NALA - Der Hexenberg. Gabriela Proksch Bernabé

NALA - Der Hexenberg - Gabriela Proksch Bernabé


Скачать книгу
sich großartig angefühlt.

      Sie schüttelte ihre Beine aus: „Oh je, Gandalf, dein Rücken ist sooo breit. Ich muss fast einen Spagat machen, um auf dir zu sitzen.“ Steif stakste sie herum. „Du bist das gewohnt, oder?“, fragte sie Ro- salie.

      „Keine Ahnung was du hast. Mir geht’s prima“, grinste die ihr entgegen. Schließlich war sie topfit und beweglich.

      „Dort am Brunnen ist die Stelle, wo Gandalf ins Unterholz ab- gebogen ist.“

      „Hier zweigt ein Pfad ab? Wo denn?“, wollte Nala wissen. Rosalie bog die Büsche ein wenig zur Seite. Ein schmaler Tram-

      pelpfad wurde sichtbar. „Stell dir vor, wie eng das für uns ist? Gan-

      dalf zwängte und quetschte sich hier den Berg hinauf. Komisch, oder?“

      „Sollen wir?“, fragte Nala.

      „Was?“, entgegnete ihre Freundin.

      „Na den Weg erforschen! Hier ist ein Hexenbrunnen. Wir sind die Hexenschwestern. Klingelt’s?“ Sternenträumerin strotzte vor Abenteuerlaune. Ihre Neugier hatte über die Angst gesiegt. Hexen- schwester, das Wort erinnerte Nala an ihre gemeinsamen Ferien, als die beiden Mädchen im Gewitterregen getanzt und damit ihre Freundschaft besiegelt hatten. Im strömenden Regen waren sie in Pfützen gesprungen, dass es nur so spritzte. Auf diese Weise trotzten sie der Witterung und den gemeinen Angriffen, denen Nala ausge- setzt gewesen war. Damals nannten sie sich zum ersten Mal He- xenschwestern und hofften, dass sie alle Schwierigkeiten gemeinsam

      überwinden könnten. Und genau diese Hoffnung, dieser Kampf- geist, wurde nun wieder geweckt, als ob „Hexenschwester“ ein Zau- berwort wäre, um in die Vergangenheit zu reisen und zur damaligen Kraft zurückzufinden.

      „Du warst nicht dabei, als Gandalf Schiss gekriegt hat. Er ist wie ein Wahnsinniger zurückgeprescht. Keine Ahnung, ob wir beide oben sitzen bleiben, wenn er umdreht und wieder nach Hause rennt. Ich hab noch immer Schrammen an Armen und Beinen.“

      „Ausprobieren! Sonst wissen wir es nie“, wagte Nala sich vor.

      „Wieso hast du es so eilig?“, fragte Rosalie.

      „Auch wenn ich mich inzwischen eingekriegt habe, mache ich mir Sorgen um Lilou. Falls das der Weg zu einem Steinkreis ist, muss ich es herausfinden. Der Pfad ist ziemlich zugewachsen. Niemand geht da entlang. Die Chancen sind groß, dass in diesem unwegsamen Gelände ein vergessener, magischer Ort versteckt ist. Meinst du nicht?“ Unsicher sah Nala ihre rothaarige Freundin an.

      Rosalie zuckte mit den Schultern: „Okay! Gandalf darf aber mitbestimmen! Auf keinen Fall werde ich ihn auf diesen Weg zwin- gen. Wir sitzen wieder auf und lassen ihn entscheiden, in welche Richtung er will. Er könnte einfach auf dem breiten Weg weiterlau- fen, sich umdrehen und nach Hause trotten oder uns ins Abenteuer führen.“

      „Gute Idee! Das machen wir. Ich bin auch dafür, dass Gandalf die Route wählt“, fand Nala.

      Rosalie, die als Kind in der Voltigiergruppe Karwendel gelernt hatte, ohne Steigbügel aufs Pferd zu springen, war mit einem ge- schmeidigen Satz auf dem Rücken ihres Gefährten gelandet. Ster-

      nenträumerin benutzte den Brunnen als Aufstiegshilfe.

      „Kraaah, kraaaah!“ Laut krächzend meldete Tendo sich zu Wort. Er flatterte hoch am Himmel, direkt über ihnen und warte- te ab. Suchend drehte das Pferd seine Ohren. Der durchdringende Klang der Rabenstimme ertönte abermals.

      Gespannt hielten die beiden Reiterinnen den Atem an. Für wel- che Richtung würde sich Gandalf entscheiden?

      Die Blätter am Boden raschelten, als die riesigen Hufe des Norikers auf den schmalen Pfad traten. Rosalie ließ die Zügel lang, dass Gan- dalf selbst seinen Weg wählen konnte.

