Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Leben schien ihr bedeutungslos geworden, so deprimiert war sie.

      *

      Jessica und Nadine waren zum zweitenmal an diesem Tag mit Sigrid Lamprecht konfrontiert worden. Sie war gekommen und hatte ohne Umschweife die Unterlagen verlangt, die Professor Schilling mit nach Hause genommen hatte.

      »Keine Ahnung, wo er die hat«, erklärte Jessica abweisend, »und ohne Papas Zustimmung würde ich auch nichts herausgeben.«

      Sigrids Gesicht verzerrte sich. »Wir benötigen diese Unterlagen dringend«, sagte sie.

      Da ließ Nadine erkennen, daß sie gescheiter war, als man sie einschätzte.

      »Falls Papa sie wirklich mitgebracht hat, muß sich doch ein Doppel im Institut befinden«, sagte sie. »So wird das doch gehandhabt. Er hat es mir mal erklärt, als ich ihn fragte, was geschehen würde, wenn man ihm seine Akten stehlen wurde«

      Sigrid kniff die Augen zusammen. »Es ist Wochenende. Wir können nicht an den Tresor heran«, sagte sie heftig. »Der Verwaltungsdirektor ist nicht zu erreichen.«

      »Dann müssen Sie eben warten, bis er zu erreichen ist«, sagte Nadine, und man konnte es ihr ansehen, welche Genugtuung es ihr bereitete, Dr. Sigrid Lamprecht diese Niederlage zu bereiten.

      »Ihr beide seid verdammt arrogant«, stieß Sigrid hervor. »Holger hat ja immer gesagt, daß eure Mutter euch falsch erzogen hat.«

      »Vielen Dank für die Auskunft«, sagte Nadine. »Ein Hoch auf diesen Vater!«

      »Nadine«, sagte Jessica warnend.

      »Soll ich etwa in Tränen ausbrechen?« fragte Nadine gereizt. »Und wenn er todkrank ist, ich lasse doch Mami nicht beleidigen. Ich werde jetzt im Institut anrufen und mich erkundigen, ob Frau Lamprecht berechtigt ist, solche Forderungen zu stellen.«

      »Ich bin die engste Mitarbeiterin von Professor Schilling«, sagte Sigrid erregt.

      »Und was sonst noch?« spottete Nadine.

      Doch in diesem Augenblick kam Georgia zurück. Sie maß Sigrid Lamprecht mit einem verächtlichen Blick.

      »Sie haben hier gar nichts zu suchen«, sagte sie eisig. »Wo mein Mann zu finden ist, werden Sie ja wissen.«

      »Sie sehen alles verzerrt, Georgia«, sagte Sigrid in gemäßigtem Ton.

      »Vor allem Ihr Gesicht«, konterte Georgia. »Dies ist mein Haus. Hier bestimme ich. Sie sind nicht erwünscht.«

      *

      Noch lange herrschte Stille, nachdem Sigrid Lamprecht gegangen war.

      »Sie wollte Unterlagen von Papa an sich bringen«, sagte Jessica endlich zaghaft.

      »Sie hält uns für blöd, aber das ist ja kein Wunder, wenn er uns so hingestellt hat«, sagte Nadine zornig. »Erwarte ja nicht, daß ich ihn bemitleide, Mami.«

      Nichts bleibt, dachte Georgia, selbst die Kinder haben sich von ihm abgewandt. Und er wird sterben, elend sterben. Dann aber stieg die Angst in ihr empor.

      »Wir müssen uns morgen untersuchen lassen«, erklärte sie stockend.

      »Ist es etwa eine ansteckende Krankheit?« begehrte Nadine auf. »Das fehlte noch, daß er sie uns auch angehängt hat.« So viel Erbitterung zeichnete sich in ihrem jungen Gesicht ab, daß Georgias Depressionen sich noch verstärkten.

      »Es ist eine Vorsichtsmaßnahme. Holger ist mit Cadmium in Berührung gekommen. Dadurch wurde die Krankheit hervorgerufen.«

      »Krebs«, flüsterte Jessica tonlos. »Cadmium erzeugt Krebs, das ist ja bekannt.«

      Und drohend stand dieses Wort im Raum. »Es ist wirklich nur eine Vorsichtsmaßnahme«, sagte Georgia. »Wir müssen jetzt damit fertig werden.« Sie schrak zusammen, als das Telefon läutete. Diesmal griff Nadine danach.

