Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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flucht«, sagte die kleine Anneka.

      »Bloß am Telefon«, meinte Danny.

      Fee Norden lauschte und als Daniel den Hörer auflegte, sah sie ihn fragend an.

      »Warum hast du geflucht, Papi?« fragte nun auch Felix.

      »Ist mir nur so herausgerutscht. Kommt nicht wieder vor«, erwiderte Daniel. »Geht doch schon mal in den Garten, Kinder.«

      »Jetzt sagt Papi der Mami, warum er geflucht hat«, meinte Danny.

      So war es, und Fee machte auch gleich ein sehr nachdenkliches Gesicht.

      »Das könnte sehr weite Kreise ziehen«, sagte sie leise.

      »Jedenfalls muß es längere Zeit zurückliegen«, sagte Daniel. »Wahrscheinlich Jahre. Jedenfalls werden sich seine Frau und die Töchter auch einer Untersuchung unterziehen müssen.«

      »Ob sie überhaupt eine Ahnung haben, wie gefährlich sie leben?« überlegte Fee.

      »Wir wollen nicht soweit denken. Ich weiß gar nicht, auf welchem Sektor er tätig ist. In seiner Wohnung wird er kaum experimentieren.«

      »Benachrichtigst du jetzt Frau Schilling?«

      »Ich möchte ihr noch ein bißchen Ruhe gönnen. Es wird viel auf sie zukommen«, sagte Daniel.

      Das fing schon an. Allerdings versuchte Jessica noch, Unruhe von ihrer Mutter fernzuhalten.

      Dr. Sigrid Lamprecht hatte bereits angerufen. Sie wartete auf Dr. Schilling, hatte sie gesagt. »Papa ist in der Klinik«, hatte Jessica erwidert, und darauf war der Hörer aufgelegt worden. Doch schon eine halbe Stunde später stand Sigrid Lamprecht in höchst eigener Person vor der Tür.

      Sie war sichtlich aufgeregt. »Ich kann es nicht glauben, Jessica«, sagte sie. »Was ist passiert?«

      »Erkundigen Sie sich doch bei Dr. Behnisch«, erwiderte Jessica unwillig.

      »Kann ich nicht mit deiner Mutter sprechen?«

      »Nein.« Feindselig sagte es Jessica. Doch da kam Nadine die Treppe herunter. Sie brannte förmlich darauf, was sie selbst durchgemacht hatte, abzureagieren.

      »Jetzt kann das Lämmchen ja Händchen halten«, sagte sie boshaft. »Immer zu.«

      Sigrid blieb der Mund offenstehen. »Du bist ganz schön frech«, sagte sie dann wutbebend. »Es würde deinem Vater nicht gefallen.«

      »Mir gefällt auch manches nicht, was er tut. Ich bin nicht von gestern«, erwiderte Nadine. »Für nichts und wieder nichts bekommt man doch nicht einen Fuchsmantel für zehntausend Mark geschenkt. – Leugnen ist sinnlos«, fuhr sie aggressiv fort. »Ich habe zufällig die Rechnung bei dem zerstreuten Professor gefunden.«

      Jessica war sprachlos. Sigrid Lamprecht machte auf dem Absatz kehrt und schlug krachend die Tür hinter sich ins Schloß. Davon hätte Georgia ja aufwachen müssen, wenn sie nicht schon munter gewesen wäre, und sie hatte auch alles gehört.

      Blaß stand sie im Türrahmen. »Bist du nicht zu weit gegangen, Nadine?« fragte sie tonlos.

      »Mir ist die Galle raufgekommen«, erwiderte Nadine. »Ich will nicht, daß man dich für dumm verkauft.«

      »Solltest du dir das nicht selbst hinter die Ohren schreiben«, fragte Georgia.

      »Verschont mich jetzt mit diesem Quatsch. Ich habe andere Sorgen.«

      »Du brauchst dir aber nicht alles gefallen zu lassen, Mami«, sagte Jessica leise.

      Georgia straffte sich. »Euer Vater ist ein todkranker Mann«, sagte sie leise. »Nehmt das bitte zur Kenntnis. Und ich bin seit mehr als zwanzig Jahren seine Frau. Zumindest trage ich seinen Namen, und ihr seid unsere Kinder. Macht nicht alles noch schlimmer, als es ist.«

      Nadine lehnte zitternd am Treppengeländer. »Ich wußte das noch nicht, Mami«, flüsterte sie. »Es tut mir leid.«

      »Kann ich etwas für dich tun, Mami?« fragte Jessica.