      „Erinnere dich, was Blaue Feder gesagt hat. Der Wunsch in un- seren Herzen muss klar und stark sein. Unsere innere Absicht ver- bindet sich dann mit der Absicht des Pferdes und verschmilzt damit. Nur so wird Gandalf zum Ziel finden“, hauchte Nala ihrer Hexen- schwester zu. Vor Aufregung wagte sie es kaum, laut zu sprechen.

      ImageRosalie antwortete ebenfalls im Flüsterton: „Sprich den Wunsch deutlich aus. Es ist gut, das Gleiche zu wollen. Schließlich sitzen wir gemeinsam auf nur einem Pferderücken!“ Langsam wurde ihre Stimme kräftiger und glucksend: „Das wäre ein Spektakel, wenn Gandalfs Vorderteil mit mir nach links ginge, und das Hinterteil mit dir nach rechts!“ Inzwischen prustete Rosalie vor Vergnügen.

      „Du kannst niemals ernst bleiben!“ Halb mahnend, halb belu- stigt regte Sternenträumerin sich auf.

      „Das ist unmöglich. Sorry, aber das geht einfach nicht!“, quietschte Rosalie vor Vergnügen auf. Nala ließ sich von dem La- chen schließlich doch anstecken und kicherte mit. Danach löste sich ihr Atem und wurde ruhig. Der Scherz von der Freundin kam genau zur rechten Zeit. Ihr sonst so gelassenes Reitpferd hatte sich nämlich etwas verkrampft. Nun, nachdem die beiden Reiterinnen locker auf Gandalfs Rücken saßen, schritt auch er tiefenentspannt durch die Büsche.

      Nala nahm den Faden ihres Gespräches wieder auf, um sicher- zustellen, dass sie einen Ort des Träumens fanden: „Wir möchten ei- nen heiligen Steinkreis entdecken und uns mit Blauer Feder treffen.“

      Leise ergänzte Rosalie: „... und Wolfsherz will ich auch unbe- dingt wiedersehen...“ Nala, die dicht hinter ihrer Freundin auf dem Pferderücken saß, blies deren roten Locken aus ihrem Gesicht, denn sie kitzelten auf der Wange. „Du wirst mit ihm zusammen sein. Das spüre ich.“

      Inzwischen waren sie zu fünft unterwegs. Sternenträumerin und Feuerwolf ritten auf Gandalf. Tendo flatterte von Ast zu Ast, verfolgt von einem rotbraunen, flinken Tier.

      „Schau, das süße Eichhörnchen!“, rief Nala und zeigte in Rich- tung der Tannen, an denen sie sich vorbeidrückten. „Tendo hat ei- nen Freund gefunden!“, freute sie sich. „Sieh nur, wie federnd es springt! Es fliegt beinahe!“

Image

      Rosalie wünschte sich: „Das ist dann wohl hoffentlich MEIN lebendiger, echter Tierverbündeter. Du hast seit dem Sommer deinen schlauen Rabenfreund und ich bin noch immer allein.“

      „Wie heißt du denn, du kleiner Springteufel?“, fragte sie das zarte Tier, das federnd zwischen den Bäumen umherhüpfte.

      „Das Eichhörnchen kann doch nicht sprechen, wie Tendo!“, schüttelte Nala den Kopf.

      „Ich werde deinen Namen schon irgendwie rauskriegen...“, Ro- salie lächelte dem possierlichen Tier zu. „Bleib bei uns, ja?“

      „Ist es bloßer Zufall, dass das hübsche Wollknäuel ihnen folgte, oder könnte es wirklich mein Medizintier sein?“, dachte Feuerwolf.

      Während sie weiterritten, flog das Eichhörnchen von Baum zu Baum und ließ Rosalie dabei nicht aus den Augen.

      „Stopp! Schau, hier liegt der Ast, der beim letzten Mal hinter uns zu Boden gekracht ist“, warnte das rothaarige Mädchen.

      „Nicht stehen bleiben! Wir haben uns entschieden, dass Gan- dalf den Weg bestimmt. Wenn er weitergeht, tun wir das auch.“ Nala wünschte sich unbändig, dass das Pferd einfach über das Hindernis steigen würde.

      „Er müsste einen kleinen Sprung machen! Bist du sicher, dass du oben sitzen bleibst?“, wollte Feuerwolf wissen. Die Frage erübrig- te sich in diesem Moment bereits. Mit einem eleganten Hopser, den man dem schweren Kaltblut kaum zutraute, sprang Gandalf über das Hindernis. Die beiden Reiterinnen saßen noch immer erstaunt auf seinem Rücken.

      „Boah,


Скачать книгу