      »Sie?« sagte sie staunend. »Ja, mir geht es gut. Nein, das geht leider nicht, mein Vater ist ins Krankenhaus gekommen. Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr Vestris.« Sie lauschte wieder. »Was sagen Sie da?« rief sie heiser aus. »Ja, das interessiert mich schon. Sie können mich abholen. Sagen wir, in einer Stunde. Ich muß meiner Mutter erst etwas erklären.«

      Ihr Gesicht war sehr blaß, als sie den Hörer auflegte. »Es tut mir sehr leid, Mami, aber ich muß dir ein Geständnis machen.«

      Jessica stand zögernd an der Tür. »Ich laufe schnell mal zu Rödings«, sagte sie verlegen. »Du erlaubst es doch, Mami?«

      Georgia nickte benommen. Was stürmte alles auf sie ein. Was war das für ein Tag!

      »Wer ist dieser Herr Vestris?« fragte sie gedankenlos.

      »Du wirst ihn kennenlernen, Mami«, sagte Nadine gepreßt. »Aber zuerst muß ich dir etwas erzählen. Ich habe vor ein paar Wochen einen Spanier kennengelernt. Francesco Caretto heißt er. Wir haben uns ein paarmal getroffen. Er sieht sehr gut aus. Ich war auch gestern nicht auf der Party bei Rödings, sondern mit ihm zusammen. Er hat sich schlecht benommen, und da hat Herr Vestris mich heimgebracht. Jonas Vestris heißt er. Er ist ein ganz anderer Typ.«

      Jetzt mußte Georgia fast lächeln. »Du bist zwanzig, Nadine«, sagte sie leise. »Ich könnte dir nichts verbieten. Aber ihr haltet mich anscheinend für sehr altmodisch und verklemmt. Ich war sehr unerfahren, als ich Holger geheiratet habe, das ist nicht gut. Man sollte gewisse Erfahrungen sammeln, aber man sollte auch Vertrauen zur Mutter haben.«

      »Du hast dich immer nach Papas Meinung gerichtet«, sagte Nadine. »Sei mir bitte nicht böse, daß ich das jetzt sage, ich habe ja mein Fett weg, Mami. Aber nun hat mir Herr Vestris etwas gesagt, was auch dich angeht. Es gibt eine Verbindung von Francesco zu Sigrid Lamprecht.«

      Fassungslos sah Georgia ihre Tochter an. »Was könnte das bedeuten?« fragte sie.

      »Daß er meine Bekanntschaft aus irgendwelchen Gründen gesucht hat«, erwiderte Nadine. »Was sonst? Aber Herr Vestris wird kommen und es mir erklären. Und ich wäre dir sehr dankbar, wenn du dabei sein würdest. Ja, es ist mir lieber. Ich bin plötzlich so mißtrauisch geworden. Du hast doch mehr Erfahrung mit Menschen als ich.«

      Georgias Gesicht entspannte sich. »Danke, Nadine«, sagte sie leise.

      »Wir müssen doch jetzt zusammenhalten«, sagte Nadine. »Ich will dir keinen Kummer bereiten. Du hast genug davon. Wir haben dich ziemlich im Stich gelassen.«

      »Ihr seid jung. Ich wollte euch auch nicht mit meinen Sorgen belasten«, sagte Georgia leise. »Was weißt du von diesem Vestris?«

      »Nicht viel. Er ist Journalist und Psychologe. Das hat er gesagt. Ob es stimmt, weiß ich auch nicht. Ich bin so verunsichert, Mami.«

      »Nun, wir werden hören, was er zu sagen hat. Koch bitte einen Kaffee, Nadine, einen recht starken. Ich mache mich ein bißchen zurecht.«

      Sie brauchte nicht nur allein zu denken, sie konnte mit den Mädchen reden, das mobilisierte ihre Energie.

      *

      Jessica hatte gemeint, daß es besser sei, wenn Nadine allein mit der Mutter sprechen würde. Sie hatte das Bedürfnis, mit Markus zu sprechen und zu erforschen, ob er wirklich für sie erreichbar wäre.

      Er war da. Er streckte ihr beide Hände entgegen. »Komm herein, Jessi«, sagte er weich. »Kai ist mit den Eltern zum See. Schütte dein Herz aus, Kleines.«

      Ein heißes Glücksgefühl durchströmte Jessica, als er seinen Arm um ihre Schultern legte und sie leicht auf die Stirn küßte.

      »Bei euch ist allerhand los«, sagte er dann, »aber auch einer Virusgrippe kann man beikommen.«

      Sie blickte zu ihm empor. »Einer Leukämie aber nicht, Markus«, sagte sie leise.

      Sein Gesicht versteinerte sich. »Ist das schon festgestellt?« fragte er rauh.

      Sie nickte. »Folge einer Cadmiumvergiftung. Morgen müssen wir auch zur Untersuchung. Du bist doch Arzt, Markus.


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