, Nadine?«

      Nadine starrte die Jüngere an, dann brach sie plötzlich in haltloses Schluchzen aus. »Gemein war er, widerwärtig, und wenn dieser Jonas Vestris nicht gewesen wäre…«, sie warf den Kopf zurück. »Er hat mich nach Hause gebracht.«

      Und da läutete das Telefon. »Geh du ran«, flüsterte Nadine.

      »Hallo«, sagte Jessica gepreßt. Dann legte sie die Hand auf die Muschel. »Für dich, Nadine. Francesco.«

      Nadine schüttelte wild den Kopf. »Nein, meine Schwester ist nicht zu Hause«, sagte Jessica. »Sie ist eben weggefahren. Sie hat mich nicht mehr gehört.« Lügen kamen ihr nicht leicht über die Lippen. Sie legte den Hörer auf.

      »Ich soll dir sagen, daß er sich für sein Benehmen entschuldigen will«, sagte sie.

      »Dieser elende Lügner. Er ist verheiratet. Vestris hat es mir gesagt.«

      In Jessicas jungem Gesicht arbeitete es. »Ich habe für Francesco nichts übrig«, sagte sie, »aber du mußt nicht jedem anderen auch sofort alles glauben, Nadine. Vielleicht wollte der nur seine Chance nutzen.«

      »Er hat sich sehr anständig benommen«, sagte Nadine. »Und das ist nicht so ein Schönling. Aber ich habe von den Männern sowieso genug. Schau dir doch Papa an. Dieser ehrbare Bürger. Ein Liebchen hat er, dem er Pelzmäntel schenkt. Ich habe die Nase voll. Wie konnte er unsere Mami betrügen.«

      Und jetzt war sie ein kleines Mädchen, das sich ihren Kummer von der Seele schluchzte.

      »Ich begreife das ja auch nicht, Nadine«, sagte Jessica bebend, »aber vielleicht ist es ganz anders.«

      »Anders? Wie anders denn? Diesem Lämmchen brauchst du doch nur in die Augen zu schauen, und dann weißt du, daß es eine Schlange ist, eine widerliche, giftige Schlange.«

      *

      Irgendwie hatte Dr. Jenny Behnisch auch den Eindruck, eine Schlange vor sich zu haben, als sie mit Dr. Sigrid Lamprecht sprach. Aber vielleicht wirkte sie nur auf Frauen so. Immerhin sah sie recht ansprechend aus. Vielleicht ein bißchen zu arrogant, zu glatt, aber eben das vermittelte den Eindruck einer Schlange, die man nicht greifen konnte, von der man belauert wurde und vor der man zurückwich, um einem Würgegriff zu entgehen.

      Dr. Behnisch sprach bereits mit einem Kollegen vom Institut, der erreichbar gewesen war. Davon hatte Jenny zu Sigrid Lamprecht nichts gesagt.

      »Ich kann Ihnen nur sagen, daß Dr. Schilling heute noch in eine Spezialklinik verlegt wird«, sagte Dr. Jenny Behnisch ruhig.

      »In was für eine Spezialklinik?« fragte Sigrid. »Wir stehen vor dem Abschluß einer ungeheuer wichtigen Arbeit. Mit dem Ergebnis wollten wir am Montag nach Amerika fliegen.«

      »Dr. Schilling wird das nicht möglich sein«, sagte Jenny. »Aber da kommt ein Kollege von Ihnen. Er kann Sie informieren.«

      Dr. Moltau, so hieß er, schien nicht erbaut zu sein, Sigrid Lamprecht zu treffen. Er drehte sich zu Dr. Behnisch um. »Was kann ich sagen?« fragte er.

      »Daß sich die engsten Mitarbeiter ner Untersuchung unterziehen müssen«, erwiderte Dr. Behnisch, »vorsichtshalber. Soweit ich es beurteilen kann, ist Professor Schilling bereits in Amerika Strahlungen ausgesetzt worden.«

      »Strahlungen?« stieß Sigrid hervor. Kreidebleich wich sie zurück.

      »Sie waren doch auch vorübergehend drüben«, sagte Dr. Moltau. »Vielleicht können Sie uns weiterhelfen.«

      »Sie meinen Strahlungen? Nein. Cadmium«, murmelte sie.

      »Cadmiumzelle«, sagte Dr. Moltau. »Kommen Sie, Frau Lamprecht. Ich werde Sie informieren, Dr. Behnisch. Danke für die schnelle Benachrichtigung.«

      Jenny Behnisch sah ihren Mann an. »Es könnte also eine Cadmiumvergiftung vorliegen«, sagte sie.