      »Nein. Unternehmt doch was. Ihr braucht hier nicht herumzusitzen. Ihr könnt doch nichts ändem, so wenig wie ich. Ich warte auf einen Anruf.«

      »Es ist Post gekommen. Auch ein Brief von Onkel Jürgen«, sagte Jessica gedankenlos.

      Ausgerechnet heute, dachte Georgia. »Onkel Jürgen«, sagte Nadine. »Ein feiner Onkel, den wir nie zu Gesicht bekommen hatten.«

      Aber das nahm Georgia ihr nicht übel. Nicht mal ihren Ausbruch Sigrid Lamprecht gegenüber konnte sie ihr übelnehmen. Sie dachte jetzt immer nur eines: ich werde mit den Kindern allein sein, aber es sind keine Kinder mehr. Eines Tages werde ich ganz allein sein.

      »Der Brief kommt aus Amerika«, sagte Jessica.

      »Aus Amerika? Nicht aus Australien? Ob Holger sich vielleicht mit Jürgen treffen wollte?«

      »Gib mir den Brief, Jessica«, sagte sie.

      Dann las sie die Anschrift. An die Familie war er gerichtet. Sie konnte also wagen, ihn zu öffnen. Wäre er nur an Holger adressiert gewesen, hätte sie es nicht gewagt. Er war auch diesbezüglich sehr eigen. Die Adresse war mit der Maschine geschrieben, der Brief selbst mit der Hand.

      »Hallo family«, lautete die Überschrift.

      Er ist sechsundvierzig, dachte Georgia, aber anscheinend immer noch der Spaßvogel.

      »Wird Zeit, daß ich mich mal wieder melde. Ich lebe noch, und es geht mir gut, was ich auch von Euch hoffe. Des einsamen Lebens überdrüssig, beschnuppere ich mal wieder die Kontinente und will auch sehen, was sich in old Germany so getan hat. Also werdet Ihr mich in Bälde zu Gesicht bekommen, wenn ich willkommen sein sollte. Ich habe noch drei Wochen hier zu tun. Solltet Ihr mich nicht bereits abgeschrieben haben, Telegramm genügt. Ich werde eines Tages vor Eurer Tür stehen. Anhang brauche ich nicht anzukündigen, ich habe keinen, aber ich freue mich, meine Nichten, die ganz gewiß so bezaubernd sind wie ihre Mutter, kennenzulernen.«

      Ein seltsames Gefühl nahm Georgia gefangen, als sie das las. Sie meinte Jürgen vor sich stehen zu sehen. Schade, Georgia, ich komme alleweil zu spät, hatte er gesagt. »Diesmal tut es mir besonders leid. Aber Holger war immer der Beste. Er bekam alle Intelligenz. Für mich blieb nicht viel übrig. Und er bekommt auch die schönste Frau.«

      Wieso erinnerte sie sich jetzt daran? Der Abenteurer, der Zigeuner, der Nichtstuer, so hatte ihn Holger genannt. Und was hatte er noch gesagt. Wir werden ihn nur wiedersehen, wenn er ganz heruntergekommen ist.

      Nein, das nicht auch noch, dachte Georgia. Ein Schilling ist genug.

      »Was schreibt er denn?« fragte Nadine ziemlich neugierig.

      »Ihr könnt den Brief lesen«, sagte Georgia. »Ich möchte jetzt ein bißchen an die frische Luft.«

      Sie hatte plötzlich das Gefühl, daß alles über ihr zusammenbrechen würde.

      Nadine las den Brief zuerst. »Muß ein dufter Typ sein, ganz anders als Papa«, sagte sie. »Ich bin gespannt, wie er aussieht.«

      »Für dich ist das das wichtigste«, sagte Jessica gereizt.

      Georgia hörte das, und obgleich in ihrem Kopf ein wirres Durcheinander herrschte, lauschte sie.

      »Fang doch bloß nicht mit Francesco an. Damit brauchen wir Mami wirklich nicht zu belasten. Der Zahn ist mir gezogen.«

      »Ach ja, du wolltest dich an Markus heranmachen«, sagte Jessica. »Aber den Zahn kannst du dir ziehen lassen.«

      »Reg dich doch nicht auf, es gibt noch ganz andere Männer«, sagte Nadine. »Jetzt sollten wir uns wirklich nicht ankeifen, Jessi.«

      Das klang plötzlich ganz vernünftig. Männer, dachte Georgia, aber das kommt nun mal. Ich muß mich damit abfinden. Aber wer mochte Francesco sein? Was wußte sie denn schon?

      Ich muß raus, mein Kopf muß frei werden, dachte sie, und dann lief sie schon hinaus.


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