      »Schleichend. Sie könnte die Leukose ausgelöst haben. Genau feststellen wird man alles, wenn er tot ist.«

      »Mein Lieber, das war deutlich«, sagte sie rauh.

      »Was soll ich es verniedlichen. Er wird sterben, so wahr ich seit zwanzig Jahren Arzt bin.«

      »Studium inbegriffen. Mach dich nicht älter, als du bist, Dieter.«

      »Augenblicklich fühle ich mich uralt und hilflos, weil ich zum ersten Mal mit solch einem Fall konfrontiert wurde. Aber man wird ihn bald abholen. Dem ist meine kleine Privatklinik nicht gewachsen und ich bin froh, wenn ich nichts mehr damit zu tun habe.«

      »Das war auch deutlich.«

      »Er würde uns das Leben zur Hölle machen«, sagte Dieter Behnisch. »Darauf bin ich wirklich nicht versessen, so leid mir seine arme Frau tut.«

      *

      Georgia wußte gar nicht, wohin sie lief, bis sie endlich einigermaßen klar denken konnte. Und dann hatte sie Durst.

      Sie lief zurück, aber einen anderen Weg, und da sah sie ein Ausflugslokal. Fröhliche Menschen saßen im Biergarten. Einige Tische im Schatten waren frei. An einen setzte sie sich, an einem anderen saß ein dunkelhaariger Mann. Schattenhaft, durch die Sonne geblendet, nahm sie es wahr.

      Eine freundliche Bedienung brachte ihr Kaffee und Mineralwasser. Ganz in sich versunken saß Georgia da und konnte tatsächlich für Minuten alle Gedanken ausschalten.

      Sie merkte nicht, daß der Fremde am Nebentisch sie betrachtete mit einem sehr nachdenklichen Interesse, sie ahnte nicht, wieviel ihr Mienenspiel ausdrückte. Sie ahnte auch nicht, wie sehr sich dieser Fremde mit ihr befaßte. Und Dr. Joachim Hartung ahnte nicht, daß er diese Frau, die ihn faszinierte, schon am nächsten Tag unter ganz anderen Umständen wiedersehen würde.

      Georgia schlug ganz bewußt den Weg zur Behnisch-Klinik ein, und da sah sie gerade einen Krankenwagen davonfahren. Sie traf Dr. Behnisch in der Halle. Mit einem freundlichen, mitfühlenden Blick sagte er, daß er versucht hätte, sie zu erreichen.

      »Ich bin herumgelaufen«, erklärte sie geistesabwesend.

      »Das ist gut. Wir haben Ihren Mann in eine Spezialklinik bringen müssen, gnädige Frau. Ich darf Ihnen nicht verheimlichen, daß seine Krankheit die Folge einer bereits länger zurückliegenden Cadmiumvergiftung ist, und es muß festgestellt werden, ob Sie und Ihre Töchter damit auch in Berührung gekommen sind.«

      Sie sah ihn verständnislos an. »Mein Mann hatte seinen Arbeitsbereich immer sehr entfernt von uns«, sagte sie tonlos.

      »Es ist auch nur eine Vorsichtsmaßnahme«, erklärte Dr. Behnisch. »Würden Sie sich bitte morgen bei Dr. Janson melden?«

      Georgia sah ihn blicklos an. »Holger wird nicht mehr gesund werden«, murmelte sie. »Cadmium ist krebserzeugend, das weiß ich.«

      Dr. Behnisch nickte. »Es ist bereits Leukämie im fortgeschrittenen Stadium. Es tut mir leid, gnädige Frau.«

      »Er war immer so richtig besessen von seiner Arbeit. Nun wird er sie gar nicht mehr zu Ende führen, diese letzte jedenfalls nicht«, sagte sie tonlos. »Ich werde jetzt heimgehen.« Ihre Lippen zitterten, als sie noch fortfuhr: »Es wäre schrecklich, wenn meine Töchter in irgendeiner Weise dadurch geschädigt würden.«

      »Sehen Sie nicht zu schwarz, gnädige Frau«, sagte Dr. Behnisch aufmunternd.

      Sie blickte zu Boden. »Ich habe nie verstanden, daß so viel Verstand und auch so viel Geld nur zur Vernichtung eingesetzt werden. Es wird mir immer unbegreiflich bleiben. Vielleicht denkt er jetzt darüber nach, daß er seine Kraft viel besser eingesetzt hätte, Menschen zu helfen. Entschuldigen Sie, daß ich das jetzt sage. Er wird ja mit seinem


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